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Fragen der Geschäftsfähigkeit Minderjähriger (Christian Kraus)

Ein Beispiel demonstriert die Besonderheiten bei Geschäften Minderjähriger: Der 16-jährige Schüler Samuel Sparsam fährt regelmäßig, wenn es regnet, mit der U-Bahn in die Schule, seine Eltern haben hierzu zugestimmt. Nomen est omen, Samuel kauft von dem Geld, das ihm seine Eltern für die Fahrten geben, jeweils keine Fahrkarte, sondern steckt es in sein Sparschwein. Und wie es kommen muß: Samuel wird vom Schaffner erwischt. Der Verkehrsverbund als U-Bahn-Betreiber verlangt im Folgenden von Samuel das "erhöhte Beförderungsentgelt", zumindest aber den regulären Fahrpreis. Die Eltern erklären aber, sie seien mit der Schwarzfahrt nicht einverstanden, ihre Zustimmung habe sich einzig auf U-Bahn-Fahrten mit gültiger Fahrkarte erstreckt.

Als Anspruchsgrundlage des Verkehrsverbundes auf erhöhtes Beförderungsentgelt dient § 631 I Werkvertrag i.V.m. den AGBs des Vertrages. Das vom Verkehrsverbund bereitgestellte Angebot wurde von Samuel durch das Befördernlassen angenommen. Die Frage, ob diese Annahme auch rechtswirksam ist, beantworten zwei Gerichtsurteile in verschiedenen aber ähnlichen Fällen gegensätzlich.

Das Amtsgericht Köln gibt der Klage des Verkehrsverbundes statt mit der Begründung, die Einschränkung der Generaleinwilligung durch die Eltern verstoße gegen Treu und Glauben (§ 242), da so das Risiko, ob das Kind zahle oder nicht, auf den Verkehrsverbund abgewälzt werde. Daher erstrecke sich die Einwilligung auch auf die Schwarzfahrt.

Das Amtsgericht Hamburg verneint dagegen den Anspruch auf erhöhtes Beförderungsentgelt und legt dem Kind nur die Zahlung des regulären Fahrpreises auf. Die Einwilligung der Eltern sei nur unter der gesetzten Bedingung wirksam, daß das Kind mit gültiger Fahrkarte fahre, bei Schwarzfahren greife sie daher nicht. Der Vertrag zwischen dem Verkehrsverbund und dem Kind sei daher unwirksam. Bei dieser Beurteilung hat der Verkehrsverbund das Recht auf Leistungskondiktion gem. § 812 I 1 Fall 1, d.h. er kann von dem Kind die Herausgabe des ohne Rechtsgrund erlangten Vorteils fordern. Da i.S.v. § 818 II die Herausgabe nicht möglich ist, hat der klagende Verkehrsverbund Anspruch auf Wertersatz und damit auf Erstattung des regulären Fahrpreises. Dieser Anspruch kann dann auch noch auf andere Art und Weise begründet werden, beispielsweise als Schadenersatzforderung nach § 823 II i.V.m. § 265a StGB.

In jedem Fall macht sich der Schüler strafbar nach § 265a StGB Erschleichen von Leistungen. Auf diese Straftat steht bis zu ein Jahr Gefängnisstrafe oder Geldstrafe. Im Normalfall wird der Verkehrsverbund von einer Strafanzeige aber absehen und derartige Schritte erst im Wiederholungsfall einleiten.


Erste Veröffentlichung: 25.10.2003 Hinweise, Kommentare, Anmerkungen, Fragen? © 2003 Oliver Lenz
Letzte Änderung: 25.10.2003 Mail oder Gästebuch
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