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Statistik: Die PRISMS-Studie

Hi, ich habe den Text der Studie aus der "Lanzet", Nov. 1998, gelesen. ("Randomised double-blind placebo-controlled study of interferon Beta-1a in relapsing/remitting multiple sclerosis").

Zwei Fragen drängen sich mir auf:

Die Studie ging über zwei Jahre. Aber nirgendwo in der Studienbeschreibung ist erwähnt, daß diese Studiendauer _vorher_ festgelegt wurde.

Ohne diese vorherige Festlegung wäre die Studie statistisch entwertet.

Weiß da jemand etwas? Vielleicht ein ehemaliger Teilnehmer? Zumindest den Teilnehmern müßte doch mitgeteilt worden sein, wann die Studie endet.

Zweite Frage: Die Studie wurde mit 560 Patienten an 22 Zentren in 9 Länder durchgeführt. Ich vermisse die Aufschlüsselung der Resultate der Studien auf die einzelnen Zentren. Wurde das nicht veröffentlicht?

Es wäre mehr als ein statistischer Schönheitsfehler, wenn diese Aufschlüsselung nicht veröffentlicht wird. Tatsächlich kann es nämlich passieren, daß die Studien in jedem Zentrum für sich KEINE Überlegenheit des Medikamentes gegen die Alternative zeigen.

Aber wenn ich alle Zentren addiere, scheint es doch eine Überlegenheit zu geben - möglicherweise sogar statistisch signifikant. (Das ist das Simpson-Paradoxon.)


In der Studie wird folgende Tabelle der Nebenwirkungen Placebo vs. Beta-Interferon gegeben:

  Placebo Differenz von Placebo
  22 microg44 microg
Grippeähnliche Symptome 24,1% 0,8 3,1

Kaum ein Unterschied, nicht wahr?

Im Text wird dann noch gesagt, daß dies die Betrachtung der ersten drei Monate ist, da sie einen größeren Unterschied Placebo vs. Beta-Interferon bzgl. grippeähnlicher Nebenwirkungen ergeben hat, als über die gesamte Studiendauer. Sicherlich aufgrund der langen Studiendauer käme dieser Unterschied zustande.

(Schließlich wird ja jeder auch mal krank und HAT dann Grippe und grippeähnliche Symptome.)

Ein Schelm, wer Arges denkt.

Es wird nicht angegeben, wie OFT grippeähnliche Symptome auftreten, sondern nur, ob überhaupt - gerechnet auf 3 Monate. Damit wird jeder Unterschied verwaschen. Ich finde das entschieden unappetitlich.

Wie wäre es denn gewesen, wenn das Auftreten grippeähnlicher Symmptome nur in den ersten zwei Wochen rapportiert worden wäre?

Oder wenn die Rate der grippeähnlichen Symptome berichtet worden wäre?

Ich bin jedenfalls der Meinung, daß eine Verblindung mit diesen Nebenwirkungen nicht möglich ist. Und daß der Bericht so verfaßt wurde, daß dies gut getarnt ist.


Erste Veröffentlichung: 2004 Hinweise, Anmerkungen, Fragen? © 2004-2005 Oliver Lenz
Letzte Änderung: 20.07.2005 Mail oder Gästebuch
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