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Statistik: CHAPS und ETOMS beweisen Wirksamkeit der Betainterferone?

Geschrieben von Oliver Lenz am 24. Februar 2004 22:48:13:

Ich beziehe mich jetzt nochmal auf den Beitrag "CHAMPS und ETOMS beweisen Wirksamkeit der Betainterferone!" aus dem "alten" Forum. Seit ich der "Schein der Weisen" gelesen habe, bin ich der Meinung: Nein, tun sie nicht. Ich würde mich freuen, wenn mich jemand auf meinen Denkfehler - so ich einen gemacht habe - hinweist. Im übrigen ist nicht nur die Wirkung der Betainterferone in Frage gestellt. Alle Studien, die eine "Signifikanz" für ihr Resutat bemühen, sind betroffen.

Begründung:

Gesetzt den Fall, ich würde einen Patienten mit Placebo behandeln und einen Patientem mit Varum (Varum="das Wahre"). Der Patient mit Placebo verschlechtert sich auf der EDSS-Skala stärker als der Varum-Patient. Offensichtlich ist nun ein Aussage über die Wirksamkeit des Medikaments nicht möglich, da das Ergebnis auch Zufall sein könnte. Schließlich wird sich auch beim Vergleich zweier Placebo-Patienten wahrscheinlich ein Patient mehr verschlechtern als der andere.

Nun gut, also führen wir die Studie an vier Patienten durch. Oder sagen wir: an 400. Jetzt beobachten wir, daß die 200 Placebopatienten sich im Durchschnitt um einen EDSS-Punkt verschlechtern, die Varum-Gruppe aber nur um 0,5 Punkte.

Was wissen wir jetzt?

Immer noch nichts. Denn auch dieses Ergebnis kann ja genauso Zufall sein, wie unser erstes Resultat. Jetzt kommen die Mathematiker zum Zug, rechnen, und sagen dann: "Wenn das Ergebnis Zufall war, dann ist die Wahrscheinlichkeit dafür kleiner als 5%!"

Das ist die berühmte Signifikanz. Wenn die Wahrscheinlichkeit für ein zufälliges Ergebnis, sagen wir, 10% beträgt, dann ist das Resultat nicht signifikant (n. s.) und wird nicht als "Beweis" gewertet.


Preisfrage I: Es werden Studien wie folgt durchgeführt: WENN ein Medikament wirksam ist, zeigt das die Studie mit 95%iger Wahrscheinlichkeit. (D. h. die Mathematiker können zeigen, daß die Wahrscheinlichkeit für ein zufälliges Ergebnis kleiner 5% ist.)

Eine solche Studie ergibt, daß ein Medikament wirksam ist. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß das Medikament wirkt?

Preisfrage II:

Es gäbe ein Wettervorhersagegerät wie folgt:

WENN es am nächsten Tag regnet, sagt dies das Gerät mit 95%iger Sicherheit richtig voraus. Das Gerät zeigt "Regen" an: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß es am nächsten Tag regnet?

Antwort auf Preisfrage II:

Eine Angabe der Regenwahrscheinlichkeit ist nicht möglich. Hää??

Es kommt darauf an, wie groß die statistische Regenwahrscheinlichkeit im Vorhersagegebiet ist! Wenn es im Vorhersagegebiet nie regnet, wird nämlich jede Regenvorhersage der Maschine falsch sein. Und an 5 von 100 Tagen wird die Maschine gemäß ihrer Fehlerquote Regen vorhersagen. Wahrscheinlichkeit für Regen bei Regenvorhersage: 0%. Wenn es im Vorhersagegebiet aber jeden Tag regnet, wird jede Regenvorhersage richtig sein. Wahrscheinlichkeit für Regen bei Regenvorhersage: 100%.

Und zur Abrundung des Ebengesagten:

Jetzt zur Preisfrage I:

Die Wahrscheinlichkeit, ob ein Medikament wirkt, kann aus der Signifikanz alleine nicht gefolgert werden. Zur Folgerung der Wahrscheinlichkeit der Wirksamkeit müßte es Angaben geben, wieviel Prozent der Studien überhaupt ein wirksames Medikament prüfen.

Ohne diese essentielle Eingangsgröße geht gar nichts. Jedenfalls nicht die Ermittlung der Wahrscheinlichkeit für Wirksamkeit.


Erste Veröffentlichung: 2004 Hinweise, Anmerkungen, Fragen? © 2004-2006 Oliver Lenz
Letzte Änderung: 31.01.2006 Kontakt oder Gästebuch
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