Antrag vom 10.10.16

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Rechtsanwalt Dr. phil. Falko Drescher
Helene-Lange-Str. 8
14469 Potsdam

Potsdam, den 10.10.2016
Mein Zeichen: 111-16—D

Inhaltsverzeichnis

Antrag gem. § 86b SGG

des Herrn Oliver Lenz, Carl-von-Ossietzky-Straße 6, 14471 Potsdam

- Antragsteiler —
Prozessbevollmächtigtec Rechtsanwalt Dr. Falko Drescher, Helene—Lange—Stn 8, 14469 Potsdam

gegen

die Landeshauptstadt Potsdam, vertreten durch den Fachbereich Soziales und Gesundheit, Hegelallee 6-8, 14469 Potsdam

— Antragsgegnerin -

wegen: Leistungen nach 5 57 SGB XII.

Namens und in Vollmacht des Antragsteilers beantrage ich,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller unter rechnerischer Berücksichtigung der bislang bewilligten Leistungen von monatlich 8.066,76 € ab dem 1. November 2016 vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 31. Dezember 2016, monatlich einen Betrag für das persönliche Budget von 11.658‚96 € (ohne Berücksichtigung des Pflegegeldes) zu bewilligen und auszuzahlen.

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Des Weiteren bitte ich um Entscheidung über den Antrag,

dem Antragsteller Prozesskostenhiife unter meiner Beiordnung zu bewilligen.
Dieser ist nicht in der Lage, die Kosten des Verfahrens aufzubringen. Insoweit wird auf die beigefügte Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen verwiesen. Der Antrag bietet auch hinreichende Aussichtan Erfolg.

Begründung:

Der Antragsteller leidet an Multipier Sklerose und ist auf den Rollstuhl angewiesen. Er hat die Pflegestufe "3 pius". Der Grad der Behinderung beträgt 100. Zudem wurden die Merkzeichen G, aG, B, H und RF zuerkannt.

Mit Bescheid vom 17.07.2014 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII in Form eines Persönlichen Budgets ab. Stattdessen wurden Sachleistungen bewilligt, da der Hilfebedarf hierdurch wirksamer und wirtschaftlicher zu decken wäre.

Glaubhaftmachung: Bescheid vom 17.07.2014 (Bl. 443 ff. d.A.)

Hiergegen erhob der Antragsteiler mit Schreiben vom 09.08.2014 Widerspruch.

Glaubhaftmachung: Widerspruch vom 09.08.2014 (Bl. 457 ff. d.A.)

Diesen wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2014 zurück.

Glaubhaftmachung: Widerspruchsbescheid vom 05.12.2014 (Bl. 201 ff. d.A.)

Daraufhin erhob der Antragsteller mit Schriftsatz vom 29.12.2014 Klage (S 20 SO 3/15).

Durch ein gerichtlich in Auftrag gegebenes Gutachten im weiteren Verfahren S 20 SO 40/15 ER vom 27.05.2015 wurde festgestellt, dass der Antragsteiler "einer Lückenlosen, d.h. 24-stündigen Assistenz bedarf“.

Derzeit erbringt die Antragsgegnerin Leistungen für das Persönliche Budget auf Grundlage einer im Rechtsstreit S 20 SO 3/15 übersandten “Musterkalkulation" i.H.v. 8066.76 €. Hierbei hat sie "18 Stunden Arbeitszeit und 6 Stunden aktiver Bereitschaftszeit mit einem Anteil an Arbeitsleistung in Höhe von 70%" zugrundegelegt.

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Der tatsächliche Zeitaufwand von sechs Stunden wird amc diese Weise fiktiv reduziert, so dass nur 4,2 Stunden bezahlt werden, weshalb der Mindestlohn unterschritten wird. Die Antragsgegnerin meint, dies sei aufgrund der 2. PflegeArbbV zulässig.

Mit Urteil vom 19. Juli 2016 wurde der Antragsteller vom Arbeitsgericht Potsdam verpflichtet, einer bei ihm tätigen Assistentin die dem Mindestentgelt nach § 2 der 2. PliegeArbbV entsprechende Vergütung sowie einen 20%igen Zuschlag für Nachtarbeit nach § 6 Abs. 5 i.V.m. § 2 Abs. 3 ArbZG zu zahlen.

Glaubhaftmachung: Urteil vom 19. Juli 2016 (Anlage 1)

Aufgrund lang andauernden Unterdeckung des Budgets war der Antragsteller nicht in der Lage, seinen Arbeitgeberpflichten u.a. hinsichtlich der Krankenkassenbeiträge nachzukommen. Daher wurde ein Regelinsolvenzverfahren eingeleitet. Es entsteht ein erheblicher Mehraufwand bei den Regiekosten.

Giaubhaftmachung: Abrechnung vom 29. September 2016 (Anlage 2)

Aufgrund des unzureichenden Budgets kommt es zu neuen Schulden und weiteren Problemen (Kündigungen von Assistentinnen. arbeitsgerichtlicher Streit, Strafverfahren). Die Situation wird auch durch den aktuellen Schriftwechsel mit dem Insolvenzverwalter deutlich (vgl. Anlage 3).

Mit Schreiben vom 11. August 2016 beantragte der Antragsteller die Durchführung einer Budgetkonferenz, um weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen.

Glaubhaftmachung: Schreiben vom 11. August 2016 (Anlage 4)

Dies lehnte die Antragsgegnerin ab.

Glaubhafftmachung: Bescheid vom 15. August 2016 (Anlage 5)

Dem Antragsteller entstehen monatliche Kosten von voraussichtlich 11.658,96 €.

Glaubhaftmachung: Berechnungsübersicht (Anlage 6)

Das Vorgehen der Antragsgegnerin ist rechtswidrig. Der Antragsteller hat gemäß § 57 SGB XII i.V.m. § 17 Abs. 2 bis 4 SGB IX einen Anspruch auf bedarfsdeckende Mittel für das Persönliche Budget.

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Insofern kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung treffen. Diese ist zur Regelung eines vorläufigen Zustande in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Hierbei stehen dem Antragsteller sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund zur Seite.

Insbesondere ist hinsichtlich der Kalkulation davon auszugehen, dass der zugrunde gelegte Stundensatz von gerade einmal 9,00 € angemessen ist. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die 2. PflegeArbbV nun (direkt) anwendbar ist oder nicht.

"Dem Pflegebedürftigen kann in diesem Zusammenhang nicht zum Nachteil gereichen, dass er das Arbeitgebermodell gewählt hat. Hinsichtlich der ’Angemessenheit‘ wird in der Literatur verwiesen auf die ortsübliche Entlohnung der jeweiligen Kraft im Verhältnis zum zeitlichen Umfang der Tätigkeit in Anlehnung an die Vergütungssätze für ambulante Kräfte im Bereich der Pflegeversicherung (Krahmer in LPK—SGB XII, § 65 Rdnr 10 mwN). (…) Ein Pflegebedürftiger (…) kann nicht darauf beschränkt werden, seinen 'Arbeitnehmern‘ stets nur den tariflichen Lohn zukommen zu lassen" (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28. Januar 2010 — L 8 S0 6/08 -).

Die Angelegenheit ist auch besonders eilbedürftig, da schon mit Ablauf des Monats Oktober 2016 die Versorgung des Antragstellers nicht mehr gewährleistet ist.

Steht die Höhe eines Persönliches Budgets (§ 17 SGB 9, § 57 SGB 12) in Streit, so muss das Fachgericht bei der Prüfung des Anordnungsgrundes entscheidend auf die gegenwärtige Situation des Bedürftigen abstellen. Umstände aus der Vergangenheit darf es nur insoweit heranziehen, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage ermöglichen. Hat der Betroffene dargelegt, dass seine finanziellen Kapazitäten vollständig ausgeschöpft sind, kann die Eilbedürftigkeit nicht mit Hinweis auf die Erfüllung der finanziellen Verpflichtung über einen längeren Zeitraum in der Vergangenheit verneint werden (BVerfG, Beschluss vom 12. September 2016 —— 1 BvR 1630/16 —). Ohnehin hat sich bereits aufgrund des eröffneten Regelinsolvenzverfahrens eindrücklich gezeigt, dass das Budget in der Vergangenheit nicht bedarfsdeckend war.

Wegen weiterer Glaubhaftmachungen, die eventuell noch erforderlich sind, wird auch auf die umfangreichen Unterlagen verwiesen, die dem Gericht bereits in den weiteren Verfahren vorliegen.

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