Ergänzungsgutachten vom 25.09.17

Aus cvo6
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Es solle niemand denken, mir würde es leicht fallen, dies zu lesen. Nein, ganz und gar nicht. Auch dieses Ergänzungsgutachten ist zwar günstig - für den Behalt der Wohnung! Leider für mich nicht…

Prof. Dr. med. A.
Univ.-Professor der Neurologie
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
Umweltmedizin
Zertifizierter Gutachter der DGNB

Landgericht Potsdam
13. Zivilkammer
PF 600353
14403 Potsdam

Berlin, den 25.09.2017

Aktenzeichen: 13 S 68/13
Rechtsstreit C. ./. Lenz, O. u.a.

Im Auftrag

des Landgerichtes Potsdam

wird nachfolgend

ein schriftliches Ergänzungsgutachten
im Rechtsstreit C. ./. Lenz, O. u.a.

erstattet.

Inhaltsverzeichnis

Seite 2

Das Gutachten berücksichtigt 5 Bände Gerichtsakten sowie das eigene am 25. Juni 2016 erstattete schriftliche Gutachten.

Es bezieht sich ferner auf den Schriftsatz vom 30. Dezember 2016 (Band V, Blatt 712-Blatt 724) der Gerichtsakte und beantwortet die im Schriftsatz des Klägers vom 30.12.2016 unter Abschnitt C (Band V, Blatt 714 ff.) der Gerichtsakte in einem Ergänzungsgutachten.

Das neurologische Gutachten vom 25.06.2016 war zu dem Schluss gekommen, dass Herrn Oliver Lenz, geb. am 15.05.1966, wohnhaft: Carl-von-Ossietzky-Str. 6, 14471 Potsdam aufgrund seiner Erkrankung an einer progredienten Multiplen Sklerose mit fortschreitender Immobilität als Folge des Verlustes der Kontrollfähigkeit seines Körpers ein Wohnungswechsel innerhalb der Stadt Potsdam nicht zumutbar sei, weil ein Umzug in eine andere Wohnung den Verlauf seiner Krankheit wahrscheinlich maßgeblich verschlechtern würde.

Ein Wohnungswechsel ließe ferner eine akute insbesondere psychische Gefahrenlage befürchten, weil sich seine Krankheit auf alle Formen der Lebensführung auswirke und ein erzwungener Wohnungswechsel eine Überforderung auch mit den Folgen physischer und psychischer Konsequenz darstelle, weil er befürchten müsse, seine sozialen Kontakte in seinem sozialen Umfeld nicht mehr in der bisher erfolgten Art und Weise erfahren zu können.

Hierzu wurden umfangreiche ärztliche medizinische Unterlagen herangezogen.

Ein erhebliches gesundheitliches Risiko bestehe. Die Gefährdung sei nicht temporär. Die Erkrankung sei auch ein-

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deutig nach den vorliegenden Verlaufsdaten nicht medizinisch und/oder psychisch durch eine Behandlung zu kontrollieren. Es sei anzunehmen, dass die Krankheit des Beklagten seinen Verbleib in der Mietwohnung auf unbestimmte Zeit erfordere.

Die Untersuchung am 27.04.2016 hatte als Diagnosen ergeben:

Multiple Sklerose mit sekundär chronischer Verlaufsform.
Extrem ausgeprägte Belastung mit entzündlichen Herden sowohl im Gehirn wie im Rückenmark, im MRT dokumentiert.
Sogenannter EDSS: 8,5-9.

Fast komplette spastische Tetraplegie.
Sehstörungen aufgrund einer internukleären Ophthalmopathie.
Dysarthrie.
Es lagen ausgeprägte neurologische Handicaps vor, die einer 24-Stunden-Rund-Um-Pflege bedürfen. Eine reaktive Depression wurde ferner festgestellt.
Es wurde konstatiert, dass ein Zustandsbild bei einer Multiplen Sklerose nach einem 1Sjährigen Verlauf mit einem schwerst ausgeprägten neurologischen Defektsyndrom vorliege. Es handelt sich um eine sogenannte Tetraspastik und Tetraparese mit Lähmungen aller vier Extremitäten, nur noch erhaltenen Restfunktionen an der rechten Hand, zusätzlich Sehstörungen und Kontinenzproblemen.
Besonders die behandlungsresistente schwere Beuge- und Streckspastik mit auftretenden Muskelkloni stellt ein großes Problem für den Patienten wie auch ein pflegerisches Problem dar.
Herr Lenz ist auf eine 24-Stunden-Rund-Um-Pflege angewiesen.

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In der bildgebenden Diagnostik, die in Form von MRT im Verlauf bis 2015 vorliegt, zeigen sich eine Vielzahl von entzündlichen MS-Herden, insbesondere im Bereich der Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule, in der weite Strecken durch den Entzündungsvorgang bzw. die Herdbelastung zerstört sind.

Es wurde ferner konstatiert, dass die letzten neurologischen und neuropsychologischen Funktionen, die Herrn Lenz zur Verfügung stehen, gewissermaßen an einem seidenen Faden hängen würden bzw. äußerst vulnerabel seien.

Hinsichtlich der Genese der MS wurden in dem Gutachten Ausführungen über die aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisse aufgeführt. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass seit etwa 2012 Zusammenhänge zwischen Stress und Multipler Sklerose bestehen und dass Stressfaktoren und Stresssituationen wichtige Zusatzfaktoren für die Auslösung eines MS-Krankheitsbeginnes, weiterer Schübe, einer Verschlechterung oder auch einer Progression der Erkrankung sein können. Es wurde ferner darauf hingewiesen, dass diese neurologischen Aspekte sich zweifelsfrei im Kernspin dokumentieren lassen können.

Es wurde ferner festgehalten, dass in Synopsis dieser Faktoren und des vorliegenden neurologischen Befundes der Umzug den Verlauf der Krankheit wahrscheinlich maßgeblich verschlechtern würde. Der Wahrscheinlichkeitsgrad ist in diesem Fall äußerst hoch.

In dem Schriftsatz von Herrn Rechtsanwalt A. vom 30.12.2016 werden 14 umfangreiche Fragen zur medizinisch-neurologischen und darüber hinaus zu MS-spezifischen Komplexen dargestellt.

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Der Gutachter gibt an dieser Stelle seine Kompetenz zu Protokoll: 45 Jahre klinische Neurologie, Erfahrung in der Diagnostik und Therapie von MS-Patienten in 3- bis 4stelligen Zahlen, jeweils 15 Jahre Mitglied der Consensus-Therapiegruppe der DMSG, 15 Jahre ärztlicher Berater der DMSG Berlin.

Die Stellungnahme zu dem Schriftsatz vom 30.12.2016 lautet wie folgt:

I.

1. Frage

Herr Lenz hat sich zu Beginn der Begutachtung mit seinem Personalausweis ausgewiesen. Er bringt zur Begutachtung einen umfangreichen Ordner mit Befundberichten mit.
Es handelt sich um medizinische Dokumente.
An der Echtheit und inhaltlichen Richtigkeit dieser Befundberichte besteht kein Zweifel.
Herr Lenz befindet sich u.a. seit 2002 in Behandlung der neurologischen Abteilung des St. Josef-Krankenhauses Potsdam. Befundberichte von dort liegen vor.
Telefonate und Korrespondenzen mit dem Oberarzt der Neurologie, Herrn Dr. A. wurden geführt.

2. Frage

Die ärztlichen Unterlagen des Beklagten von Herrn Dr. A., Facharzt für Neurologie, Oberarzt im St. Josef-Krankenhaus wurden herbeigezogen, nachdem eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht von Herrn Lenz vorlag.
Die Befundberichte sind in der Anlage des Gutachtens angefügt. Befundberichte auf einer Zeitachse vom 03.05.2004 bis 27.06.2017 liegen vor.

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Im Einzelnen werden hieraus folgende neurologische Aspekte referiert:
Aus dem Befundbericht vom 27.06.2017 wird herausgestellt:
Diagnosen: Primär progrediente MS mit schweren neurologischen Defektsyndrom.
Anamnese: Nachdem 1997 die Diagnose der MS mit einer progredienten Verlaufsform gestellt worden war, war lediglich phasenweise eine symptomatische Therapie erfolgt. Der Patient zeigt inzwischen eine spastische Tetraparese mit vollkommenem Funktionsverlust von Armen und Beinen. Der Patient kann über Stunden unter Zuhilfenahme seiner persönlichen Assistenz im Rollstuhl sitzen. Er benötigt dabei über alle Verrichtungen Hilfe durch Fremdpersonen.
In der Kommunikation zeigt sich eine Dysarthrie bei sonst erhaltenem sprachlichen Kommunikationsvermögen. Aufgrund einschießender Spastik erhält der Patient zwischenzeitlich eine antispastische Medikation (Baciofen, Sativex, Tolperison, z.T. Selbstmedikation mit Cannabinoiden).
Neurologischer Untersuchungsbefund: Spastische Tetraparese, KG 1 distal, KG 2 proximal. Rumpfinstabilität bei längerem Sitzen.
EDSS: 9,0.
Aus dem Befundbericht vom 08.06.2012 wird der neurologische Befund herausgestellt: Hirnnerven mit ausgeprägter Dysarthrie, dysarthrische Sprache, segregierte Augenfolgebewegungen.
Grobe Kraft obere Extremität rechts proximal 4/5, distal 4/5, links 3/5 proximal, distal 2/5. An den unteren Extremitäten rechts KG 1/5 links, KG 0/5 rechts. Deutliche Tonuserhöhung der unteren Extremitäten mit Rechtsbetonung. Pallanästhesie der unteren Extremitäten. Oberflächensensibilität subjektiv intakt. Zeigeversuche nicht sicher durchführbar. Muskeleigenreflexe der unteren Extremitäten gesteigert. EDSS: 8,5.

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Im Wesentlichen ist hier seit 2012 die ausgeprägte Progredienz der Erkrankung bis zum heutigen Datum dokumentiert.
Die neurologischen Befundkonstellationen decken sich mit der eigenen Untersuchung vom 27.04.2016, die eine fast komplette spastische Tetraplegie, Sehstörungen aufgrund der internukleären Ophthalmopathie‚ Dysarthrie ergaben, sowie einen sogenannten EDSS - (Expanded Disability Status Scale ) - Wert von 8,5-9 (bei einer Skala von 0 bis 10 für die Ausprägung neurologischer Funktionsstörungen.

3. Frage

Die Frage, warum im Verlauf der 16 Jahre nicht die allgemein übliche medikamentöse Basistherapie der Multiplen Sklerose mit Immunmodulatoren durchgeführt wurde, lässt sich wie folgt beantworten:

In Synopsis der vorliegenden Befundberichte lässt sich aussagen, dass Herr Lenz sicher an einer Multipten Sklerose erkrankt ist.
Nicht ganz sicher war am Anfang des Krankheitsverlaufs, an welcher Form einer Multiplen Sklerose er erkrankte.
Unterschieden werden schubförmig remittierende Verlaufsformen (sie stellen den größten Anteil der Erkrankungen dar) sowie primär chronisch verlaufende Verlaufsformen.
Wie in den Befundberichten des St. Josef-Krankenhauses vermerkt ist, sei Herrn L. die Möglichkeit einer schubprophylaktischen Therapie vorgestellt worden und er hat sich zum damaligen Zeitpunkt nicht festlegen wollen.

Die Neurologen des St. Josef-Krankenhauses hatten zunächst 1997 die Verdachtsdiagnose einer MS mit progredienter Verlaufsform gestellt. Sehr wohl ist aus den anamnestischen Daten und den Befundberichten eine phasenweise bzw. schubartige Verschlechterung des Krankheitsbildes dokumentiert.

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Die allgemein üblichen medikamentösen Basistherapien mit sog. Interferonen zielen auf eine sogenannte Schubprophylaxe, d.h. eine Verhinderung von neuen Schüben.

Bei einer chronisch progredienten Verlaufsform sind diese Medikamente nur fraglich wirksam.

Zum damaligen Zeitpunkt standen Medikamente, die in Tablettenform (oral) verabreicht werden, noch nicht zur Verfügung.
Die Interferone und andere immunmodulatorische Medikamente müssen gespritzt werden (parenteral), entweder täglich oder alle 2-3 Tage.
Eine Vielzahl von Patienten haben wegen einer Spritzenphobie und möglichen Nebenwirkungen einer Medikation mit Autoinjektion nicht zugestimmt.

Bei Herrn Lenz bestand darüber hinaus auch eine fragliche Indikation bzw. auch nur eine fragliche Hoffnung auf eine Besserung des Krankheitsverlaufes.

4. Frage

Es besteht nach den Studien von Mohr et al. kein Zweifel darüber, dass Zusammenhänge zwischen Stress und Multipler Sklerose bestehen und dass Stressfaktoren und Stresssituationen wichtige Zusatzfaktoren für die Auslösung eines Krankheitsbeginnes, deren Schübe oder aber einer Verschlechterung und auch einer Progression der Krankheit sein können.
Es besteht ferner kein Zweifel, dass diese neurologischen Aspekte sich im Kernspin dokumentieren lassen.

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Bei den Untersuchungen war in Form einer kontrollierten Studie eine größere Zahl von MS-Patienten nicht mit Medikamenten behandelt worden sondern mit einem speziellen umfangreichen Stress-Management-Therapieprogramm.
Eine Kontrollgruppe von MS-Patienten, die auf einer Warteliste für dieses Therapieprogramm standen, wurde damit im weiteren Verlauf verglichen.
Die Untersuchung erfolgte neben den üblichen neurologischen Routineverfahren durch Dokumentation in bildgebenden Verfahren im MRT.
Dabei wurde die Zahl der neu aufgetretenen Entzündungsläsionen der MS im Gehirn ausgezählt.
Die kumulierte Anzahl für Entzündungsläsionen war in der Gruppe, die mit dem Stress-Management-Therapieprogramm behandelt werden war, signifikant geringer.
Mit anderen Worten: Es handelte sich um ein Ergebnis, wie bei einer MS-Medikamentenstudie, bei der Untersuchungsgruppen unter Medikament mit einem Placebo verglichen werden.
Solche Studien sind heutzutage aus ethischen Gründen nicht mehr durchführbar.
Es zeigte sich aber, dass ein solches Antistress-Therapieprogramm mit der Wirksamkeit eines Medikamentes vergleichbar war.

In einer Übersichtsarbeit hat Artemiadis 17 Studien von 1980 bis 2010 zu dem Thema „Stress als Risikofaktor für den ersten Schub oder weitere Schübe einer MS“ zusammengefasst (Artemiadis, AK et al., Neuroepidemiology, 2011, 38 (2) 109 bis 120). Von diesen 17 Studien zeigten 15 einen Zusammenhang zwischen psychologischem Stress und MS-Beginn oder Schubauslösung.

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Stressbedingte neurologische Aspekte im Kernspin des Beklagten lassen sich nicht feststellen.
Die Frage ist sachlich und fachlich falsch gestellt.
Im Kernspin werden Entzündungsreaktionen des Gehirns in Form von MS-Herden unter verschiedenen morphologischen Aspekten dargestellt.

5. Frage

Es lässt sich bestätigen, dass sich aus der Studie von Mohr et al. schließen lässt, dass in Stressbewältigungs-Trainingsprogrammen die Auswirkungen von Stress auf den Verlauf der MS deutlich mindern kann, dass darüber hinaus sich dieser Effekt in einer MRT-Verlaufsuntersuchung objektivieren lässt.

Ein solches umfangreiches Stress-Management-Therapieprogramm mit dem dazugehörenden Behandlungsteam, wie es in der Studie von Mohr angewandt wurde, steht in Berlin nicht zur Verfügung.

Es würde auch, selbst wenn es zur Verfügung stünde, bei dem bei Herrn Lenz extrem fortgeschrittenen Zustand von neurologischen Funktionsstörungen keine Verbesserungen seines Gesundheitszustandes erreichen können.

6. Frage

In dem Gutachten wurde auf Seite 20/Seite 22 beschrieben, dass die letzten neurologischen und neuropsychologischen

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Funktionen, die Herrn Lenz zur Verfügung stehen, an einem seidenen Faden hängen.
Damit liegt bei Herrn Lenz das Zustandsbild eines Neurostatus bei einer Multiplen Sklerose nach 15jährigem Verlauf mit einem schwerst ausgeprägten neurologischen Defektsyndrom vor.
Es liegt ein sogenannter EDSS (Expanded dissability status scale)-Wert von 8,5 bis 9,0 vor.
Die aktuelle neurologische Untersuchung und auch die Verlaufsuntersuchungen in der neurologischen Ambulanz des St. Josef-Krankenhauses kommen zu dem gleichen Ergebnis.

Damit wird ein Bild im Neurostatus beschrieben, bei dem der Wert von 8,5 - Störungen in mehreren Funktionssystemen sowie meist Bettlägrigkeit, allenfalls unterstütztes Sitzen im Rollstuhl, und Restfunktionen der Arme umfasst, [und] bei 9,0 vollkommene Hilfsbedürftigkeit, Kommunikation möglich.

Im Einzelnen liegen bei Herrn Lenz u.a. durch die MS-Entzündungsherde bedingt, Funktionsstörungen des Hirnstammes vor, insbesondere eine komplizierte Augenbewegungsstörung mit Doppelbildern in bestimmten Augenstellungen, einem Endstellungs-Nystagmus am abduzierten Auge sowie eine Adduktionsparese am adduzlerten Auge. Ein solches Syndrom einer sogenannten internukleären Ophthalmopathie gibt es in dieser Form praktisch nur bei der Multiplen Sklerose und führt zu komplizierten Augenbewegungsstörungen mit Doppelbildern in bestimmten Stellungen, die sich durch Brillen nicht korrigieren lassen und über die motorischen Funktionsstörungen hinaus eine hochgradige Sehbehinderung darstellen.
Es handelt sich ferner um extrem ausgeprägte Störungen der Motorik in Form einer Tetraspastik mit Tetraparese, d.h. spastischen Lähmungen aller vier Extremitäten, wobei nur

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noch Restfunktionen an der rechten Hand erhalten sind. Ferner liegen Kontinenzprobleme vor.

Die spastischen Lähmungen, d.h. die Schwäche der Muskulatur bei gleichzeitiger Tonuserhöhung zeigt noch zusätzliche Probleme, nämlich Muskelzuckungen bei Beuge- und Streckspastik, die auf der einen Seite sehr schmerzhaft für den Patienten, auf der anderen Seite hochproblematisch für die Durchführung der Pflege des Patienten bei Lagerungen, Positionsänderungen sind, da schon geringfügige Lagerungsveränderungen zu Krämpfen und spastischen Bewegungsstürmen führen können.

Das Bild, dass die letzten neurologischen und neuropsychologischen Funktionen, die Herrn Lenz zur Verfügung stehen, an einem seidenen Faden hängen, ist oben mit der Detaildarstellung der Funktionsstörungen. Die Darstellung könnte noch länger ausgeführt.

Die Aussage, dass Menschen ein Problem überbewerten oder ihre Fähigkeiten unterschätzen, mit einer Situation umzugehen, löse Stress und Angst aus, hat mit dieser neurologischen Problematik absolut nichts zu tun.

7. Frage

a)

Die Beurteilung wurde nach einer sorgfältigen Zusammenschau aller vorliegenden Befundberichte, Krankheitsdaten, Pflegeprotokollen und der aktuellen neurologischen und neuropsychologischen Situation von Herrn Lenz einschließlich einer Exploration des begleitenden Pflegers getroffen.

7. b)

Die Frage ist nicht verständlich. Ein Zusammenhang mit der neurologischen Situation von Herrn Lenz lässt sich nicht herstellen.

Die Formulierung, dass aus der Studie eine doppelt so hohe MS-Erkrankungsquote für diejenigen, welche kein Stressbewältigungstraining absolvierten, ist nicht sach- und fachgerecht.

Es geht nicht um die „hohe MS-Erkrankungsquote“. Die völlig neue Aussage dieser Studien für die neurologischen Wissenschaften, insbesondere die MS-Therapien, war, dass die kumulierte Anzahl von Entzündungsläsionen, d.h. MS-bedingten Herde im Gehirn im Kernspintomogramm in der Gruppe im Stress-Management-Therapieprogramm signifikant geringer war als in der unbehandelten Gruppe.

8. Frage

Siehe oben.

9. Frage

a)

Siehe oben.

b)

Siehe oben.

c)

Es geht nicht um den Einfluss auf den Gesundheitszustand des Beklagten durch gezielte Hilfen zur Stressbewältigung.

Seite 13

In dem Gutachten war festgestellt worden, dass ein Wohnungswechsel eine akute insbesondere psychische Gefahrenlage befürchten lässt, weil sich die Krankheit von Herrn Lenz auf alle Formen der Lebensführung auswirkt und ein erzwungener Wohnungswechsel eine Überforderung mit den Folgen physischer und psychischer Konsequenz darstelle, weil er befürchten müsse, seine sozialen Kontakten in seinem sozialen Umfeld nicht mehr in der bisher erfolgten Art und Weise erfahren zu können.

10. Frage

Siehe oben.

11. Frage

Es war bereits weiter oben dargestellt, dass ein Stressbewältigungstrainingsprogramm wie das in der Mohr’schen Studie beschriebene in Berlin nicht zur Verfügung steht. Auf die Probleme der medikamentösen Basistherapie wurde ebenfalls weiter oben eingegangen.

12. Frage

Die zahlreichen Aktivitäten des Beklagten wurden berücksichtigt.

9.

Die Beschreibung des Beklagten, immerzu von der Hilfe anderer abhängig zu sein, ist zutreffend. Eine 24-Stunden-Hilfe liegt vor. Die Pflegeprotokolle liegen vor. Der neurologische Status einschließlich des EDSS von 8,5-9 korrespondiert.
Die Beschreibung des begleitenden Pflegers liegen vor. Schließlich liegen auch die

Seite 14

Beschreibungen des neurologischen Status aus dem St. Josef-Krankenhaus vor.

Simulation oder Aggravation liegen mit Sicherheit nicht vor und wurden im neurologischen Untersuchungsgang überprüft.

Wie im Gutachten beschrieben, ist es eher so, dass Herr Lenz häufig dissimuliert, d.h. über verschiedene Handicaps hinweggeht, dann aber wenig später in Tränen ausbricht über die vielen Dinge, die er nicht bewältigen kann.

Dass Herr Lenz seinen seelischen Zustand aus taktischen Gründen schlechter und seine behaupteten Ängste vor einem Umzug gravierender dargestellt habe, trifft in keiner Weise zu.

In dem Gutachten wurde dargestellt, dass ein Umzug in ein andere Wohnung den Verlauf der MS-Erkrankung des Beklagten bei einem EDSS von 8,5-9 wahrscheinlich maßgeblich verschlechtern würde.

13. Frage

Sowohl Umzugsvorgang wie bevorstehender Umzug sind damit betroffen.

b)

Eine Vorbereitung auf den eigentlichen Umzug durch psychologische oder medikamentöse Maßnahmen erscheint nicht möglich. Es sei denn, ein Behandlungsteam würde zur Verfügung stehen, das eine Prognose oder sogar Garantie dafür geben würde, dass die Krankheit sich durch den erzwungenen Umzug nicht verschlechtern würde

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Ein Stressbewältigungstraining wie in der Studie von Mohr steht in Berlin nicht zur Verfügung.

Es wäre darüber hinaus auch gar nicht auf die vorliegende Situation ausgerichtet.

Eine medikamentöse Vorbereitung, um Angst und/oder Stress bei Herrn Lenz zu vermeiden, überschreitet an dieser Stelle eindeutig ethische Grenzen.

14. Frage

In dem Gutachten war festgestellt worden, dass ein erzwungener Wohnungswechsel eine Überforderung mit den Folgen physischer und psychischer Konsequenz darstellt.

Die physische Konsequenz würde in der Möglichkeit von neuen entzündlichen MS-Schüben mit den entsprechenden verheerenden neurologischen Funktionsstörungen bestehen. Schon ein winziger neuer MS-Herd an einer regional bedeutsamen Stelle im Gehirn, insbesondere u.a. bei der komplizierten Sehstörung mit Läsionen im Hirnstamm, würde katastrophale Folgen haben.

Die psychischen Konsequenzen würden in einer weiteren Verschlechterung der Depression des Patienten bestehen.
Eine psychologische und/oder medikamentöse Prophylaxe oder Behandlung im Sinne eines Vorbeugens oder Entgegenwirkens liegt nicht vor.

14. c)

Nein.

Seite 16

gez.
Prof. Dr. med. A.
Univ.-Professor der Neurologie
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
Zertifizierter Gutachter der DGNB

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