MS-Tagebuch als frisch Diagnostizierter

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Im Jahr 2001 – ich war 35 Jahre alt – wurde bei mir die Multiple Sklerose diagnostiziert. (Symptome hatte ich übrigens schon seit 1997.) Und in dieser Zeit – und nur in dieser – habe ich Tagebuch geführt. Und seit dieser Zeit bestand der Plan, irgendwann bei Gelegenheit, meine damaligen Gedanken der Welt und mir mitzuteilen.

28.9.2001 (Nachtrag)

Heute MRT. Ich war ganz ruhig: „Die finden sowieso nichts!“ - Dann Kontrastmittel. „Hmh – na, die werden ohne nichts gefunden haben!“

1.10.2001 (nachträglich eingetragen)

Der niedergelassene Neurologe nennt mir den Befund: „Entzündliche Prozesse in Hirn und Rückenmark.“ Gegenfrage: „Im besten Fall bleibt es so wie es ist??“ (d.h. schlecht) „Ja.“ Das war ein Donnerschlag. Kleinkram dagegen, als er noch das Wort „Multiple Sklerose“ in den Mund nahm. Ich bin raus auf Toilette und da mußte ich mich auf den Boden legen. Kreislaufkollaps! Nach 2 Minuten habe ich mich zurück in das Behandlungszimmer begeben und ihm vom Kollaps erzählt. „Na, so eine Diagnose hört man nicht gerne.“ Ich mußte mich auf die Liege legen und bekam was zu trinken und eine Blutdruckmessung. 90/50 – da ging es mir aber schon wieder gut.

4.10.2001

KH. Untersucht, Befund erstellt, 5 Tage Kortison – Wozu???

23.10.2001

1.Tag Reha-Klinik AHB
Anreise mit Zug und Fahrrad. Vom Bhf. Fangschleuse bis Grünheide ca. 4 km mit dem schweren Koffer auf dem Gepäckträger. Auf der Hinfahrt war nur Bhf. Griebnitzsee ein Problem: Fahrstuhl defekt :-(. Mußte ich Fahrrad und Koffer einzeln tragen. Fahrrad tragen abwärts war schwierig/nicht einfach.
In der Klinik untersucht vom Arzt Hr. Franz. Später noch vom Oberarzt.
Quintessenz: Es sieht nach einem gutartigen Verlauf aus!
Die festgestellten Einschränkungen sind gering. Der zeitliche Ablauf der Krankheit: Sicherer Beginn Ende 1997, Indizien Mitte '96 sprechen dafür.
Relativ untypischer Verlauf bei mir, eben deswegen. Zwar könnte man auf chronisch progredient tippen, aber der OA meinte, das wären eher ältere Neuerkrankte.
Therapien mit Betainterferone habe ich abgelehnt. Der OA nannte mir eine Frau Dr. Haas am Jüdischen KH in Berlin. Die wäre gut und würde alle möglichen Therapien machen und gut begründen (Betainterferone, Immunoglobuline, etc.)
Der Arzt hatte mir noch eine Therapie mit unleserlich vorgeschlagen. Nach Weihe kein sehr guter Vorschlag. Mache ich sicher nicht.
Nach dem Abendbrot habe ich mit anderen „Neuros“ Rommé gespielt. Erst war ich kurz unruhig – langweilig? Habe doch besseres zu tun! Aber dann habe ich gedacht: Nee, genieße es, was besseres gibt es nicht (streßfrei!) Dann hat es Spaß gemacht.
Am Abend hat dann einer ne Gitarre rausgeholt und der/wir haben gesungen. :-) Bis 22.30 Uhr.

24.10.2001

Gespräch Physiotherapie: Ich bekomme div.KG, Feldenkrais, Ergotherapie. Schwimmhalle wollte ich nicht (32° C H2O)

25.10.

4 Uhr morgens, kann nicht mehr schlafen. Gestern bin ich 22:30 ins Bett. Die Straße ist laut. :-( Die Gedanken schwirren.
Gestern das Buch „Krankheit als Weg“ gelesen. Dort wird behauptet, daß Krankheit (Symptom) sich aus der psychischen Ebenen ableitet, aus ungelebten, unausgestandenen Konflikten.
Ich weiß, daß ich seit Ende '97/Anfang '98 erste manifeste Symptome habe. Wahrscheinlich sogar schon seit Mitte '96 (Rußland). Welche psychischen Konflikte kommen das bei mir in Frage?
  1. Arbeit bei B. seit 1/96? War echt Scheiße, gerade die ersten 9 Monate.
  2. Trennung von H.? War echt erschütternd. Ich habe danach oft an das Ende des Lebens denken müssen. Derart, daß es abends mein letzter und morgens mein erster Gedanke war. Dagegen hat erst KK abgeholfen, als er mir Albert Einsteins „Wie ich das Leben sehe“ gegeben hat.
  3. Die Beziehung mit X. Seit Ende '96 sind wir zusammen. Im Sommer '97 waren wir zusammen beim Go-Camp in Ungarn. Da wollte ich schon nicht mehr mit ihr (Gespräch mit Franz). Aber: Sie ist nützlich, nett, sexuell aufgeschlossen. Aber keine Liebe. Und ich wollte gerne auch mal eine andere „Freundin“ „probieren“ und nach H. nicht gleich die nächste feste Beziehung haben.
Im Winter '98 waren wir mit Klaus im Misthaus. Ich konnte fast nicht mehr Ski laufen. :-( Fiel dauernd hin. Habe es dann bis auf einige kurze Touren auch nicht gemacht und bin dann sogar mit den Skiern auf dem Rücken gegangen. Das Laufen war da noch OK, denke ich.
Jedenfalls wollte ich damals nur weg von ihr. Ich habe mich oft mit H. unterhalten, wie ich aus der Beziehung rauskomme. Sie meinte, daß ein klares „Nein“ besser für X wäre als rumgeeiere. Irgendwann habe ich H. angerufen und zu ihr gesagt, daß es mit X vorbei wäre. War aber nicht. X rief mich an nach dem akuten Streit und sagte mir, daß sie mich „nie aufgeben würde“ egal was passiert. Ich hätte sie nicht angerufen, sondern die Beziehung „auslaufen“ lassen. Hätte man sich wochenlang nicht gesprochen, wäre es ja vorbei gewesen. Und wieder habe ich ihr nicht gesagt: Kein Interesse. :-( Wieder haben wir uns verabredet. Ich hatte ihr auch nichts vorzuwerfen, außer, ich konnte sie nicht riechen. Sie roch mir nicht angenehm. Ich konnte sie nicht mögen. Aber sie war klug, nett, eine gute (sehr) Frau – auf „materiell-technischer“ Ebene keine Vorwürfe! Und wehtun und sagen „Ich will Dich nicht“ „Ich mag Dich nicht“ konnte ich nicht, brachte ich nicht übers Herz.
Ende März wurde sie schwanger. :-( Ich habe geheult. Klar hatten wir verhütet, aber nur per Coitus interruptus. Und das ist schiefgegangen. (Obwohl, der Gentest ist noch offen.)
Ich glaube, daß ein Gentest mit neg. Resultat für mich der Zusammenbruch wäre, denn ohne Kind wären wir schließlich doch auseinander gegangen.
Anekdote aus dem Misthaus: Sie liegt im Schlafsack. Ich weiß, daß ich Schluß machen will. Aber sie sagt:„Komm her“ und will Zuwendung/braucht Zuwendung („Komm her“ nicht im Imperativ sondern als Bitte). Ich konnte es ihr nicht abschlagen. :-(
Vielleicht ist ... auf der Rückfahrt vom Misthaus entstanden. Für Sex, ziemlich egal mit welcher Frau, bin ich ja stets zu haben.
... kommt. Ich kann doch mein Kind, ich will doch mein Kind nicht ablehnen. Wobei das „mein“ nicht im Vordergrund steht. Ich liebe Kinder, auch egal von wem.
Also sind wir zusammen geblieben. X. war weiter nett, klug – und ... kommt. Wieder keine „Gelegenheit“, kein Vorwand.
... war ein guter letzter Anlaß, meine Arbeit endlich zu kündigen. :-D Und durch den Erziehungsurlaub konnte ich mich endlich von H. emanzipieren. Ich kann auch einen Haushalt führen, mehr oder weniger gut.
Meine Ablehnung gegen X. wurde dann massiv. Passiver Widerstand. Habe sie immer ignoriert, wo ich konnte.
Hintergedanke: Irgendwann schmeißt sie mich raus und dann bin ich endlich wieder frei.
Das ging auch soweit, daß sie sich Wohnungen angesehen hat.
Mit ... hätten wir es irgendwie managen müssen. Ich wollte X. los sein, nicht ...!
Anfang 2001 dann die Hiobsbotschaft
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