Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichtes Potsdam vom 30.04.2014

Aus cvo6
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Öffentliche Sitzung
des Landgerichts Potsdam
13. Zivilkammer

Geschäftsnummer 13 S 68/13

Potsdam, 30.04.2014

Gegenwärtig:

Präsident des Landgerichts Ehlert
als Vorsitzender

Vorsitzender Richter am Landgericht von der Osten-Sacken und
die Richterin am Landgericht Reiter,
als beisitzende Richter

Von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle als Protokollführer wird abgesehen.
Die Sitzungsniederschrift wird vorläufig auf Tonträger aufgezeichnet und später in Langschrift übertragen.

Inhaltsverzeichnis

I n   d e m   B e r u f u n g s v e r f a h r e n

C. ./. Lenz

erscheinen bei Aufruf der Sache:

Der Kläger und Berufungskläger Herr C. in Person und für diesen Rechtsanwalt A. aus H.

Für die Berufungsbeklagten und Beklagten ist der Berufungsbeklagte Oliver Lenz seiner Pflegerin Frau W. erschienen.

Frau W. ist meine Assistentin. "Pflegerin" ist sie zwar auch, aber da ich wenig Behandlungspflege erhalte, weniger Pflegerin als Assistentin!

Für beide Berufungsbeklagten ist Frau Rechtsanwältin Damrow erschienen.

Für die Zulässigkeit der Berufung wird festgestellt.

Der Vorsitzende führt in den Sach- und Streitstand ein.

Die Sitzung wurde um 10:12 auf Wunsch der Beklagten unterbrochen.

Die Sitzung wird um 10:21 mit den zuvor Erschienenen fortgesetzt.

Seite 2

Im Rahmen des Rechtsgespräches wies das Gericht darauf hin, dass es sich in der Berufungsinstanz allein mit der Frage des Fortsetzungsverlangens des Mietverhältnisses durch den Beklagten zu 1) wegen sozialer Härtegründe befasst. Die Übrigen tatsächlichen Feststellungen zur Eigenbedarfskündigung sind in Rechtskraft erwachsen. Insoweit hat die Beklagtenseite die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen und damit die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichtes nicht angefochten.

Im Rahmen des Abwägungsprozesses gibt die Kammer der Berufung darin Recht, das den Ausführungen des Amtsgerichtes in den Entscheidungsgründen keine im Sinne des Gesetzes relevante Abwägung stattgefunden hat, dies insbesondere vor dem Hintergrund des überragenden Rechtsgutes des Eigentums nach Artikel 14 Abs 1 Grundgesetz.

Ausweislich des in zweiter Instanz substantiiert dargelegten Sachverhaltes zur konkreten Gesundheitsgefährdung des Beklagten zu 1) im Falle seines räumlichen Umzuges sieht die Kammer einen Anlass, um ein tatsächliches Vorbringen zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmales der sozialen Härte anzunehmen. Die Kammer ist allerdings ohne medizinischen Sachverstand und ohne ergänzenden Sachvortrag de Beklagten zu 1) nicht in der Lage, einen gerichtlichen Sachverständigen zur Erstellung eines medizinischen Gutachtens über die Auswirkungen des Umzuges auf den Krankheitsverlauf des Beklagten in eine andere Wohnung im Stadtgebiet Potsdam beurteilen zu können.

Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1) wird befragt, mit welchem Pflegedienst der Beklagte zu 1) ein Vertragsverhältnis zur Durchführung der von ihm in zweiter Instanz behaupteten 24-Stundenpflege geschlossen hat.

Der Beklagte zu 1) erklärt, dass er einen Pflegedienst im klassischen Sinne nicht beauftragt habe. Er erhalte seitens der Sozialbehörde der Stadt Potsdam und sonstiger öffentlicher Behörden Gelder zur Gewährleistung der 24-Stundenpflege. Auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Gelder suche er dann stets Personen des Vertrauens, die ihn für die Dauer von 24 Stunden pflegen.

Seite 3

Es sei richtig, wenn der Vorsitzende hier zitiert, dass er eine "Rundum-Pflegeversorgung" durch Pfleger im vorgenannten Sinnen habe.

Die Kammer weist darauf hin, dass sie den Beklagten zu 1) um unverzügliche Vorlage von derartigen Einzelpflegeverträgen binnen 1 Woche zu den Gerichtsakten bittet.

Ich habe am 03.05. meiner Anwältin übergeben: DienstPLAN März 2014 (3 Seiten); Reale Stundenliste März 2014 (6 Seiten); Arbeitsverträge der Mitarbeiter*innen, Stand 03/14 (6 Arbeitsverträge); es gab noch Honorarverträge und Nebenabsprachen, so dass ich insgesamt die 24 Stunden täglich abgesichert hatte

Der Beklagte zu 1) erklärte, dass ihn Herr Dr. Albers, verantwortlicher Leiter der MS-Abteilung des Sankt Josef Krankenhauses in Potsdam, medizinisch behandele.

Der Beklagte zu 1) erklärt:

Ich entbinde Herrn Dr. Albers von der ärztlichen Schweigepflicht.

Laut diktiert und genehmigt.

Der Beklagte zu 1) erklärte weiter:
"Soweit es um die Essensversorgnug geht, ist es bisher so, dass die mich pflegende Person zugleich das Essen zubereitet. Telefonisch besorge ich dann zum Beispiel ein einem mir bekannten Händler Obst und Gemüse, der mir die Ware einmal in der Woche in die Wohnung bringt. Es handelt sich hierbei um einen Gärtner. Hinsichtlich der beiden minderjährigen Kinder ist es so, dass diese mich selbstverständlich nicht pflegen. Sie besuchen mich aber regelmäßig und übernachten bei mir in der Regel von Freitag auf Samstg, so kommen sie zum Beispiel am heutigen Abend zu mir und übernachten bei mir. Insoweit ist die Wohnung für mich schon sehr wichtig, und zwar zur Aufrechterhaltung meiner sozialen Kontakte zu meiner Familie."

Laut diktiert

Die Kammer hat den Parteien den Vorschlag unterbreitet, dass sich der Beklagte zu 1) bereit erklärt, freiwillig aus der Wohnung auszuziehen. Der Kläger sollte ihm in diesem Fall eine angemessen großzügige Räumungsfrist gewähren und einen investiven Geldbetrag leisten, damit dem Beklagten zu 1) der Start in die neue Wohnung mit den entsprechenden baulichen Ausstattungen ermöglicht wird. Der Kläger war dazu bereit.

Frau Rechtsanwältin Damrow erklärte, dass sie den Gedankengang der Kammer noch zu einem Gespräch mit ihrem Mandanten nutzen werde.

Die Kammer weist darauf hin, dass sie gegenwärtig über das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten zu 1) nicht entscheiden kann. Dieses Gesuch enthält hinsichtlich der Einnahmen unvollständige Angaben. Sämtliche ihm bewilligten öffentlichen-rechtlichen Leistungen sind mit anzugeben. Hierfür erhält der Beklagte zu 1) eine Frist von 2 Wochen, um insoweit sein Prozesskostenhilfegesuch zu ergänzen bzw. auf Vorschlag des Gerichtes neu einzureichen. Auf das zu verwendende amtliche neue Formular wird hingewiesen.

Rechtsanwalt A. nahm zur Berufung Bezug auf den Antrag aus dem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 3. September 2013, Blatt 211 der Akten.

Frau Rechtsanwältin Damrow nahm zur Berufungserwiderung Bezug auf den Antrag aus dem Schriftsatz vom 27. September 2013, Blatt 228 der Akten.

Beschlossen und verkündet.

1.

Dem Beklagten zu 1) wird aufgegeben, binnen 2 Wochen die in der gerichtlichen Niederschrift zuvor genannten Auflagen durch schriftliche Anzeige zu den Gerichtsakten zu erfüllen.

2.

Die Kammer behält sich sodann den Erlass eines Beweisbeschlusses zur Erhebung des Beweises durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durch einen medizinischen Sachverständigen - Neurologe und Psychater - vor, um der Behauptung des Beklagten zu 1), dass sein Umzug in eine neue Wohnung zu einer konkreten Gesundheitsgefährdung führen würde, nachzugehen.

Seite 5

Die Frau Rechtsanwältin Damrow erklärte nach Rücksprache mit Herrn Lenz, dass Frau H.L. jetzt in der [...] in Potsdam wohnhaft ist.

Ehlert

S.
Justizamtsinspektorin,
für die Richtigkeit der
Übertragung vom Tonträger

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