Schreiben an den Petitionausschuß des Bundestages vom 23.09.14

Aus cvo6
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Rüdiger Otto
Feuerbachstraße 35
14471 Potsdam

Deutscher Bundestag
Petitionsausschuss
Platz der Republik 1
11011 Berlin

Potsdam, den 23.09.2014

Az.: Pet 4-18-11-81503-011455

Sehr geehrte Frau Behrens,
Herr Lenz hat mich mit seiner Vertretung beauftragt. Die Kopie der Vollmacht lege ich dem Schreiben bei.

Im vorliegenden Fall ist am 12.08.2013 das letzte Gutachten des med. Dienstes der Krankenkassen erstellt worden. Aus diesem Gutachten geht hervor, dass Herr Lenz durch seine Multiple Sklerose mit fortschreitenden Verlauf sowohl krank als auch pflegebedürftig, Stufe III mit erhöhtem Pflegebedarf ist. Herr Lenz hat deshalb 2012 ein trägerübergreifendes Budget bei der Stadt Potsdam

Das war 2011 erstmalig!

beantragt.

Leider wurde sein Antrag nie ordentlich beschieden. Sowohl die Feststellung des Bedarfs, das Formulieren einer sinnvollen Zielvereinbarung, als auch die Abrechnung von den anderen Trägern funktionierte zu keiner Zeit. Hinzugezogene Anwälte klagten im Eilverfahren vor dem Sozialgericht und erreichten nach eineinhalb Jahren auch nur einen halbherzigen Vergleich. Innerhalb der ganzen Zeit hatte Herr Lenz nur Teilbeträge zum Auszahlen und so zwangsläufig Schulden angehäuft.

Mit diesem Problem möchte die Landeshauptstadt jetzt den Betroffenen nicht nur allein lassen, nein, der Zustand dient auch als Begründung ab August gar nichts mahr zu gewähren. Im Bescheid vom 17.07.2014, eingegangen am 28.07.2014, wird zum 01.08.2014 das Budget in Sachleistung gewährt, ohne es dem Betroffenen zur Verfügung zu stellen. Die Assistenten waren zu entlassen und der Mann damit unterversorgt. Ein Gespräch in der Amtsstube von Frau S. am 26.08.2014 eskalierte völlig, als Frau S. dem unfallbedingt im Krankenhaus liegenden Rechtsanwalt von Herrn Lenz eine Woche Fristverlängerung gewährte. Dies erfolgte mit dem Hinweis, dass sich Herr Lenz einen neuen Anwalt suchen kann. Er tat dies

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und er zeigte Frau Müller-Preinesberger als Beigeordnete für Soziales wegen Verletzung der Dienstaufsicht bei der Staatsanwaltschaft Potsdam an.

Nunmehr wurden als erstes der Status quo vom 31.07.2014 wieder hergestellt. Herr Lenz ist erst einmal abgesichert.

Um im weiteren nicht wieder zwei Jahre vor dem Sozialgericht klagen zu müssen, wäre es hilfreich, wenn die Landeshauptstadt Potsdam erfährt, wie das trägerübergreifende Budget tatsächlich funktioniert. Dazu sollten folgende Sachverhalte vermittelt werden:

  1. Herr Lenz ist krank. Die Kosten der Behandlung sind bei der Krankenkasse erstattungsfähig. Dazu muß der Betroffene abrechnen. Wenn dafür aber keine Zeit im Budget vorgesehen ist, gibt es ein Problem.
  2. Herr Lenz ist pflegebedürftig. Wenn die Pflege aber nicht mit der Pflegeversicherung abgerechnet wird, weil es weder in der Zielvereinbarung, noch im Bescheid steht, funktioniert das Budget nicht. Auch dafür ist Zeit im Budget vorzusehen.
  3. In den vielen Gesprächen im Amt und vor dem Sozialgericht wurde immer wieder festgestellt, dass Assistenzleistungen keine besonderen Fähigkeiten erfordern. Die Landeshauptstadt vertrat die Meinung, dass der betroffene kein med. Fachpersonal benötigt und trieb mit den dann folgenden Forderungen die einzige Krankenschwester fast in den Wahnsinn. Warum kann innerhalb des Budgets die Pflege und Versorgung nicht durch qualifiziertes Personal erfolgen? Die Träger erstatten sogar die Kosten, wenn abgerechnet wird.
  4. Teilhabe am Leben ist für Herrn Lenz in allererster Linie ein Leben in der eigenenn Wohnung, Singen im Hans-Beimler-Chor, Teilnahme an Go-Wettbewerben und Vereinstätigkeit im Mieterbund und im Förderverein der Montessori-Schule. Die Arbeitgeberpflichten hätte er gern erfüllt. Leider hat die Landeshauptstadt Potsdam dies zu keiner Zeit zugelassen.
  5. Wenn die Landeshauptstadt Potsdam, entgegen den bestehenden Regelungen der Budgetverordnung, keine Budgetkonferenz durchführt und den Bedarf schätzt, sind Fehler vorprogrammiert. Im jetzigen Bescheid vom 17.07.2014 sind weder eine warme Mahlzeit, noch die Behandlung/Therapien vorgesehen. Eine Abrechnung - Fehlanzeige. Auch erschließt sich mir nicht, welchen Teil der Wunderheilung ich verpasst habe. Aus 24 Stunden werden ca. 11 Stunden Bedarf gemacht. Hochgerechnet auf den tatsächlichen Bedarf von 24 Stunden wären mit dem restlichen finanziellen Mitteln ein Stundenlohn von 0,70 € möglich.
  6. Herr Lenz kann an gute Tagen seine rechte Hand noch bewegen. Für den Rest benötigt der 80 kg schwere Mann Hilfe. Da der Körper völlig instabil ist, muss er durch die Assistenz mit Tecnik bewegt werden. Dennoch bleiben einzelne Tätigkeiten, wie z.Bsp. Duschen oder Bewegungsbad, welche durch eine Person nicht mehr zu leisten sind. Rutscht der Patient durch die Spastiken auf den Boden, ist es unmöglich, mit einer Person zu helfen. Das dabei entstehende Verletzungsrisiko der Assistenz findet im Bescheid keine Berücksichtigung. Die dann notwendig werdenden Feuerwehreinsätze dürften teurer sein.

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Abschließend möchte ich feststellen: Herr Lenz ist die Spitze des Eisberges. In den seltensten Fällen treffen Krankheit, Behinderung und Teilhabe so extrem aufeinander. Da Herr Lenz nur noch eine befristete Zeit zur Teilhabe hat, sollte diese ihm auch zur Verfügung gestellt werden. Die finanzielle Abrechnung kann ein Buchhalter übernehmen und med. Abrechnung zwei Krankenschwestern. Auch dies ist im Budget kalkulierbar.

Trägerübergreifendes Budget richtig gemacht, muss die kommunale Kasse nicht überfordern.

Mit freundlichen Grüßen
Rüdiger Otto

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