Schriftsatz 27.9.2013

Aus cvo6
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Kanzlei
Katja Damrow
Friedrich-Ebert-Str. 38
14469 Potsdam

Landgericht Potsdam
Justizzentrum
Jägerallee 10-12
14469 Potsdam

27. September 2013
Unser Zeichen: 697/12

Aktenzeichen: 13 S 68/13

In der Sache

Lenz ./. C.

zeige ich die Vertretung der Beklagten an und beantrage,

die Berufung zurückzuweisen.

Inhaltsverzeichnis

Prozesskostenhilfeantrag

Der Beklagte ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten des beabsichtigten Rechtsstreits aufzubringen. Einzusetzendes Einkommen im Sinne von § 115 Abs. 1 ZPO ist nicht vorhanden, so dass er nicht durch monatliche Raten zu den Kosten beitragen kann. Auch eigenes Vermögen steht ihm nicht zur Verfügung. Dies ergibt die anliegende Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 05.07.2008 (Anlage 1).
Die erforderlichen Belege sind der Erklärung beigefügt.

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Ich erwidere wie folgt auf die Berufungsbegründung:
Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Wie bereits in der ersten Instanz mehrfach erläutert, sind die Beklagten der Ansicht, dass die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Begründung unwirksam war. Der Kläger kündigte, weil er eine Wohnung in Berlin haben wolle. Dieser Grund reicht nicht für eine Wohnungskündigung in Potsdam aus. Soweit der Kläger erneut darauf hinweist, dass Potsdam räumlich dicht an Berlin gelegen ist, so hilft ihnen dies nicht weiter, da es sich nicht nur um eine andere Stadt, sondern um ein anderes Bundesland handelt. Es ist zu erwarten, dass sich der Kläger mit seinem zukünftigen Wohnort dergestalt auseinandersetzt hat, dass er auch weiß, dass er nicht in derselben Stadt wohnen wird, in der sich auch sein Büro befindet.
Hier drängte sich bereits damals der Verdacht auf, dass die Wohnung zu Investitionszwecken leergezogen werden soll. Das Amtsgericht hat insbesondere nicht darüber entschieden, ob die Kündigung als solche wirksam war, sondern hat lediglich das Eigeninteresse des Klägers bejaht. Soweit der Kläger sich darauf stützt, dass der Beklagte nicht ausreichend erkrankt sei, so erlaube ich mir weitere, neue Tatsachen. Der Kläger ist mittlerweile so schwer erkrankt, dass er eine 24-Stunden Assistenz erhält.
Beweis: Zeugnis N. N.
Der Beklagte kann sich - wie auch schon am Ende der ersten Instanz vorgetragen - gar nicht mehr selbstständig bewegen. Der Rollstuhl bewegt sich nur dann, wenn ihn jemand schiebt. Eine selbstständige Fortbewegung ist dem Beklagten nicht möglich, daran würde auch eine behindertengerechtere Wohnung nichts ändern.
Die Argumentation des Amtsgerichts, dass die Wohnung für den Beklagten geeignet sei, betrifft allein den Vortrag des Klägers in der ersten Instanz, die Wohnung sei nicht für den Beklagten geeignet. Es reagiert damit auf die Vorwürfe des Klägers und zieht keine fehlerhaften Schlussfolgerungen.
Der Beklagte könnte auch eine im Erdgeschoss gelegene Wohnung nicht alleine verlassen. Auch ein Aufzug würde ihm nicht weiterhelfen.
Die Stufen in der Wohnung sind für denjenigen, der den Rollstuhl schiebt, kein Problem. Der Beklagte selbst könnte sich auch ohne diese Stufen nicht in diese Räume bewegen. Der Beklagte wohnt zeitweise mit seinen beiden Kindern in der Wohnung. Daraus folgt, dass die Familie des Klägers, die aus 3 Personen besteht, nicht das Interesse der Beklagten überwiegen kann, dessen Familie zeitweise auch aus drei Personen besteht.

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Darüber hinaus muss die Assistenz als Quasi-Familienmitglied gewertet werden. Der Beklagte braucht eine 24-stündige Assistenz, die auch nachts dafür sorgt, dass er auf Toilette gehen kann und Getränke zu sich nehmen kann. Der Beklagte kann nicht mehr allein sein.
Beweis: Zeugnis N. N.
Dem Assistenten kann es nicht zugemutet werden, im selben Zimmer wie der Beklagte zu schlafen, da dieser auch ein Anrecht auf seine Privatsphäre hat. Gleiches gilt für den Beklagten, der nicht aufgrund seiner Krankheit gezwungen werden kann, mit mitunter fremden Personen in einem Raum schlafen zu müssen.
Das Vorhandensein der umfangreichen Gerätschaften wurde bereits in der Klageerwiderung vorgetragen, diese benötigen in der Wohnung Platz, so dass eine 1-Raumwohnung hierfür lange nicht ausreichen würde.
Es ist gerade nicht unstreitig, dass der Beklagte die Wohnung nicht mehr für die Übernachtung seiner Kinder benötigt. Seine Kinder übernachten regelmäßig bei ihm, die beiden jüngeren sind im Jahre 1998 bzw. 2002 geboren.
Die Kinder bringen regelmäßig Besuchergäste zu dem Beklagten und schlafen regelmäßig dort.
Wie in der Zeugenvernahme ausführlich dargelegt, hilft die ältere Tochter dem Beklagten regelmäßig und jetzt bei seinem täglichen Leben. Dies wäre ihr nicht möglich, würde er nicht so einfach erreichbar für sie wohnen. Würde er in die preiswerten Gegenden der Stadt Potsdam ziehen (Schlaatz, Waldstadt), so wäre es der Tochter nicht möglich, vor oder nach der Uni kurz einmal vorbeizuschauen. Bisher hat der Kläger keine Wohnung vorweisen können, die der Größe und der Lage nach einen ähnlichen Vorteil bietet wie die Wohnung des Beklagten. Vor diesem Hintergrund sei erneut darauf hingewiesen, dass der Beklagte sich aufgrund seiner beruflichen Situation nicht in der Lage sieht, für seinen Unterhalt zu sorgen. Er ist vollständig auf staatliche Hilfe angewiesen, die – wie allseits bekannt - nicht gerade üppig ausfällt.
Inwieweit die Teilnahme am sozialen Leben für den Beklagten an dieser Wohnung hängt, haben wir bereits mehrfach ausführlich dargelegt, z.B. Begruendung_der_Klageerwiderung#Grund:_Gesellschaftliches_Leben. Insbesondere verfügt die Wohnung über die Möglichkeiten, dass ihn viele Leute besuchen können und so auch Vereinssitzungen und ähnliches in dieser Wohnung abgehalten werden können. Es ist nicht davon auszugehen, dass aufgrund seines Internetsauftritts oder seines offenen Wesens er in der Kürze der noch

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ihm verbleibenden Zeit einen derartig guten Kontakt zu Nachbarn und Bekannten aufbaut, die ihn zur Not besuchen können.
Soweit der Kläger auf die Korrespondenz im Internet verweist, so erlaube ich mir den Hinweis, dass dies allein durch die Assistenten möglich ist. Der Beklagte kann weder schreiben noch die Tastatur bedienen noch einscannen oder ähnliches.
In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass der Beklagte auch nicht alleine stehen kann und alleine nur dann sitzen, wenn er angeschnallt ist. Er geriet schon mehrfach in eine lebensbedrohliche Situation, weil er im Rollstuhl sitzend seitlich wegkippte und sich nicht wieder aufrichten konnte. Er kann nicht laufen, er kann sich nicht die Zähne putzen, er kann nicht auf die Toilette gehen, kann sich im Bett nicht allein umdrehen, kann sich nichts zu trinken nehmen, er ist nicht in der Lage, sich im Falle eines Sturzes von einem Ort zum anderen zu robben.
Beweis: Sachverständigengutachten
Vor diesem Hintergrund erlaube ich mir auch den Hinweis, dass die Sozialklausel den Erfordernissen der Wohnungssuche Rechnung trägt. Der Beklagte kann kaum eine Wohnung suchen, sondern er ist dabei auf massive Mithilfe angewiesen. Soweit der Kläger tatsächlich noch Interesse an dieser Wohnung hat, so hätte er ihm zwischendurch weitere Wohnungen anbieten können, die der Größe und Lage sowie dem Preis nach angemessen sind. Nach dem Vorbringen des Klägers scheint es die Wohnung in Potsdam West noch zu geben. Dies halte ich persönlich jedoch für unwahrscheinlich, insbesondere vor dem Hintergrund der momentanen Leerstandsquote von 1 %.
Der Kläger trägt auch nicht vor, warum es ihm nicht möglich war, in Hamburg wohnen zu bleiben, obwohl seine Lebensgefährtin noch zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung das Mutterleben in Hamburg als besonders schön darstellte. Weiterhin ist es kein Problem für den Kläger, sich selbst eine adäquate Mietwohnung zu suchen, da es die nach seiner Ansicht ja zu Genüge gibt. Er kann sich nicht darauf berufen, dass er sich keine Wohnung nehmen müsse. Er ist genauso gehalten, sich erträgliche Wohnverhältnisse zu schaffen, indem er eine Mietwohnung sucht.
Darüber hinaus scheint der Kläger kein dringendes Bedürfnis für diese Wohnung zu haben. Das Urteil erging im Mai 2013, der Kläger hätte am Tag der Verkündung vor Ort sein können. Trotzdem ist es ihm erst zu Beginn September gelungen, die dringliche Räumung erneut zu begründen. Er hat jede ihm gesetzlich mögliche Frist ausgenutzt, es ist nicht ersichtlich, dass es ihm drängt.

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Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte sein Treppenhaus zerstöre. Der Beklagte hat die Fliesen nicht zerstört. Es könnte sich um einen Baumangel (fehlerhaft verlegte Fliesen) handeln.
Selbst wenn der Beklagte die Fliesen zerstört hätte, so hätte der Kläger allenfalls (im Rahmen der WEG) einen Schadensersatzanspruch. Ein Kündigungsgrund liegt nicht vor.
Der Entscheidung durch den Einzelrichter stehen keine Gründe entgegen.

Katja Damrow
Rechtsanwältin

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