Schriftsatz vom 11.6.2014

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Inhaltsverzeichnis

Seite 1

Kanzlei Katja Damrow
Leipziger Straße 58
14473 Potsdam

Landgericht Potsdam
Justizzentrum
Jägerallee 10-12
14469 Potsdam

11. Juni 2014

Aktenzeichen: 13 S 68/13

In der Sache

Lenz ./. C.

erkläre ich lediglich für die Beklagte zu 2, dass sie keinen Beweis für die Tatsache antritt, dass sich der Gesundheitszustand des Beklagten bei Auszug aus der streitgegenständlichen Wohnung verschlechtert.

Sie bleibt damit beweisfällig. Vor diesem Hintergrund erkenne ich nur für die Beklagte zu 2) den Räumungsanspruch des Klägers an. Der Anspruch ist auch bereits erfüllt, denn die Beklagte zu 2) wohnt schon seit mehr als 10 Jahren nicht mehr in der Wohnung und hat keinen Besitz an der Wohnung.

Der Beklagte zu 1) hält seinen Widerspruch aus sozialen Gründen sowie die Beweisangebote aufrecht und begehrt weiterhin die Abweisung der Berufung.

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Wenn die Eigenbedarfskündigung wirksam gewesen wäre, wäre auch das Mietverhältnis beendet worden, denn auf die Wirksamkeit der Kündigung und die Beendigung des Mietverhältnisses hat die Vertragsfortsetzung keinen Einfluss (Blank in Schmidt/Futterer, § 574a, Rn. 7, Häublin in Münchener Kommentar zum BGB, § 574a, Rn. 4; Blank in Blank/Börstinghaus, § 574a, Rn. 7). Die Kündigung bliebe wirksam, das Mietverhältnis an sich beendet, auch wenn die Vertragsfortsetzung möglich wäre.

Das Amtsgericht Potsdam hat auch nicht ausgeführt, ob die Kündigung wirksam war, es erklärte lediglich, dass der Kläger die Wohnung benötigt. Die formelle Wirksamkeit wurde nicht geprüft und kann auch nicht in Rechtskraft erwachsen.
Hätte das Amtsgericht abschließend über die Eigenbedarfskündigung entschieden, hätte es entschieden, dass der Kläger die Fortsetzung des beendeten Mietverhältnisses bis zum Fortfall der sozialen Härte dulden muss. Das hat es aber nicht.
Die Beklagten wollen kein Mehr zur erstinstanzlichen Entscheidung und können auch nicht mehr verlangen als den Zustand vor Kündigung.

2. soziale Härte
Das Landgericht deutete in der mündlichen Verhandlung an, dass eine Härte nur vorläge, wenn der Beklagte nach Auszug verstürbe.
Unter Verweis auf die Rechtssprechung des BVerfG betone ich erneut, dass die dauerhafte Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beklagten ausreicht, um eine Abwägung vorzunehmen. Es ist keine Voraussetzung, dass er bei Auszug aus der Wohnung voraussichtlich bald verstirbt.

II. Schriftsatz der Gegenseite

1. Überlassung der Arbeitsverträge
Nachdem der Kläger seine Einwände geltend gemacht hat, sprach der Beklagte mit seinen Angestellten. Er teilte mir mit, dass keine Bedenken bestehen, die Verträge auch dem Kläger offen zu legen.
Weiterhin erlaube ich mir den Hinweis auf § 133 ZPO, wonach die Abschriften zwar beigelegt werden sollten, aber nicht müssen. Folge ist, dass die Beklagten ggf. die Kosten der Abschriften, die die Geschäftsstelle ausfertigte, tragen müssen.

2. Zeitraum, Pläne
Ich bitte das Gericht um Hinweis, wenn es einen weiteren Zeitraum belegt haben möchte zum Beweis für die Tatsache, dass der Beklagte täglich 24 h betreut wird. Ich versichere, dass der Beklagte im März 2014 keinen höheren Bedarf als in den Folgemonaten hatte. Uns

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erschien ein Zeitraum, der vor der mündlichen Verhandlung lag, als geeignet. Zugleich lag der Zeitraum nicht zu sehr in der Vergangenheit.

3. persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen, die zur Begründung der Bewilligung der PKH hinsichtlich des Vermögens eingereicht werden. Nicht umsonst werden diese Unterlagen auch nicht zur Gerichtsakte genommen, die der Kläger einsehen könnte, sonder befinden sich in einem extra Band.
Diese Tatsachen zum Vermögen des Beklagten zu 1) sind für den Kläger irrelevant und werden lediglich vom Gericht bewertet.
Aufgrund des geltenden Rechts wird der Kläger sicher Verständnis dafür haben, dass weder der Beklagte noch das Gericht ihm Abschriften zur persönlichen und wirtschaftlichen Lage überlassen wird.
Das Gericht ist durchaus in der Lage, selbst zu beurteilen, ob die von ihm gesetzten Fristen eingehalten wurden.

4. Ausforschung
Es handelt sich nicht um eine Ausforschung. Der Beklagte hat hinreichend dargelegt, dass es ihm gesundheitlich schaden würde, wenn er die Wohnung verlassen würde. Er kann nicht absehen, in welchen konkreten Symptomen sich dies äußern würde. Vielleicht würde die MS insgesamt stärker voranschreiten, vielleicht würden sich einzelne Symptome verstärken: Es könnte sein, dass sich der bereits grenzwertige Lernaufbau dahingehend verändert, dass der Beklagte gar keine Neuigkeiten mehr aufnehmen kann, vielleicht würde er erblinden, vielleicht bekäme er Angstzustände.
Der Beklagte und auch die ihn betreuende Krankenschwester sind davon überzeugt, dass der Verlust der Wohnung mit einer erheblichen Minderung der Lebensqualität und mit einer Verschlechterung der Gesundheit des Beklagten einhergehen. Sie folgern das unter anderem daraus, dass der Beklagte nach den mündlichen Verhandlungen des Prozessen stets ein körperliches und seelisches Wrack ist, es geht ihm äußerst schlecht - insbesondere nach der letzten mündlichen Verhandlung ordnete die betreuende Krankenschwester W. aufgrund der Besorgnis um den Beklagten an, dass am selben Tag noch der behandelnde Arzt zur Kontrolle aufgesucht wurde. Der Beklagte führte sich in der Verhandlung und danach vor Augen, dass die Verlustängste in Bezug auf die Wohnung real waren. Und der Verlust auch eintreten könnte. Folge war ein Abfall des geistigen und körperlichen Wohlbefindens.

Beweis: Zeugnis der Frau W., bereits benannt; Zeugnis des behandelnden Arztes

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In jedem Fall würde ein Umzug dazu führen, dass - wie bereits in der ersten Instanz ausgeführt - der Beklagten den letzten Halt im Leben verlieren würde, denn außer dem festen Zuhause ist dem Beklagten nichts in seinem Leben geblieben. Ganz im Gegenteil, mit jedem Tag der Zukunft wird sein gesundheitlich eingeschränkter, langweiliger und wesentlich aufwändiger hinsichtlich der Lebensgestaltung. Die Sicherheit der gewohnten Umgebung bedeutet dabei sehr viel, bei Wegbruch derselben wird eine ernorme Verschlechterung der Gesundheit sofort eintreten, da der Beklagte seinen Halt verlieren würde.

Beweis: Sachverständigengutachten

5. Wohnungssuche
Unstreitig hat der Beklagte nach einer Wohnung gesucht und dazu auch vorgetragen, vgl. Schriftsätze der ersten Instanz. Soweit das Gericht den Verweis auf die Internetseite nicht zulässt, bedarf es eines Hinweises.

6. Abwägung
Die Beklagten verkennen weder die Darlegungs- und Beweislast, noch haben sie die Abwägung falsch verstanden. Sie haben lediglich ergänzend ausgeführt, dass eine Abwägung stattzufinden hat und in deren Rahmen die Interessen beider Parteien berücksichtigt werden müssen. Es ist gerade ein Unterschied, ob ein Eigenbedarf vorliegt, weil eine vierköpfige Familie in einer Zwei-Zimmer-Wohnung wohnt und kein weiteres Wohnungseigentum hat und keine Mietwohnung findet, oder bei sich eine Familie eine von vielen geeigneten Eigentumswohnungen wünscht, weil diese die schönste sei, obwohl sie bereits ausreichend Wohnraum hat und sich auch anderweitig Wohnraum verschaffen könnte.
In einem Fall muss die Härte des Mieters stärker ausfallen als in dem anderen Fall. Der Wohnungswechsel des Klägers erfolgt auch nicht aus Platzgründen oder anderen zwingenden Gründen, sondern nur, weil er es in Potsdam so schön findet.

Katja Damrow
Rechtsanwältin

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