Widerspruchsbescheid2 vom 10.09.15

Aus cvo6
Wechseln zu: Navigation, Suche

Landeshaupstadt Potsdam
Der Oberbürgermeister
Fachbereich Soziales und Gesundtheit
Bereich Vertrags- u. Verwaltungsmanagement
Fr.-Ebert.-Str. 79/81, Haus 2
G.
Meinzeichen 381202-W 150/15

Herrn
Rüdiger Otto
Feuerbachstr. 35
14471 Potsdam

10. September 2015

Die ""10"" ist handschiftlich eingefügt.

Widerspruchsverfahren im Bereich des Sozialgesetzbuches, Zwölftes Buch (SGB XII)
Ihr Vollmachgeber Oliver Lenz
Bescheid vom 29.06.2015
Widerspruch vom 28.07.2015, eingegangen am 28.07.2015

Inhaltsverzeichnis

Widerspruchsbescheid

Sehr geehrter Herr Otto,

den in Vollmacht Ihres Vollmachgebers, Herrn Oliver Lenz, eingelegten Widerspruch vom 28.07.2015 gegen den Bescheid des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Postdam, Fachbereich Soziales und Gesundheit - Bescheid Gesundheitssoziale Dienste und Senioren - vom 29. bis 6.2015 weise ich teilweise im Bezug auf Fahrtkosten in Höhe von 16,80 € und Unterkunftskosten in Höhe von 120,00 € zurück.
In Bezug auf Fahrtkosten in Höhe von 16,80 € wird ihrem Widerspruch teilweise abgeholfen.
Soweit Ihrem Vollmachtgeber in diesem Verfahren Kosten entstanden sind hat, er diese selbst zu tragen.
Dieser Bescheid ergeht verwaltungsgebüren- und kostenfrei.
Aufwendungen Verfahrensbeteiligter werden nicht erstattet.

Begründung:

I.

Ihr Vollmachtgeber ist 49 Jahre alt und alleinstehend. Er bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente

Ich erhalte ErwerbsMINDERUNGSrente! ErwerbsUNFÄHIGKEITSrente wurde zum 31.12.2000 (!) abgeschafft. Wenn ich jetzt polemisch wäre, würde ich sagen: So schnell erreichen Neuigkeiten die LHP nicht!

in Höhe von 906,11 € monatlich. Ihr Vollmachtgeber leidet an Multipler Sklerose mit konstant zunehmender körperlicher Schwäche und steten Verschlechterungen der Bewegungsfähigkeit aller Extremitäten. Mehrfach täglich treten Streck- und Beugespastiken in den Extremitäten auf. Durch das Amt für Soziales und Versorgung wurde ihm ein Grad der Behinderung in Höhe von 100 vom Hundert zuerkannt.

Grammatikfehler im Original.

Durch den Schwerbehindertenausweis sind zudem die Merkzeichen G, aG, B, H und RF

Seite 2

ausgewiesen. Ihr Vollmachtgeber ist schwerstpflegebedürftig und bezieht Leistungen der Pflegestufe 3 (Härtefall) nach den Vorschriften des SGB XI in Form von Pflegegeld in Höhe von 728,00 € monatlich.

Mit Schreiben vom 18.07.2011 beantragte er erstmalig bei dem Widerspruchsgegner die Gewährung eines persönlichen Budgets zur Deckung von Assistenzkosten in Form eines Arbeitgebermodells. Mit Bescheid vom 23.02.2012 erstmalig und seither durchgängig in stetig steigender Höhe mit Bescheiden vom 25.06.2012, 20.09.2012 und 27.02.2014 wurde Ihrem Vollmachtgeber ein persönliches Budget in Form des Arbeitgebermodells zur Deckung seines Pflege- und Eingliederungshilfebedarfes nach den Vorschriften des 6. und 7. Kapitel des SGB XII zuletzt in Höhe von 7.000,00 € monatlich gewährt.

Mit Bescheid vom 17.07.2014 gewährte der Widerspruchsgegner Ihrem Vollmachtgeber Sozialhilfeleistungen nach dem 6. und 7. Kapitel des SGB XII für den Zeitraum ab dem 01.08.2014 in Form von Sachleistungen.

Gegen diesen Bescheid erhoben Sie Widerspruch. Nachdem Ihr Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2014 zurückgewiesen wurde, erhoben Sie beim Sozialgericht Klage.

Im Rahmen von sozialgerichtlichen Eilverfahren erwirkte Ihr Vollmachtgeber die Weiterzahlung eines persönlichen Budgets in Höhe von derzeit 7.000,00 € monatlich. Das Hauptsacherverfahren bezüglich der Umstellung der Leistungsgewährung auf Sachleistungen ist derzeit noch beim Sozialgericht Potsdam anhängig.

Am 18.03.2015 beantragten Sie bei dem Widerspruchsgegner die Übernahme der Kosten der Begleitperson für die Fahrt des Hans-Beimler-Chores nach Hirschluch in Höhe von 120,00 €.

Da weder bekannt gegeben worden war, in welchem Zeitraum die Chorfahrt stattfinden sollte noch Nachweise über die Kosten der Begleitperson bzw. Begründungen für das Entstehen von Kosten in der bezifferten Höhe von 120,00 € benannt wurden, forderte der Widerspruchsgegner mit Schreiben vom 04.05.2015 auf, nähere Informationen bekannt zu geben und ensprechende Unterlagen vorzulegen. Gleichzeitig wurden Sie über die Mitwirkungsplichten Ihres Vollmachtgebers belehrt.

Nachdem weder Erklärungen noch Unterlagen zum Nachweis der Kosten eingereicht wurden, lehnte der Widerspruchsgegner Ihren Antrag mit Bescheid vom 29.06.2015 ab. Zur Begründung der ablehnenden Entscheidung wurde ausgeführt, dass die pauschale Forderung ohne Erklärungen bzw. Nachweisen nicht im Rahmen der Gewährung von Leistungen der Eingliderungshilfe übernommen werden könne.

Mit Schreiben vom 28.07.2015 übersandten Sie eine Abrechnung der Fahrtkosten, die die Assistentin Frau W. gegenüber Ihrem Vollmachtgeber mit Schreiben vom 23.03.2015 in Höhe von 33,60 € geltend machte und einen Kontouszug des Giro-Kontos der Mutter Ihres Vollmachtgebers dem zu entnehmen war, dass von deren Konto am 23.02.2015 unter dem Verwendungszweck Unterkunftskosten für Oli Lenz ein Betrag in Höhe von 120,00 € an einen Vertreter des Hans-Beimler-Chores überwiesen wurde.

Mit Schreiben vom 03.08.2015 wurde Ihnen die Möglichkeiten der Anhörung gemäß § 24 SGB X eröffnet.

Seite 3

II.

Gemäß Paragraph 85 ABS 2 Nr 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bin ich für die Entscheidung über Ihren Widerspruch zuständig.

Der Widerspruch Ihres Vollmachtgebers ist form- und fristgemäß eingelegt, mithin zulässig, jedoch teilweise in Bezug auf Fahrtkosten in Höhe von 16,80 € und Unterkunftskosten in Höhe von 120,00 € unbegründet.

Der angegriffene Bescheid vom 29.06.2015 ist formell und materiell rechtmäßig.

In Bezug auf Fahrtkosten in Höhe von 16,80 €, die tatsächlich entstanden und notwendig waren, wird Ihrem Widerspruch teilwise abgeholfen.

Gemäß Paragraph 22 der Eingliederungshilfe-Verordnung gehören zu einem Eingliederungshilfebedarf

  1. die notwendigen Fahrkosten und die sonstigen mit der Fahrt verbundenen notwendigen Auslagen der Begleitperson,
  2. weitere Kosten der Begleitperson, soweit sie nach den Besonderheiten des Einzelfalls notwendig sind,

wenn die Maßnahmen der Eingliederungshilfe die Begleitung des behinderten Menschen erfordern.

Zu prüfen war hiernach, inwieweit die von Ihrem Vollmachtgeber begehrten Kosten tatsächlich entstanden und notwendig waren.

Fahrkosten sind der Begleitperson für die Fahrt von Potsdam nach Hirschluch notwendigerweise entstanden. Die Aufstellung der Assistentin Frau W. ist auch schlüssig. Insgesamt enstanden für die Hin- und Rückfahrt mit dem Pkw Kosten in Höhe von 33,60 €. Zur Hälfte, in Höhe von 16,80 € hat Ihr Vollmachgeber diese Kosten jedoch ausw seinem Einkommen zu Übernehmen bzw. seiner Assistentin zu erstatten. Der Widerspruch war demnach in Höhe des Fahrtkostenanteils Ihres Vollmachtgebers in Höhe von 16,80 € zurückzuweisen.

Geeignete Nachweise über entstandene Unterkunftskosten der Assistenten W. wurde nicht beigebracht. Der Kontoauszug des Kontos der Mutter Ihres VOllmachgebers aus dem hervorgeht, dass sie am 33.02.2015 Unterkunftskosten für ihren Sohn überwiesen hat, ist nicht als Nachweis für entstandene Unterkunftskosten von Frau W. geeignet.

Ausweislich dieses Kontoauszuges wurden Unterkunftskosten für Ihren Vollmachtgeber überwiesen, denn als Verwendungszweck wurde angegeben: "Unterkunftskosten für Oli Lenz".

Ohnehin scheitert ein Anspruch auf Erstattung dieses Betrages in Höhe von 120,00 <e an den Regelungen des § 18 SGB XII.

Nach § 18 Abs. 1 SGB XII setzt Sozialhilfe (mit Ausnahme der Grunsicherungsleistungen) ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe bekannt wurde, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Dieser Regelung liegt das sogenannte Offizialprinzip und diesem wiederum 3 drei

So im Original!

wesentliche Gedanken zugrunde:

  • das Prinzip der Rechtzeitigkeit der Sozialhilfe,
  • das Prinzip der Antragsunabhängigkeit und
  • das Prinzip der Gegenwärtigkeit.

Seite 4

Hiernach ist ein Antrag für die Entstehung des Anspruches (abgesehen von den Leistungen der Grundsicherung) zwar nicht erforderlich. Ein Antrag ist aber stets zu empfehlen, weil dadurch dem Sozialhilfeträger der Hilfebedarf bekannt wird.

§ 18 Abs. 2 SGB XII bestimmt für das Bekanntwerden für Hilfebedürftigkeit. Ergeben sich aus dem Vortrag und den eingereichten Unterlagen die Voraussetzungen für die Leistung, setzt Sozialhilfe zu dem nach § 18 Abs. 2 SGB XII genannten Zeitpunkt ein.

Sozialhilfe wird grundsätzlich geleistet um den Bedarf einer gegenwärtigen Notsituation zu decken. Dieser in § 18 SGB XII zum Ausdruck gebrachten Gedanken schließt es in der Regel aus, Sozialhilfeleistungen für die Vergangenheit zu erbringen.

Hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für selbst beschafft HIlfe vor einer Leistungsgewährung durch den Sozialhilfeträger besteht, ist zu unterscheiden, ob der Bedarf vor oder nach dem in § 18 SGB XII beschriebenen Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Bedarfs durch die genannte Stelle gedeckt wird. Deckt der Hilfebedürftige seinen Bedarf vor der Kenntnis des Sozialhilfeträgers selbst, so besteht nach § 18 SGB XII kein Leistungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger.

Wenn so, wieso bezahlt dann der SHT Fahrtkosten?! Entweder war die Kenntisnahme rechtzeitig, dann mussten sowohl Fahrt- als auch Unterkunftskosten getragen werden. Oder sie war nicht rechtzeitig, dann durfte nichts getragen werden. Hälfte Hälfte geht ja wohl nicht!

Wenn ein Dritter vor dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme dem Hilfebedürftigen die notwendige Hilfe leistet, kann der Leistungsberchtigte die Freistellung von einer gegenüber dem Dritten bestehenden Verbindlichkeit vom Sozialhilfeträger nicht verlangen.

Kurz gesagt: selber Schuld. Gut zu wissen, nur für den Fall, daß ich mal jemanden helfen soll...

Sie beantragten die Übernahme der Kosten der Begleitperson für die Chorfahrt für Ihren Vollmachtgeber am 18.03.2015. Dem vorgelegten Kontoauszug zufolge hatte die Mutter Ihres Vollmachtgebers Unterkunftskosten in Höhe von 120,00 € bereits am 23.02.2015 überwiesen. Zum Zeitpunkt Ihrer Antragstellung war der Bedarf, so Sie ihn aus dieser Zahlung herleiten wollen, demnach bereits gedeckt.

Nach alledem musste Ihrem Widerspruch bei der bestehenden Sach- und Rechtslage daher der vollständige Erfolg versagt bleiben.

Vor Erlass dieses Widerspruchsbescheides wurden gemäß § 116 SGB XII sozial erfahrene Personen beratend beteiligt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 64 Abs. 1 SGB X.

Für diesen Widerspruchsbescheid werden gemäß § 64 Abs. 1 SGB X keine Verwaltungsgebühren erhoben.

Aufwendungen Verfahrensbeteiligter sind gemäß § 63 SGB X nicht erstattungsfähig.

Seite 5

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen den Bescheid des Oberbürgermeisters der Landeshaupotstadt Potsdam, Fachbereich Soziales und Gesundheit – Bereich Gesundheitssoziale Dienste und Senioren – vom 29.06.2015 kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides Klage beim Sozialgericht Potsdam, Rubensstraße 8, 14467 Potsdam erhoben werden.

Die Klage soll den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. M.-O.
Arbeitsgruppenleiterin
Arbeitsgruppe Recht und Vertragsmanagement

Meine Werkzeuge
Namensräume

Varianten
Aktionen
Navigation
Werkzeuge