Widerspruchsbescheid vom 15.11.2013

Aus cvo6
Wechseln zu: Navigation, Suche

Landeshauptstadt Potsdam
Fachbereich Soziales und Gesundheit
Hegelallee 6-8, Haus 2
Frau G.

- Gegen Empfangsbekenntnis -
381202 - W 224/12 u. W 337/12

Rechtsanwalt
Peter Klink
Lennéstraße 71
14471 Potsdam

15. November 2013

Widerspruchsverfahren im Bereich des Sozialgesetzbuches, Zwölftes Buch (SGB XII)
Ihr Mandant, Herr Oliver Lenz
Bescheide vom 25.06.2012 und 20.09.2012
Widersprüche vom 23.07.2012, eingegangen am 24.07.2012 und 24.10.2012, eingegangen am 24.10.2012

Widerspruchsbescheid

Sehr geehrter Herr Klink,

den Widerspruch Ihres Mandanten, Herrn Oliver Lenz, vom 23.07.2012 und den für Ihren Mandanten, Herrn Oliver Lenz, durch die damalige Bevollmächtigte Frau Rechtsanwältin A. L., eingelegte Widerspruch vom 24.10.2012 gegen die Bescheide des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Potsdam Fachbereich Soziales, Gesundheit und Umwelt - Bereich Gesundheitssoziale Dienste - vom 25.06.2012 bzw. 20.09.2012 weise ich zurück.
Soweit Ihrem Mandanten in diesem Verfahren Kosten entstanden sind, hat er diese selbst zu tragen.
Dieser Bescheid ergeht verwaltungsgebühren- und kostenfrei.
Aufwendungen Verfahrensbeteiligter werden nicht erstattet.

Begründung:

I.
Ihr Mandant ist 47 Jahre alt und alleinstehend.
Er leidet an Multipler Sklerose mit konstant zunehmender körperlicher Schwäche und steten Verschlechterungen der Bewegungsfähigkeit aller Extremitäten. Mehrfach täglich treten Streck- und Beugespastiken in den Extremitäten auf.
Durch das Amt für Soziales und Versorgung wurde Ihrem Mandanten ein Grad der Behinderung in Höhe von 100 von Hundert zuerkannt. Durch den Schwerbehindertenausweis sind zudem die Merkzeichen G, aG, B, H und RF ausgewiesen.

Inhaltsverzeichnis

Seite 2

Ihr Mandant ist schwerstpflegebedürftig und bezieht Leistungen der Pflegestufe 3 nach den Vorschriften des SGB XI in Form von Pflegegeld in Höhe von 700,00 € monatlich.
Ihr Mandant bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente (Ich erhalte eine volle Erwerbsminderungsrente! Das ist etwas anderes als Erwerbsunfähigkeitsrente!) in Höhe von 855,03 € monatlich.
Mit Schreiben vom 18.07.2011 beantragte Ihr Mandant erstmalig bei dem Widerspruchsgegner die Gewährung eines Persönlichen Budgets zur Deckung von Assistenzkosten in Form eines Arbeitgebermodells.
Seinem formlosen Antrag fügte er eine Lohnkostenkalkulation bei, wonach er bei einem Stundensatz in Höhe von 17,55 € einen Betrag in Höhe von monatlich 8.542,90 € begehrte.
Es folgten zur Feststellung des Sozialhilfebedarfes Ihres Mandanten Gespräche, ein Hausbesuch, Auswertungen von Stellungnahmen, Attesten und Gutachten.
Am 01.02.2012 schloss Ihr Mandant erstmalig einen Arbeitsvertrag mit seiner Assistentin Frau W. und einen weiteren Teilzeitvertrag ab.
Mit Bescheid vom 23.02.2012 gewährte der Widerspruchsgegner ein Persönliches Budget in Höhe von monatlich 1.469,53 € zur Deckung des pflegerischen Assistenzbedarfes in einem zeitlichen Umfang von 6 Stunden täglich und des Eingliederungshilfebedarfes in einem zeitlichen Umfang von 1,5 Stunden täglich.
Die entsprechende Zielvereinbarung, die bis zum 31.07.2012 befristet wurde, wurde am 27.01.2012 abgeschlossen.
Gegen den Bescheid vom 23.02.2012 erhob Ihr Mandant mit Schreiben vom 20.03.2012 unter dem Zeichen W 90/12 Widerspruch.
Seinem Widerspruch wurde teilweise in Bezug auf die Gewährung des gekürzten Pflegegeldes (§ 66 SGB XII) abgeholfen.
Soweit Ihr Mandant in seiner Widerspruchsbegründung die Nichtberücksichtigung seines nächtlichen Pflegebedarfes gerügt hatte, stellte er in diesem Widerspruchsverfahren klar, keinen nächtlichen Hilfebedarf zu haben und nahm daher seinen Widerspruch bezüglich dieses Teiles am 29.05.2012 zurück.
Frau W. erinnert sich wie folgt an das damalige Gespräch:
  • Sowohl Herr Lenz als auch ich wiesen wiederholt darauf hin, dass sehr wohl nächtlicher Hilfebedarf besteht! Sonst hätte Herr Lenz keine Pflegestufe III bewilligt bekommen.
  • Die LH meinte, eine rückwirkende Berechnung wäre nicht möglich;
  • Wörtlich: ein Neuantrag wäre der schnellste Weg zu mehr Budget. Er wird in der neuen Bedarfsfeststellung auf jeden Fall berücksichtigt. - OL: Zwangsweise (denn ich brauchte ums Verrecken mehr Geld) und damit es endlich vorwärts geht, habe ich da leider unterschrieben.
  • Sowohl beim Hausbesuch als auch wieder bei diesem Gespräch habe ich darauf hingewiesen, dass nächtlicher Hilfebedarf besteht. Und selbst wenn es sich nur um Heimkommen nach 23 Uhr handelt - Nachtzuschläge sind gesetzlich und daher zu zahlen.
  • Meine (S. Wohnig) Meinung: Herr Lenz wurde regelrecht erpresst, die Erklärung zu unterschreiben, in welcher er seinen nächtlichen Hilfebedarf zurückzieht. Das würde ich auch vor Gericht aussagen!
Am 20.06.2012 schlossen Ihr Mandant und der Widerspruchsgegner eine Zielvereinbarung für den Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.07.2013 ab.
Mit Bescheid vom 20.06.2013 (Muß 2012 heißen.) gewährte der Widerspruchsgegner entsprechend der vereinbarten Ziele ein Persönliches Budget in Höhe von 2.004,65 €.
Gegen diesen Bescheid erhob Ihr Mandant mit Schreiben vom 23.07.2012 Widerspruch.
In seiner Widerspruchsbegründung rügte er, dass der Kalkulation des Widerspruchsgegners nicht zu entnehmen sei, dass eine Pauschale für die Berufsgenossenschaft, eine Pauschale für Dienstberatungen, eine Pauschale für Regiekosten/Steuerberater sowie Pauschalen für Wochenend- und Feiertagsarbeit sowie den 24.12. und 31.12. nicht zu entnehmen seien.
Mit Schreiben vom 31.07.2012 erweiterte Ihr Mandant seinen Widerspruch dahingehend, dass der Widerspruchsgegner seinen nächtlichen Hilfebedarf nicht berücksichtigt hätte. Er habe nunmehr in einem zeitlichen Umfang von 24 Stunden täglich Bedarf an Assistenz.
Zudem rügte er, dass das nach den Vorschriften des SGB XII gewährte Pflegegeld um zwei Drittel gekürzt wurde.
Mit Schreiben vom 28.07.2012 stellte Ihr Mandant einen Änderungsantrag.
Im Einzelnen beantragte er die Übernahme der Kosten einer 24-Stunden-Assistenz und die Übernahme vom Kosten für die Begleitperson in Höhe von 50 € wöchentlich und 2.600,00 € jährlich.
Mit Schreiben vom 03.09.2012 legte Ihr Mandant eine Abrechnung vor, wonach er im Monat August 2012 durchschnittlich ca. 16 Stunden Assistenz benötigte.
Zum Zwecke der Bedarfsfeststellung erfolgten erneut Gespräche mit Ihrem Mandanten und ein Hausbesuch.
Mit Bescheid vom 20.09.2012 gewährte der Widerspruchsgegner Ihrem Mandanten ein persönliches Budget in Höhe von 2.373,14 €.
Gegen diesen Bescheid erhob die damalige Bevollmächtigte Ihres Mandanten mit Schreiben von 24.10.2012 fristwahrend Widerspruch.

Seite 3

Diesen Widerspruch begründeten Sie mit Schreiben vom 28.03.2013 nach wiederholter Aufforderung durch den Widerspruchsgegner.
Mit Schriftsatz vom 11.03.2013 stellten Sie beim Sozialgericht Potsdam einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Sie beantragten, den Widerspruchsgegner zu verpflichten, Ihrem Mandanten ein Persönliches Budget in Höhe von 9.855,27 € monatlich zur Deckung einer 24-Stunden-Assistenz in Form des Arbeitgebermodells zu gewähren.
Mit Beschluss von 21.10.2013 lehnte die 20. Kammer des Sozialgerichtes den Eilantrag für den Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.07.2013 wegen Zeitablaufes ab.
In einem weiteren Eilverfahren wurde der Widerspruchsgegner durch das Sozialgericht verpflichtet, Ihrem Mandanten zur Deckung der Kosten der 24-Stunden-Assistenz in Form des Arbeitgebermodells ab dem 01.08.2013 bis zur Entscheidung des Widerspruchsgegners (Häh? Bis zur Entscheidung in der Hauptsache, nicht bis zur Entscheidung des Widerspruchsgegners!) in der Hauptsache ein Persönliches Budget in Höhe von monatlich 6.734,25 € zu gewähren.
In Ihrer Widerspruchsbegründung bezifferten sie die zeitlichen Umfänge der Hilfebedarfe Ihres Mandanten.
Sie stellten fest, dass Ihr Mandant in einem Zeitraum von 14 Stunden täglich tatsächlich und stetig der Hilfe bedarf. In einem Zeitraum von 10 Stunden täglich tritt der Hilfebedarf jedoch sporadisch auf und besteht nicht ständig, weshalb dieser Zeitraum als Bereitschaftszeit in Höhe von 50% zu vergüten sei. Bei einem Stundensatz von 9,42 € errechnen Sie für ein Jahr Budgetkosten in Höhe von 65.372,45 €. Diesem Betrag rechnen Sie Einmalbezüge (Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld) in Höhe von 5.447,70 € hinzu. Des Weiteren seien nach Ihrer Auffassung Pauschalen für Einarbeitungen, Feiertage, Urlaub, Weiterbildung und Krankheit in Höhe von 17.898,00 € jährlich hinzuzurechnen und Arbeitgeberanteile in Höhe von 19.469,20 €.
Zudem seien Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit in Höhe von 9.400,37 € sowie eine Pauschale in Höhe von 5.150,00 € für die Berufsgenossenschaft, Regiekosten/Steuerberater, Unterkunft und Kosten der Begleitperson einzukalkulieren.
Von der Summe dieser Beträge sei für Erstattungen der Lohnfortzahlungen ein Betrag in Höhe von 4.740,50 € abzuziehen, so dass sich jährliche Assistenzkosten in Höhe von 118.263,22 € und monatliche Assistenzkosten in Höhe von 9.855,27 € ergeben würden, die im Rahmen der Gewährung eines Persönlichen Budgets von dem Widerspruchsgegner zu decken seien.
Die Möglichkeiten der Anhörung gemäß § 24 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) wurden eröffnet.

II.

Gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bin ich für die Entscheidung über Ihren Widerspruch zuständig.
Ihr Widerspruch ist form- und fristgemäß eingelegt, mithin zulässig, jedoch unbegründet.
Die angegriffenen Bescheide vom 25.06.2012 und 20.09.2012 sind formell und materiell rechtmäßig.
Ihr Mandant ist unstrittig den Personenkreisen des § 53 Abs. 1 SGB XII und des § 61 Abs. 1 SGB XII zuzurechnen.
Er ist auf Grund seiner Erkrankung im Sinne dieser Vorschriften wesentlich behindert und schwerstpflegebedürftig.

Seite 4

Ihr Mandant begehrt zur Deckung seiner Bedarfe an Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege nach den Vorschriften des 6. und 7. Kapitels des SGB XII die Gewährung eines Persönlichen Budgets, dass er in Form des sogenannten Arbeitgebermodells umsetzen will.
Die Ausführung von Leistungen als Persönliches Budget ist in § 17 des SGB IX geregelt.
Gemäß §17 Abs. 1 SGB IX kann der zuständige Rehabilitationsträger Leistungen zur Teilhabe
  1. allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern,
  2. durch andere Leistungsträger oder
  3. unter Inanspruchnahme von geeigneten, insbesondere auch freien und gemeinnützigen oder privaten Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen
ausführen. Er bleibt für die Ausführung der Leistungen verantwortlich. Satz 1 gilt insbesondere dann, wenn der Rehabilitationsträger die Leistung dadurch wirksamer oder wirtschaftlicher erbringen kann.
Gemäß §17 Abs. 2 SGB IX können auf Antrag Leistungen zur Teilhabe auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Bei der Ausführung des Persönlichen Budgets sind nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs die Rehabilitationsträger, die Pflegekassen und die Integrationsämter beteiligt. Das Persönliche Budget wird von den beteiligten Leistungsträgern trägerübergreifend als Komplexleistung erbracht. Budgetfähig sind auch die neben den Leistungen nach Satz 1 erforderlichen Leistungen der Krankenkassen und der Pflegekassen, Leistungen der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können. An die Entscheidung ist der Antragssteller für die Dauer von sechs Monaten gebunden.
§ 17 Abs. 3 Satz 4 SGB IX legt grundsätzlich eine Kostenobergrenze des Gesamtbudgetsiten] fest, um Leistungsausweitungen und damit unkalkulierbare Mehrkosten für den Leistungsträger zu vermeiden. Die Höhe des Gesamtbudgets soll danach im Einzelfall die Kosten aller ohne das Persönliche Budget zu erbringenden, bisher individuell festzustellenden Leistungen nicht überschreiten. Diese Konkretisierung der Reglungen zum Persönlichen Budget im Rahmen der Kodifikation des SGB XII war ein sozialpolitischer Kompromiss. Diese Deckelung war insbesondere für die Sozialhilfeträger aber auch für die gesetzliche Rentenversicherung eine wichtige Voraussetzung zur Vermeidung unkalkulierbarer Mehrkosten, um die Einführung Persönlicher Budgets zu befürworten. Von diesem Grundsatz kann nur in besonders Begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Dies könnte dann der Fall sein, wenn bisher stationär Betreuten nur so ein Umsteigen auf ambulante Betreuung oder Inanspruchnahme des Persönlichen Budgets übergangsweise ermöglicht werden kann (vgl. gesetzesbegründung BD-Drs. 15/1514 S. 72). Zwar wird diese Sollvorschrift von den Leistungsträgern in der Praxis bisher zurückhaltend angewendet, aber das Gesetz sieht diese Ausnahme vor.
In seinem Widerspruch vom 23.07.2012 gegen den Bescheid vom 25.06.2012 rügt Ihr Mandant, dass den Berechnungen des Widerspruchgegners nicht zu entnehmen sei, dass eine Pauschale für die Berufsgenossenschaft und für Regiekosten/Steuerberater einkalkuliert wurde.
Bei Inaugenscheinnahme der in Rede stehenden Kalkulation sind diese Pauschale jedoch eindeutig benannt und erkennbar.
Stimmt. Mein Fehler.
Soweit Ihr Mandant in diesem Widerspruch rügt, dass eine Pauschale für Dienstberatungen nicht zu entnehmen sei, fand eine solche auch keine Berücksichtigung.
Derartige Kosten waren im Rahmen des Persönlichen Budgets in Form des Arbeitgebermodelles nicht zu berücksichtigen, denn zum Zeitpunkt der Entscheidungen hatte Ihr Mandant lediglich 1,5 Arbeitskräfte angestellt. Die Notwendigkeit, Dienstberatungen gesondert zu vergüten, kann hier nicht

Seite 5

gesehen werden bzw. muss eine Vergütung in dieser Konstellation des Arbeitgebermodells vernachlässigt werden.
Natürlich sind Dienstberatungen notwendig! Da sind doch Dienstpläne abzusprechen! Hilfsmittel zu erklären!
für die Frage der Übernahme von Kosten eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Persönlichen Budgets nach § 17 SGB IX kommt es in erster Linie darauf an, ob diese auf einer unabdingbaren arbeitsrechtlichen Verpflichtung Ihres Mandanten als Arbeitgeber beruhen. So hat das LSG NRW in seinem Urteil vom 28.11.2011 - L 20 SO 82/07 - hinsichtlich der Beschäftigung von Assistenzkräften im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in Bezug auf die Anwendung des TVöD ausgeführt, dass eine bloße freiwillige Verpflichtung des Klägers zur Anwendung TVöD mit Abschluss entsprechender schriftlicher Arbeitsverträge im Rahmen des vom Träger zwingend zu beachtenden Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 17 Abs 3 Satz 4 SGB IX keinesfalls eine entsprechende Kostenübernahmepflicht begründen kann. Ihr Mandant ist nicht tarifgebunden (vgl. auch SG Dortmund vom 26.03.2012).
So besteht auch kein gesetzliches Erfordernis Feiertagszuschläge zu gewähren (vgl. BAG Urteil vom 11.01.2006 - 5 AZR 97/05).
Im Weiteren richtet sich der Widerspruch Ihres Mandanten vom 23.07.2012 gegen die Zahlung eines gekürzten Pflegegeldes.
§ 66 Abs. 2 SGB XII sieht ausdrücklich die Gewährung von Sach- und Geldleistungen neben einander vor, wenn die jeweiligen Voraussetzungen gegeben sind. Allerdings kann das Pflegegeld nach § 64 SGB XII in diesen Fällen bis zu 2/3 gekürzt werden.
In welchem Umfang eine Kürzung vorzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Auf Grund der Komplexität der jeweils der Leistungsgewährung zugrunde liegenden Sachverhalte ist die Vorgabe genereller Kriterien für eine Leistungskürzung nicht möglich. Einzelne Aspekte, die bei der Entscheidung zu berücksichtigen sein können, sind beispielsweise:
ergänzendes Pflegegeld ist notwendig, um die Pflegebereitschaft von Angehörigen, Bekannten und Nachbarn, die ergänzend zu dem über Sachleistungen abgedeckten Bedarf tätig sind, aufrecht zu erhalten. Es dient der Finanzierung kleiner Geschenke und Aufmerksamkeiten (ohne Entgeltcharakter), um dadurch die soziale Betreuung, die Teilnahme am kulturellen Leben etc. aufrechterhalten zu können, z.B. Hilfestellung beim Ausführen von Hunden, Besorgen von Lektüre, Begleitung bei Spaziergängen/-fahrten, zum Frisör etc.).
Die Formulierung "kann" und "bis zu" beinhaltet gleichzeitig, dass in begründeten Fällen eine Kürzung auch im geringerem Umfang vorgenommen werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Pflegebedürftige derartige finanzielle Mittel wegen besonderer zusätzlicher Belastung benötigt. Diese können z.B. entstehen durch Aufwendungsersatz für ehrenamtliche Hilfestellungen (soweit nicht durch § 65 Abs. 1 SGB XII abgedeckt) ohne Entgeltcharakter oder zusätzlichen Wäschebedarf.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass derartige Aufwendungen zunächst aus dem verbleibenden Mindestbetrag zu bestreiten sind. Eine Kürzung in geringerem Umfang kommt dann in Betracht, wenn dieser Betrag als nicht ausreichend angesehen werden muss.
Werden neben dem Pflegegeld Leistungen nach § 65 SGB XII oder gleichartige Leistungen gewährt, ist die Kürzung des Pflegegeldes um höchstens zwei Drittel in das pflichtgemäße Ermessen des Trägers der Sozialhilfe gestellt. Ein Drittel des Pflegegeldes muss dem Pflegebedürftigen zur Erhaltung der Pflegebereitschaft Dritter zur Verfügung stehen.
Will der Pflegebedürftige keine Angaben über die zweckentsprechende Verwendung des Pflegegeldes machen bzw. ist offensichtlich zu einer entsprechenden Verwendung nicht in der Lage, entfällt mangels Erfüllbarkeit der Voraussetzungen des § 64 Abs. 5 SGB XII der Anspruch auf ein Restpflegegeld.
Ich finde das widerlich.

Seite 6

Den Vorträgen Ihres Mandanten war in der Vergangenheit zu entnehmen, dass er Hilfestellungen von Familienmitgliedern und Nachbarn in Anspruch nimmt, so dass grundsätzlich davon auszugehen war, dass ein Anspruch auf die Gewährung des gekürzten Pflegegeldes bestand.
Häh?? Einen Anspruch auf das gekürzte Pflegegeld habe ich doch immer und auf jeden Fall! Dann ist das doch hier eine Null-Aussage!!
Andererseits konnte und wollte Ihr Mandant in der Vergangenheit keine Angaben über die zweckentsprechende Verwendung des Pflegegeldes machen, so dass der Widerspruchsgegner zu Recht eine Kürzung um zwei Drittel vornahm.
Unfaßbar! Erst hat das Amt keine Ahnung von diesem Pflegegeld nach SGB XII und ich (!) mußte sie darauf aufmerksam machen. Des weiteren ist dem Gesetz an keiner Stelle zu entnehmen, daß da etwas nachzuweisen ist. Es ist doch genau (!) dafür da: unvorhersehbare Bedarfe! Und die sind prinzipbedingt nicht nachweisbar! (Z.B. eine Tafel Schokolade zum Dank an die Nachbarin, weil sie Nothilfe geleistet hat. Soll ich mir da von ihr eine Quittung ausstellen lassen??) Und letztlich: Das Amt hat NIE (weder mündlich noch schriftlich) eine Nachweisführung dieses Pflegegeldes verlangt!
Der Widerspruch W 337/12 vom 24.10.2012 richtet sich gegen den Bescheid vom 20.09.2012 mit dem ein persönliches Budget in Höhe von monatlich 2.373,14 € (zzgl. des Pflegegeldes nach dem SGB XII in Höhe von 233,33 € und des Pflegegeldes nach dem SGB XI in Höhe von monatlich 700,00 €) für den Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.10.2012 gewährt wurde. In diesem Zeitraum stand Ihrem Mandanten demnach ein Persönliches Budget in Höhe von insgesamt 3.306,47 € zur Verfügung.
Es wird ja immer unfaßbarer! Seit wann geht denn das Pflegegeld nach SGB XII in das Budget ein! Es wird doch genau dann erteilt, wenn das Pflegegeld nach SGB XI in das Budget aufgeht und damit dem Pflegebedürftigen eben nicht mehr zur Verfügung steht! Ah...!!
Ihre Widerspruchsbegründung vom 28.03.2013 stellt auf die aktuelle Lebenssituation Ihres Mandanten ab.
In der dargestellten Bedarfssituation befindet sich Ihr Mandant jedoch frühestens seit März bzw. April 2013.
Seit 1. Juli 2011 habe ich die Pflegestufe 3. Diese Pflegestufe erhält mensch nur dann, wenn auch nächtlicher Pflegebedarf besteht!
Und im Übrigen ging schon mein Antrag 2011 über knapp 17 Stunden Hilfebedarf und diese Stundenzahl war exakt belegt: Mein_Hilfebedarf
Da mit Bescheid vom 25.06.2012 aber ein Persönliches Budget für den Zeitraum vom 01.08.2012 bis zum 31.07.2013 bewilligt worden war, ist im Rahmen der Bearbeitung des Widerspruches vom 23.07.2012 auch der Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.07.2013 zu prüfen, denn der Bescheid vom 25.06.2012 wurde durch den Widerspruchsgegner zu keinem Zeitpunkt aufgehoben.
Im Ergebnis der Prüfung des Zeitraumes vom 01.11.2012 bis 31.07.2013 ist festzustellen, daß sich dieser Zeitraum sachverhaltsbedingt in Zeiten vom November 2012 bis Februar 2013 und März 2013 bis Mai zu unterteilen wäre.
In dem Zeitraum von November 2012 bis Februar 2013 wurde die Assistenz Ihres Mandanten arbeitsvertraglich mit zwei Arbeitsverträgen geregelt.
Dem Widerspruchsgegner liegt ein Arbeitsvertrag mit der Angestellten Frau W. vom 01.02.2012 über eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und ein Bruttogehalt in Höhe von monatlich 1.162,50 € vor.
Ein zweiter Arbeitsvertrag wurde am 01.02.2012 mit Frau B. über eine wöchentliche Arbeitszeit im Umfang von 12,5 Stunden und einem Nettolohn in Höhe von 350,00 € geschlossen.
Weitere Arbeitsverträge wurden erst im März bzw. April 2013 abgeschlossen.
Da Ihrem Mandanten in dem Zeitraum vom 01.11.2012 bis 28.02.2013 monatlich ein Persönliches Budget in Höhe von 2.704,65 €
Krass. Diese Summe ergibt sich wenn die o.g. 2.373,14 € mit dem Pflegegeld nach SGB XII in Höhe von 233,33 € addiert werden. Was ist denn das? Das Pflegegeld nach SGB XII wird angerechnet, aber das Pflegegeld nach SGB XI nicht??
zur Verfügung stand, ist davon auszugehen, dass sein Assistenzbedarf ausreichend gedeckt war.
In der Tat sind damals keine Schulden aufgelaufen. ABER: Frau W. hat ohne Ende Überstunden gemacht! Denn das ging doch gar nicht anders, der nächtliche Hilfebedarf bestand doch, und wie sollte das anders als mit Überstunden gedeckt werden? Ich hatte doch nur ca. 10 h Assistenz täglich!
Im März und April 2013 schloss Ihr Mandant Arbeitsverträge mit seinen Angestellten und Änderungsverträge mit seinen angestellten Assistenten Frau W. (Änderungsvertrag), Herrn W., Herrn H., Herrn P., Herrn S., Herrn B. und Frau B. (Änderungsvertrag) ab.
In diesen Arbeitsverträgen wurde jeweils die Zahlung eines Bruttogehaltes vereinbart.
In den Monaten Juni und Juli 2013 gewährte der Widerspruchsgegner Ihrem Mandanten auf Grund des Zwischenvergleichs vom 31.05.2013 Leistungen in Höhe von 5.750,00 € monatlich.
Über den Leistungszeitraum ab dem 01.08.2013 hat der Widerspruchsgegner noch nicht entschieden.

Seite 7

Soweit im der Vergangenheit vorgetragen wurde, das Ihr Mandant Schulden bei der Krankenkasse, dem Finanzamt sowie Privatpersonen und seinen Assistenten hätte, erfolgten hierzu trotz wiederholter Aufforderung keinerlei Nachweisführungen.
Mein Budget in Größenordnungen zu gering ausstatten trotz eines Bedarfes von 24 Stunden und sich dann wundern, daß Schulden auflaufen, ist sehr faszinierend! Und was die "wiederholten Aufforderungen" angeht: Ich weiß von keiner einzigen!
Auch ist die zweckentsprechende Verwendung des persönlichen Budgets nach wie vor nicht schlüssig dargelegt.
Ich habe meine Buchhaltung vollständig vorgelegt, da ist kein einziger Euro nicht nachgewiesen. Nach dem die LH damit nicht klarkam, hat mein Buchhalter alles neugebucht und nach den üblichen Buchhaltungsstandards eine vollständige Abrechnung vorgelegt. Was bitte, soll ich denn noch tun?? Ich habe das Gefühl, daß die LH gar nicht WILL und deswegen alles falsch aus deren Sicht ist.
So hat Ihr Mandant bspw. Arbeitsverträge für Angestelltenverhältnisse abgeschlossen, zahlte seinen Assistenten jedoch Honorare in nicht nachvollziehbarer Höhe.
?
Unstimmig sind auch die arbeitsvertraglich geregelten Bruttogehälter und die Lohnabrechnungen in Bezug auf die Höhe des Bruttogehaltes.
?
In Bezug auf die Lohnabrechnungen stellt sich dann wieder die Frage, warum Assistenten angestellt wurden und Lohnabrechnungen vorgenommen werden, wenn Honorarzahlungen in unterschiedlichster Höhe erfolgen.
Zum einen waren/sind Honorare noch offen von früher. Zum anderen werden meine Angestellten, z.T. sehr kurzfristig, krank. Und dann muß ich auf Honorarkräfte ausweichen! So sind z.Zt. drei Angestellte krank und ein weiterer im Urlaub. Ohne Honorarkräfte würde ich verrecken!
In der Verwaltungsakte des Widerspruchsgegner liegen diverse Arbeitsverträge vor, mit denen Ihr Mandant Arbeitnehmer angestellt hat. Mit Schreiben vom 28.02.2013 wurde mitgeteilt, dass es sich hierbei um Honorarkräfte Handelt, wobei dem Widerspruchsgegner bis zum heutigen Tage kein einziger Honorarvertrag vorgelegt wurde.
In dem Schreiben vom 28.02.2013 werden zudem Honorarkräfte erstmalig benannt.
Wo ist da das Problem? Es ist doch egal, ob A oder B das Honorar erhält! Hauptsache, die Arbeit (Assistenz) wird erledigt!
So liegen dem Widerspruchsgegner weder Arbeits- noch Honorarverträge mit KW, CL und MG vor (Aufzählung nur beispielhaft).
Soweit farbige, listenförmige Aufzählungen übersandt wurden, dienen diese nicht einer Sachverhaltsaufklärung in Bezug auf die zweckentsprechende Verwendung des Persönlichen Budgets, denn die dort dargestellten Geldtransfers sind weder in den vorliegenden Kontoauszügen nachvollziehbar noch stimmen sie mit den Geldein und -abgängen des Budgetkontos überein.
Nur ein Beispiel: weil damals das Pflegegeld nach SGB XI (700,00 €) meinem Privatkonto zuging, aber dem "Budget" gehörte; das Pflegegeld nach SGB XII (233,33 €) dem Geschäftskonto zuging, aber dem Privatkonto zuzurechnen war, habe ich die rechnerische Differenz (700-233,33=466,67) von meinem Privatkonto auf das Geschäftskonto überwiesen. Und diesen Vorgang kann das Amt nicht nachvollziehen!!
Schlüssige und nachvollziehbare Dienstpläne und Nachweise über die zweckentsprechende Mittelverwendung für den streitgegenständlichen Zeitraum liegen dem Widerspruchsgegner noch immer nicht oder nur teilweise vor.
Dienstpläne habe ich natürlich! Und sie liegen allen Leuten vor. Siehe: Dienstplan_Oliver Ich wußte ja nicht, daß für Dienstpläne irgendeine Form vorgeschrieben ist!! Oder?? Und die Mittelverwendung ist vollständig belegt, alle Belege sind da; wer jetzt nicht sieht, WILL möglicherweise gar nicht sehen. :-(
Bei Betrachtung der einzelnen Problemlagen und auch in der Gesamtschau der streitgegenständlichen Zeiträume der bei den Widerspruchsverfahren sind die Widersprüche vollständig zurückzuweisen, denn es ist davon auszugehen, dass Ihr Mandant mit den ihm zur Verfügung stehenden Leistungen seinen Bedarf an Assistenz in der Vergangenheit decken konnte.
Gegenteiliges ist nicht nachgewiesen, noch sonst dargetan oder erkennbar, weshalb Leistungen für die Vergangenheit nicht mehr zu erbringen sind.
Über den Leistungszeitraum ab dem 01.08.2013 hat der Widerspruchsgegner noch nicht entschieden, wobei diese Entscheidung zeitnah nachzuholen ist.
Es wird hierfür dringend empfohlen, darzulegen, welche Assistenzkräfte von Ihrem Mandanten in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt werden und welche Assistenten aus Honorarbasis bei Ihrem Mandanten arbeiten. Fehlende Arbeits- bzw. Honorarverträge sollten nachgereicht werden.
Ich begreife es nicht: Was tut es zur Sache, ob Angestelltenverhältnis oder Honorarverhältnis vorliegt?!?
Assistenzverhältnisse SIND doch flexibel! Und wenn Krankheit vorliegt, wie jetzt (28.11.13) da drei Angestellte krank sind, gibt es durchaus - und zu meinem Glück! - neue Assistent*inn*en mit neuen Verträgen. Aber, nagut, den augenblicklichen Status kann die LH natürlich haben. Jederzeit!
Die Umsetzung eines Persönlichen Budgets in Form des Arbeitgebermodells ist dem Widerspruchgegners (so im Original) in allen Punkten vollumfänglich, schlüssig und nachvollziehbar darzulegen.
Bei der bestehenden Sach - und Rechtslage musste beiden Widersprüchen der Erfolg versagt bleiben.
Vor Erlass dieses Widerspruchsbescheides wurden gemäß §116 SGB XII sozial erfahrene Personen beratend beteiligt.
'Jetzt frage ich mich aber: Was sind sozial erfahrene Personen?

Seite 8

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 64 Abs. 1 SGB X.
Für diesen Widerspruchsbescheid werden gemäß § 64 Abs. 1 SGB X keine Verwaltungsgebühren erhoben.
Aufwendungen Verfahrensbeteiligter sind gemäß § 63 SGB X nicht erstattungsfähig.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Bescheide des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Potsdam, Fachbereich Soziales, Gesundheit und Umwelt - Bereich Gesundheitssoziale Dienste - vom 25.06.2012 und 20.09.2012 kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides Klage beim Sozialgericht Potsdam, Rubensstraße 8, 14467 Potsdam erhoben werden.
Die Klage soll den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen.


Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. M
Arbeitsgruppenleiterin
Arbeitsgruppe Vertragsmanagement/Rechtsangelegenheiten
Meine Werkzeuge
Namensräume

Varianten
Aktionen
Navigation
Werkzeuge