Schriftsatz der Gegenseite vom 06.05.13
Rechtsanwälte
A., S.
Unser Zeichen 02 111018 - A
06.05.2013
Amtsgericht Potsdam
Hegelallee 8
14467 Potsdam
24 C 221/12
In der Sache
J. C.
/RAe A. & S./
gegen
Oliver Lenz
/RAin Damrow/
nehme ich für den Kläger Stellung zum bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme.
1. Eigenbedarf
Der Eigenbedarf des Klägers dürfte nach der Aussage der Zeugin H. offensichtlich sein. Der Kläger bewohnt zZt. mit seiner Familie provisorisch 2 Räume in seinem Berliner Büro und lebt dort praktisch auf Kisten und Kasten. Er ist dringend auf die streitgegenständliche Wohnung angewiesen.
2. Keine nicht zu rechtfertigende Härte
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Die Wohnung ist grundsätzlich nicht für den Beklagten geeignet. Sie befindet sich im 3. Obergeschoss eines Hauses ohne Aufzug. Der Beklagte kann die Wohnung daher allein nicht erreichen oder verlassen.
Innerhalb der Wohnung befindet sich mindestens eine für den Beklagten unüberwindbare zweistufige Treppe zwischen dem Wohnzimmer und der übrigen Wohnung.
Die Kinder des Beklagten können den Beklagten selbstverständlich auch in einer anderen Wohnung besuchen, insbesondere auch freitags und samstags. Isabelle ist im Juli 2002 geboren, also fas fas im Original 11 Jahre alt. A. ist im Dezember 1998 geboren und jetzt ca. 14 1/2 Jahre alt. Wie die Zeugin D. bekundet hat - und auch zu erwarten ist - bewegen sich die Kinder selbstständig in der Stadt. Ihre Wohnung (K.str.) befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den Bahnhöfen Potsdam Charlottenhof und Potsdam Hauptbahnhof. Von hier aus können sie den Beklagten an praktisch jedem Ort in und um Berlin und Potsdam schnell erreichen, falls das nicht ohnehin wie bisher mit dem Fahrrad möglich ist. Folgende Verkehrsmittel stehen den Kindern des Beklagten unter anderem zur Verfügung:
- Buslinien 580, 605, 606, 610, 631, X5, X15;
- Tramlinien 91, 94, 98;
- S-Bahn S7;
- diverse Regionalbahnen RB20, RB21, RB22, BJB23, RE1 :
- diverse Fernbahnen.
Als falsch oder jedenfalls unerheblich hat sich die Behauptung des Beklagten erwiesen, seine Kinder könnten ihn regelmäßig besuchen (Schriftsatz vom 28.06.2012), soweit weitere regelmäßige Besuche als freitags oder samstags gemeint sein sollten.
Ob der Beklagte von seiner künftigen Wohnung aus Dritte besuchen will oder kann, ist vorliegend unerheblich; denn er hat bisher schon keine Besuche von der streitgegenständlichen Wohnung aus vorgenommen.
Entscheidend ist der Umstand, dass der Beklagte aufgrund des ausgezeichneten OPNV-Netzes in jeder anderen Wohnung im Großraum Berlin von seinen Angehörigen und Freunden besucht werden könnte. Das gilt insbesondere auch für die beiden o.g. Kinder, die sich gerade in einem Alter befinden, in dem aufgeweckte Kinder selbstständig die ihnen zur Verfügung stehenden öffentlichen Verkehrsmittel entdecken und auch nutzen.
Der 22-jährige Sohn des Beklagten, H., kommt nur noch gelegentlich zum Beklagten. Er wohnt in L. Es ist daher vom Reiseaufwand her völlig gleichgültig, ob er seinen Vater in Potsdam oder anderswo im Großraum Berlin besucht.
Die Beendigung des Mietverhältnisses stellt keine nicht zu rechtfertigende Härte für den Beklagten.
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Der Zeuge H. hat darüber hinaus eingeräumt, dass er nicht beim Beklagten übernachtet, sondern bei seiner Mutter. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es gleichgültig, in welcher Wohnung der Beklagte lebt.
Es wird bestritten, dass der Assistent oder die Assistentin in der Wohnung übernachten. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass der Beklagte sich - nach seinem Vorbringen, mehrfach hat von Nachbarn helfen lassen. Das wäre nicht nötig gewesen, wenn ein Assistent bei ihm übernachtet hätte.
- In der Tat: Früher mußten die Assistenten nicht bei mir übernachten. Mittlerweile ist die Krankheit aber fortgeschritten. *staun*
Das Nachbarn und auch die Mutter des Beklagten ggf. helfen können, mag sein. Derartige Hilfe ist allerdings auch anderswo zu erwarten.
- Ach. Gibt es da nicht Gegenbeispiele?? Mir ist ein Fall bekannt, wo in Berlin ein Rollstuhlfahrer in seiner Wohnung verstorben ist, weil er keine Hilfe erhielt!
Das gilt erst recht unter dem Gesichtspunkt, das der Beklagte offensichtlich sehr gut mit anderen Personen, z.B. seine Nachbarn, kommuniziert, sei es persönlich, telefonisch oder per Internet (siehe seine Homepage unter www.cvo6.de).
Die Zeugin F. hat eingeräumt, dass sie sich in letzter Zeit wegen ihres Studiums weniger um den Beklagten kümmert. Es liegt auf der Hand, dass sie ihren Vater ohne weiteres auch in einer anderen Wohnung besuchen könnte.
- Der Zusammenhang erschließt sich mir nicht.
Sowohl die Zeugin F. als auch der Zeuge H. haben hervorgehoben, dass die Wohnung von einer zweistufigen Treppe geteilt wird, die der Beklagte ohne fremde Hilfe nicht überwinden kann.
- Ich kann nicht mal 5 Meter ohne fremde Hilfe überwinden! Was soll da der Verweis auf diese Stufen? Hilfe benötige ich doch immer! Und wenn ich Hilfe habe, kann ich sehr wohl die Stufen überwinden. Wie gesagt: Die Hilfe brauche ich eh.
Derartige Stufen sind innerhalb von Mietswohnungen ausgesprochen selten. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Beklagte in einer anderen Wohnung nicht durch solche Stufen an der Nutzung des Wohnzimmers bzw. der übrigen Räume gehindert wird.
Die Zeugin F. wohnt ihrer Bekundung nach beim Hauptbahnhof Potsdam. Auch ihr stehen somit alle die öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung, die oben auf S. 2 aufgelistet sind, um den Beklagten ggf. in einer anderen Wohnung zu besuchen.
Die nachbarliche Hilfe, die die Zeugin M. schildert, ist zwar lobenswert, aber im Grunde eine Selbstverständlichkeit. Hätte die Zeugin nicht geholfen, hätte sie sich womöglich der unterlassenen Hilfeleistung nach § 323 c StGB schuldig gemacht. Das würde auch für jeden anderen Nachbarn in einem anderen Hause gelten, sodass dieser Vorfall nicht für ein besonders hervorzuhebendes gutes nachbarschaftliches Verhältnis spricht, das der Beklagte nur in der streitgegenständlichen Wohnung erwarten kann.
Das würde für die übrigen Nachbarn ebenso gelten, über deren Verhältnis zum beklagten klein im Original jedoch nichts Konkretes ausgesagt worden ist.
Es kann nach allem nicht die Rede davon sein, dass der Beklagte schon deshalb auf die streitgegenständliche Wohnung angewiesen sei, weil er von einem auf diese Wohnung fixierten "Betreungsnetzwerk" umgeben wäre. Ein solches Netzwerk gibt es nicht,
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wie die Beweisaufnahme ergeben hat. Der Beklagte würde die gleiche Betreuung auch in einer anderen Wohnung bekommen.
Hinzu kommt, dass der Beklagte sich trotz seiner überdurchschnittlichen Kommunikationsfähigkeiten nicht ernsthaft um Ersatzwohnraum bemüht hat. Hierzu hatte er seit Zugang der Kündigung vom 01.07.2011 mehr als ausreichend Zeit, bis jetzt immerhin mehr als 22 Monate.
Die Kündigung wird im übrigen ergänzend gestützt auf das Schreiben des Hausverwalters aus
Daraus ergibt sich, dass der Beklagte mit seinem Treppensteiger bereits mehrfach die Treppenstufen sowohl im Treppenhaus als auch im Flurbereich beschädigt hat. Nach dem Vortrag des Beklagten ist er auf den Treppensteiger angewiesen. Es ist daher zu befurchten, dass es auch in Zukunft zwangsläufig zu solchen Beschädigungen der Treppen kommen muss, wenn der Beklagte weiterhin die streitgegenständliche Wohnung im 3. Stock bewohnt. Hierdurch würde dem Kläger ein erheblicher Schaden dadurch entstehen, dass er von der WEG mit den Reparaturkosten belastet wird, deren Erstattung durch den Beklagten nach dessen eigenen Vortrag ausgeschlossen erscheint.
Nach allem ist die Beendigung des Mietverhältnisses keine nicht zu rechtfertigende Härte für den Beklagten.
3. Fazit
Die Kündigung hat das Mietverhältnis daher zum 31.03.2012 wirksam beendet. Die beklagten sind zur Räumung zu verurteilen.
A.
Rechtsanwalt