Begruendung der Klageerwiderung

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Der Kündigungsgrund . Wunsch des Umzugs nach Berlin . kann mit der Kündigung nicht
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Der Kündigungsgrund "Wunsch des Umzugs nach Berlin" kann mit der Kündigung nicht
 
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Version vom 25. August 2012, 01:36 Uhr

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Katja Damrow
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Amtsgericht Potsdam
Hegelallee 8
14467 Potsdam


28. Juni 2012

Aktenzeichen: 24 C 221/12 Unser Zeichen: 697/12

In der Sache

Lenz ./. C.

begründe ich die Klageerwiderung wie folgt:

Zunächst erlaube ich mir den Hinweis, dass Frau [] L[] nicht in der Wohnung wohnt. Ausweislich der Klage weiß der Kläger das. Die Klage wurde der Beklagten zu 2) nicht zugestellt.

Zwischenzeitlich hat der Beklagte die Klage überreicht, sie hat sie zur Kenntnis genommen. Sie bat mich ebenfalls um Vertretung. Hiermit zeige ich die Vertretung beider Beklagten an und beantrage, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wohnt seit 1990 in der Wohnung.

Der Kläger ist Inhaber einer Firma, die vorwiegend für Kunden Immobilienobjekte als Geldanlage kauft. Im Fokus stehen dabei "unterbewertete Immobilien" im Raum Berlin.

Beweis: Augenscheinnahme der Internetseite www.jci-online.de

Ich behaupte, dass der Kläger die Wohnung des Beklagten ausschließlich zum Zwecke der Kapitalanlage oder des Weiterverkaufs erworben hat.

In seinem Portfolio erklärt der Kläger, dass er u. a. die Wohnung des Beklagten zum Zwecke des Investments erworben hat.

Beweis: Augenscheinnahme der Internetseite www.[...].de Ausdruck der entsprechenden Seite als Screenshot . Anlage B 1 -

Er legte dabei Wert auf Wertsteigerungsmöglichkeiten des Objekts.

Beweis: Augenscheinnahme der Internetseite www.[...].de Ausdruck der entsprechenden Seite als Screenshot . Anlage B 1 -

Der Beklagte steht dem Kläger aufgrund der geringen Miete bei der Wertsteigerung im Weg. Deshalb versucht der Kläger, den Beklagten zu kündigen.

Ich gehe davon, dass der Kläger die Wohnung ohne Mieter verkaufen möchte.

Ich bestreite, dass der Kläger in die Wohnung des Beklagten einziehen möchte.

Ich bestreite mit Nichtwissen, dass der Kläger mit Frau O. H. zusammen in die Wohnung ziehen möchte.

Ich bestreite mit Nichtwissen, dass M. C. das gemeinsame Kind des Klägers und Frau H.s ist.

Der Kläger gibt an, dass er nach Berlin ziehen möchte. Das war auch der Grund in der Kündigung an den Beklagten.

Wenn der Beklagte aus der Wohnung auszieht, hat der Kläger weiterhin keine Wohnung in Berlin. Der Beklagte wohnt in Potsdam. Potsdam ist die Landeshauptstadt von Brandenburg und kein Teil von Berlin.

Der Kündigungsgrund "Wunsch des Umzugs nach Berlin" kann mit der Kündigung nicht erreicht werden.

Zum Widerspruch:

Der Beklagte leidet unter Primär Progredienter Multipler Sklerose.

Beweis: ärztlicher Diagnose . Anlage B 2 -

Die Krankheit wurde 2001 beim Beklagte diagnostiziert. Diese Form der Multiplen Sklerose unterscheidet sich vom bekannten Verlauf der Krankheit derart, dass die Symptome nicht in Schüben auftauchen, sondern stetig schlimmer werden. Die Prognose einer Primär Chronisch Progredienten Multiplen Sklerose ist schlechter als bei der gewöhnlichen Verlaufsform von MS.

Der Beklagte ist mittlerweile zu 100% körperbehindert, hat die Pflegestufe III sowie die Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert), B (Begleitung erforderlich), H (hilflos) und RF (rundfunkgebührenbefreit).

Beweis: Schreiben des Versorgungsamtes vom 16.11.2011 . wird im Bestreitensfall vorgelegt

Der Beklagte hat entgegen der Behauptung in der Klage keinen Pflegedienst, der ihn versorgt. Momentan lebt er mit einem .Persönlichen Budget.. Er hat am 18.07.2011 16 h Assistenz täglich beantragt. Am 29.05.2012 wurden ihm von der Stadt Potsdam 8 h täglich genehmigt.

Damit kann er notdürftig und eher schlecht als recht leben, die restlichen Stunden werden von Familie und Freunden ehrenamtlich gedeckt. Es ist beabsichtigt, die Assistenz auch für die Nacht zu beantragen, denn wie schon die Pflegestufe 3 aussagt, besteht auch nachts Pflegebedarf.

Der Beklagte kann sich allein nicht bewegen. Der Rollstuhl kann nur mit Hilfe einer anderen Person bewegt werden.

Die Wohnung ist behindertengerecht: Die Türen sind ausreichend breit für einen Rollstuhl. Es gibt keine Schwellen in der Wohnung.

Einzige Ausnahme ist der größere Raum, der nach der Sanierung der Wohnung hinzugenommen wurde. Hier führen zwei Treppenstufen hin. Diese Treppenstufen bilden jedoch keinen Unterschied, weil der Beklagte sich allein in keinen Raum bewegen könnte. Er ist stets auf Hilfe angewiesen. Für die Hilfe sind die zwei Treppenstufen kein Problem, sie können mit dem Rollstuhl überwunden werden. Hier hätte auch eine Schräge eingebaut werden können, die der Rollstuhl überwinden kann. Diese ist aber nicht nötig.

Die Lage der Wohnung im 3. OG steht der Nutzbarkeit nicht im Wege. Der Beklagte hat eine sogenannte Treppenraupe, die es ihm ermöglicht, mit dem Rollstuhl die Treppen zu überwinden. Das Gericht kann sich unter http://www.youtube.com/watch?v=B9-gvEoHiOI einen Eindruck von der Treppenraupe und der Situation im Hausflur verschaffen.

Der größere Raum in der Wohnung dient dem gesellschaftlichen Leben des Beklagten. Aufgrund seiner eingeschränkten Beweglichkeit finden Vereinsversammlungen, Spieleabende und sonstige gesellschaftliche Zusammenkünfte in der Wohnung des Beklagten statt. Das führt dazu, dass der Beklagte trotz seiner Krankheit nicht sozial verarmt.

Der Beklagte hat vier Kinder.

Seine zwei minderj�hrigen Kinder (geboren 1998 und 2002), f�r die er das Sorgerecht hat, schlafen regelm��ig bei ihm (in der Schulzeit jeden Freitag zu Samstag). Ansonsten wohnen sie einige Stra�en weiter (Kantstra�e 11b) und k�nnen so ihren Vater regelm��ig besuchen. Der Beklagte ist k�rperlich nicht in der Lage, seine Kinder zu besuchen. Sie wohnen im 2. OG und das Haus hat ein derart enges Treppenhaus, dass die Treppenraupe dort nicht eingesetzt werden kann. Das Bad ist so eng, dass der Beklagte nicht an das WC-Becken gelangt.

Beweis: Zeugnis M. D. Kantstraße 11 b in 14471 Potsdam

Frau D. ist die Mutter der Kinder

Die erwachsenen Kinder des Beklagten (21 und 23) kommen regelm��ig und helfen dem Beklagten.

Beweis: Zeugnis von H. und F. Lenz, zu laden �ber die Beklagten

Die Mutter des Beklagten wohnt ebenfalls in der N�he (Zeppelinstra�e 170). Sie hilft regelm��ig und kann in Notf�llen sehr schnell vor Ort sein.

Beweis: Zeugnis Frau L., zu laden �ber die Beklagten

Die Nachbarn kennen die Situation des Beklagten und bilden daher eine Art Notfallnetz. Beispiel: Am 18.02.2012 war der Beklagte allein. Er beugte sich im Rollstuhl herab, um etwas aufzuheben. Er war nicht mehr in der Lage, sich aufzurichten, konnte aber aufgrund der Kniest�tzen auch nicht aus dem Rollstuhl heraus. Er rief solange um Hilfe, bis die Nachbarin E. M. dies h�rt und ihn erl�st.

Beweis: Zeugnis E. M., Carl-von-Ossietzky-Stra�e 6, 14471 Potsdam

Er ist derart in das soziale Umfeld eingebunden, dass ein Umzug bedeuten w�rde, dass er nicht mehr so gut versorgt ist. Es fielen die Hilfen aus der mittelbaren und unmittelbaren Umgebung weg.

Der Beklagte ben�tigt weiterhin ein Zimmer, in dem Assistenten schlagen k�nnen. Sp�testens, wenn er eine Assistenz f�r 24 Stunden ben�tigt, ist ein Schlafplatz f�r den Assistenten notwendig.

Aufgrund der Leerstandsquote in Potsdam in H�he von ca. 1,1 % ist es dem Beklagten nahezu unm�glich, eine neue Wohnung zu finden, die eine �hnliche Struktur gew�hrleistet.

Abgesehen davon w�re eine neue Wohnung bedeutend kleiner, so dass weder seine Kinder bei ihm schlafen k�nnten, noch ein Raum f�r gesellschaftliches Leben zur Verf�gung st�nde.

Zudem h�tte der Beklagte Probleme, seine technischen Ger�te unterzubringen. Er hat und ben�tigt regelm��ig:

  • zwei Rollst�hle, davon ein sog. "Stehrollstuhl"
  • Personenlifter (Aufrichtlifter)
  • Treppenraupe
  • Toilettenstuhl
  • Bewegungstherapieger�t

Dem Gericht d�rfte aus seiner Praxis hinl�nglich bekannt sein, dass Wohnungen f�r ca. 400 . warm sehr klein sind und h�chstens an den Randgebieten Potsdams, nicht aber in Potsdam West zu bekommen sind.

Der Beklagte wird in ca. 2 . 4 Jahren bettl�gerig sein. Bis dahin kann er nicht aus seinem sozialen Umfeld gerissen werden, welches ihm ein ertr�gliches Ma� an normalen Leben erm�glicht. Inwieweit ein Umzug im Falle der Bettl�gerigkeit zumutbar ist, m�sste dann entschieden werden.

Nach Kenntnis des Beklagten ist der Kl�ger der erste, der die Wohnung nach der Begr�ndung des Sondereigentums kaufte. Wir bitten darum, dass er den Kaufvertrag vorlegt, damit der Beklagten pr�fen kann, ob er sein Recht nach � 577 BGB auf Vorkauf geltend machen kann.

Ich stelle zu.

Katja Damrow

Rechtsanw�ltin

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