Aenderungsantrag vom 29.7.2012

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Oliver Lenz								Potsdam, 28.7.2012
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Inhaltsverzeichnis

Änderungsantrag „Persönliches Budget als Arbeitgebermodell“

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine mir genehmigten Stunden genügen nicht. Ich kann mir nicht ausreichend Leistungen einkaufen. Und da ich mit den mir genehmigten acht Stunden 24 h überstehen muß, muß ich immer wieder _einzelne_ Stunden "einkaufen". Bei Honorarkräften mag das unter bestimmten Bedingungen (falls es z. B. Nachbarn sind) noch angehen, aber bei Festangestellten ist das unzumutbar!! Am 20.07.12 war mein Budget bis auf 200 EUR bereits erschöpft. Ich muß aber für das zweite Vierteljahr noch 640 EUR Lohnsteuer überweisen. Und ich habe noch keinerlei Rücklagen für Krankheit meiner Mitarbeiterin bilden können! Wie soll ich jetzt den Rest des Monats überleben? Dabei weiß ich, daß ich diesen Monat ganz gewiß nicht "gut" gelebt, sondern nur meine Existenz gesichert habe. Dabei ist das "Budget" dazu da, mir eine gewisse Lebensqualität zu sichern, und nicht nur das blanke Überleben! :-(

Woher weiß ich das? Im Gesetz steht:

  • SGB IX, §10: ... Die Leistungen werden ... darauf ausgerichtet, den Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls die den Zielen der §§ 1 und 4 Abs. 1 entsprechende umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zügig, wirksam, wirtschaftlich und auf Dauer zu ermöglichen. ...
  • SGB IX, §1: Behinderte ... Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.
  • SGB IX, §4, Abs. 1: (1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, ... um 1. die Behinderung ... zu mindern, ... oder ihre Folgen zu mildern, ..., 4. die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Hiermit beantrage ich Assistenz rund um die Uhr (24h-Assistenz). Z. B. in Berlin wird in ähnlich gelagerten Fällen das bezahlt. Siehe z. B.: http://www.assistenz.org/jobs/stellenangebote-berlin.html Es kann ja wohl nicht sein, daß ich nur auf Grund meines Wohnortes um soviel schlechter gestellt werde.

Weiterhin beantrage ich die "Kosten für die Begleitperson" gemäß § 22 der Eingliederungshilfeverordnung. Und zwar in Höhe von 50 EUR/Woche, das sind pro Jahr 52x50=2.600 EUR, pro Monat 216,67 EUR.

Ich möchte darauf verweisen, daß ich wöchentlich 5 Stunden zum Besuch von Therapien benötige. Diese Zeit ist bisher nicht in meinem Budget enthalten; aber ich benötige sie doch dringend! Ich habe versucht, mit dem Budget zu leben. Es geht nicht! Hinzu kommt, daß sich mein körperlicher Zustand seit dem Jahr, als ich schon damals fundiert 16 h Assistenz beantragte, wesentlich verschlechtert hat. Ich benötige mittlerweile nicht nur 16 h Assistenz, sondern 24 h.

Ziel des Budgets war es, die ehrenamtlichen Hilfen durch Nachbarn, durch Familie, durch Freunde zu reduzieren. Das Gegenteil ist der Fall. Ich benötige mehr ehrenamtliche Hilfe denn je. Was aus mehreren Gründen ein Unding ist:

  • meine Mutter ist jetzt 75 Jahre und wird immer gebrechlicher
  • ich habe eine Klage auf Eigenbedarf am Hals. Am 23.8.2012 ist ein erster Gerichtstermin. Sollte ich die Wohnung und damit mein soziales Netzwerk verlieren, benötige ich viel mehr Assistenzstunden.
  • mir stehen nach dem Gesetz ausreichend Stunden zu.

Begründung

Wie bereits meine Pflegestufe III aussagt (die nur erteilt wird, wenn nächtlicher Hilfebedarf besteht), (siehe Gutachten auf http://www.cvo6.de/Wiki/index.php?title=Meine_Pflegestufe_III), benötige ich nachts Hilfe. Aus diesem Grund beantrage ich dringend Hilfe/Assistenz auch für die Nacht. Das Umdrehen (Lagern) in der Nacht, das Anlegen der Urinflasche, das Reichen von Getränken ist mittlerweile nur durch externe Kräfte möglich. Ebenso das Öffnen und Schließen des Fensters (bei Regen muß das Fenster geschlossen werden). Ich selber kann dies alles nicht mehr tun. Bei MS (insbesondere bei meiner primär chronisch progredienten MS) handelt es sich um eine fortschreitende Erkrankung. Ich reiche Ihnen ein weiteres Gutachten nach, das in der MS-Ambulanz des St. Josefs-Krankenhaus angefertigt wird. (Am 31.7.2012 habe ich deswegen Termin.)

Befundbericht_der_MS-Ambulanz_vom_31.7.2012

Unabhängig davon ist aber zu bemerken, daß ich mich nachts etwas besser bewegen kann (siehe Gutachten) und deswegen meine (Rest-)Aktivitäten gerne in die Nachtstunden verlege.

Ich habe mindestens dreimal wöchentlich Physiotherapie außer Haus. Weiterhin habe ich einmal wöchentlich Ergotherapie außer Haus. Und schließlich gehe ich Freitags in das Bewegungsbad. Mit anderen Worten: pro Woche habe ich fünf Termine in diversen Praxen wahrzunehmen. Dafür benötige ich jeweils Begleitung. Wenn pro Fahrt nur 30 Minuten angesetzt wird, benötige ich - nur zu den Fahrten zu den Therapien - 5 Stunden wöchentlich. Hinzu kommt noch die eigentliche Therapiezeit von 30 – 45 min. Diese Zeiten sind bisher nicht in meinem Budget enthalten!

Mein Tagesablauf

Wie sieht mein Tagesablauf aus, daß ich "soviel" Hilfe benötige? (Die mir ja nach den Buchstaben des Gesetzes bedingungslos zustehen.)

Normaler Tag (d. h. ohne Termine)

Aufstehen um 8 Uhr. D. h. ein Assistent kommt um diese Zeit und hebt mich mit Hilfe des Patientenlifters aus dem Bett in den Rollstuhl. Die Morgenroutine findet statt, d. h. Körperpflege, Anziehen, Frühstück, Toilettengang. Dies dauert bis ca. 10 Uhr. Danach bin ich am Rechner beschäftigt. Der Assistenz hat Leerlauf. Ca. 11 Uhr bin ich so müde, daß ich mich hinlegen muß. Außerdem sind dann meine Füße so dick geworden, daß sie hochgelagert werden müssen, um ein platzen zu vermeiden. Der Assistent hilft mir hinlegen (Rollstuhl zum Bett fahren, umsetzen ins Bett, zudecken). Nach einem Kurzschlaf (15 - 30 Minuten) möchte ich wieder aufstehen. Der Assistent hilft mir mit dem Lifter wieder in den Rollstuhl. Um ca. 13 Uhr esse ich Mittag. Die Assistenz kocht und hilft mir essen. Ca. 14 Uhr lasse ich mich an den Rechner zurückfahren. Zwischen 14 und 16 Uhr bin ich dann so müde, daß ich mich wiederum für einen Kurzschlaf hinlegen muß. Dies bedeutet, wie oben, Einsatz des Assistenten. Nach dem Aufstehen gibt es "Kaffee". Jetzt ist es ca. 16:30 Uhr, die Assistenz war 8,5 h im Dienst. Bis zum Abendbrot bleibe ich am Rechner. Ca. 19 Uhr gibt es Abendbrot (Bereiten, helfen). Es folgt die Abendroutine, wobei diese zeitlich flexibel ist (d. h. irgendwann zwischen 20:00 und 24:00 duschen, umziehen, Körperpflege. Gegen 18 Uhr ist mein körperlicher Tiefstpunkt meiner täglichen Formkurve. Ab 22 Uhr wird es dann besser, um 02:00 Uhr bin ich dann relativ beweglich. Mit Assistenz ist es mir _jetzt_ möglich, mich etwas zu bewegen (Stehen, Füße bewegen, am Flipper zu spielen, eventuell zwei Schritte zu gehen). Am Tage ist dies alles völlig ausgeschlossen.

Tag mit Terminen

Falls Physiotherapie im Hausbesuch: zweimal wöchentlich. Wie oben, aber der Physiotherapeut kommt zu mir in die Wohnung, die Assistenz hat in diesen 30 Minuten Leerlauf, ggf. hilft er dem Physiotherapeuten beim umsetzen. Falls Physiotherapie oder Ergotherapie außerhäusig (4-5 mal wöchentlich): wie oben, aber die Assistenz zieht mich an, fährt mich mit der Treppenraupe nach unten, setzt mich um in meinen Stoßhebelrollstuhl, leistet Schiebehilfe bis zum Therapieort, ggf.: leistet Hilfe bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Falls abendliche Termine sind (z. B. Vorstandssitzungen außerhäusig, Go-Spieltreffs, sonstiges): ich benötige wie oben Assistenz, manchmal komme ich erst gegen 01:00 Uhr wieder. Teilweise bin ich bis zu 12 Stunden außer Haus (falls in Berlin Termine wahrzunehmen sind). Ich mache das gerne - so lange ich das noch kann!

Bisherige Lösung!?

Ich habe ja bisher nur acht Stunden Assistenz erhalten. Wie konnte ich damit überleben? Ganz einfach: Meine festangestellte Assistenz hat bisher 200 Überstunden angesammelt. Und sie erträgt, daß ihr Dienst ständig unterbrochen wird. Z. B. am 26.7. kamen auf 16 h Anwesenheit (was ja auch immer Bereitschaft bedeutet) nur fünf bezahlte Dienststunden. Das kann natürlich keine dauerhafte Lösung sein und ist der Idee des "Persönlichen Budgets" konträr. Weiterhin habe ich ohne Ende ehrenamtliche Hilfe benötigt. Sprich: meine alte Mutter, meine Kinder, die Nachbarn sind eingesprungen. Auch das darf keine dauerhafte Lösung sein.

Mit freundlichen Grüßen


Oliver Lenz


Ergänzung des Änderungsantrages

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