Antrag auf PKH am 07.10.22

Aus cvo6
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Kanzlei Damrow, Babelsberger Straße 26, 14473 Potsdam
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsanwältin Franziska-Josephine Kuba (angestellt)

Amtsgericht Potsdam
Hegelallee 8
14467 Potsdam

7. Oktober 2022

In der Sache
Lenz ./. W. (selbst. Beweisverfahren)

beantragen wir namens und in Vollmacht des Antraggegners,

Prozesskostenhilfe für die Rechtsverfolgung zu gewähren und Frau Rechtsanwältin Katja Damrow als Rechtsanwältin beizuordnen.

  1. Der Antragsteller ist nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Verteidigung gegen den beabsichtigten Rechtsstreit aufzubringen. Einzusetzendes Einkommen im Sinne von § 115 Abs. 1 ZPO ist nicht vorhanden, so dass er nicht durch monatliche Raten zu den Kosten beitragen kann. Auch eigenes Vermögen steht ihm nicht zur Verfügung. Dies ergibt sich aus der Erklärung des Antragstellers über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Die erforderlichen Belege werden der Erklärung nachgereicht.

Inhaltsverzeichnis

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Sofern das Gericht weitere Darlegungen oder Beweisantritte für erforderlich hält, wird um eine Auflage gebeten.

Wir widersprechen dem Antrag des Antragsstellers auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens und beantragen

den Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zurückzuweisen.

Begründung

I.
Der Antragsteller beschreibt folgende überwiegend unstreitigen Mängelsymptome:

  1. Im Bad sind zwei Fliesen unterhalb der Badewanne entfernt worden. An der Wand zum Flur wurden im Badezimmer vier Fliesen ausgetauscht und schräg wieder eingesetzt sowie derart verfugt, dass die Fugenmasse uneben ist.
Das ist richtig und unstreitig. Dies geschah aufgrund von Reparaturarbeiten des Voreigentümers, die nicht ordnungsgemäß abgeschlossen wurden.
  1. Auf der Dachterrasse der Wohnung wird der Regenablauf des Hausdaches durch ein flexibles Rohr in einer Regentonne aufgefangen. Die Regentonne läuft bei hohem Wasserstand regelmäßig über. Die Hauswände weisen eine erhöhte Feuchtigkeit und grünen pflanzlichen Bewuchs auf.
Der Regenablauf des Hausdaches wird nicht durch ein flexibles Rohr in einer Regentonne aufgefangen. Es ist richtig, dass der Antragsgegner dies ursprünglich getan hat. Inzwischen ist das flexible Rohr entfernt worden. Die Regentonne ist nicht bei hohem Wasserstand regelmäßig übergelaufen. Es ist auch richtig und unstreitig, dass die Hauswand eine erhöhte Feuchtigkeit und einen grünen pflanzlichen Bewuchs aufweist.

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  1. Die Holzfenster zur Straßenseite sind Doppelkastenfenster. In den Holzfenstern sammelt sich Kondenswasser. An diesen Holzfenstern platzt die Farbe ab, das Holz ist gerissen und morsch.

Es ist richtig und unstreitig, dass es sich bei den straßenseitigen Fenstern um Doppelkastenfenster handelt, sich dort Kondenswasser sammelt, die Farbe abplatzt, das Holz gerissen sowie morsch ist. Die Fenster sind zuletzt im Jahr 2002 erneuert worden. Die übliche Lebensdauer bei Holzfenstern liegt bei 20 Jahren und ist damit erreicht. Die Fenster müssen daher instand gesetzt werden.

  1. An den Fenstern in der Küche sowie an der Tür zum Balkon bildet sich Schimmel.

Dem Antragsgegner ist kein Schimmel bekannt, lediglich eine Verfärbung an der Silikonfuge an den Fenstern in der Küche sowie an der Tür zum Balkon.

  1. In der Wohnung des Antragsgegners befindet sich eine Holzkiste mit Kompost. Unter dem Komposthaufen sammelt sich die Feuchtigkeit. Der darunter befindliche Holzfußboden weist schwarze Verfärbungen auf, ist morsch und fault.

Diese Holzkiste existiert, steht aber nicht, wie der Antragssteller behauptet auf dem Boden. Die Kiste steht auf etwa 12 cm hohen Holzklötzen, darunter sammelt sich keine Feuchtigkeit. Der Fußboden ist bereits seit 20 Jahren nicht erneuert oder abgeschliffen worden. Der Fußboden ist instandsetzungsbedürftig.

  1. Insgesamt befindet sich der Fußboden in der Wohnküche in einem besonders schlechten Zustand. Der Fußboden weist erhebliche Schrammen auf und die Fußbodenbeschichtung ist vollständig abgenutzt.

Es ist richtig und unstreitig, dass sich der Fußboden in der Wohnküche in einem schlechten Zustand befindet und erhebliche Schrammen aufweist. Der Fußboden ist bereits seit 20 Jahren nicht erneuert oder abgeschliffen worden.

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Der Fußboden ist instandsetzungsbedürftig. Es wird mit Nichtwissen bestritten, dass sich die Fußbodenbeschichtung vollständig abgenutzt hat. Dies entzieht sich der Kenntnis des Antragsgegners, da er keine ausreichenden Kenntnisse über die Anforderungen an die Fußbodenqualität, sowie die Beschichtung hat oder haben muss.
  1. Türen und Türrahmen in der Wohnung sind bemalt. Der Türrahmen der Badtür hat tiefe Furchen.
Es ist richtig und unstreitig, dass die Türen und Türrahmen in der Wohnung bemalt sind und der Türrahmen der Badtür tiefe Furchen hat.


II.

Der Antrag ist unzulässig.

1.
Grundsätzlich kann gemäß § 485 Abs. 2 ZPO eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat. Es müssen hierbei Tatsachen vorgetragen werden, über die Beweis zu erheben ist. Gemäß § 487 Nr. 2 ZPO muss der Antrag streitige Tatschen enthalten, über die Beweis erhoben werden soll.

„Die Vorschriften verdeutlichen, dass Gerichte Beweis nur über (streitige) Tatsachen erheben dürfen.“

(ibrOK BeweisVerf/Seibel, 6. EL August 2012, ZPO § 487 Rn. 18)

Bei den beschriebenen Mängelsymptomen handelt es sich überwiegend um unstreitige Tatsachen.
Daneben ist ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Zustands einer Sache gemäß § 485 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO ist nicht vorhanden. Es handelt sich hier bei dem beschriebenen Mängelsymptomen um überwiegend unstreitige Tatsachen, die keiner Feststellung durch das Gericht bedürfen.

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2.

Das rechtliche Interesse des Antragstellers auf Feststellung kann auch entfallen, wenn kein Anspruch des Antragsgegners oder für den die Feststellung notwendig ist, ersichtlich ist.

„Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist. (Zöller/Herget, § 485 Rdnr. 7a m.w. Nachw.)“

(BGH, Beschluß vom 16. 9. 2004 - III ZB 33/04 (OLG Schleswig), NJW 2004, 3488, beck-online)

Hier ist kein Anspruch des Anspruchstellers ersichtlich.

Wieso stellt der Anspruchsteller den Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens? Der Anspruchsteller hat bisher keinen Anspruch auf Schadenersatz geltend gemacht oder diesbezüglich Andeutungen gemacht. Er hat gegenüber dem Anspruchsgegner das Mietverhältnis gekündigt. Die Feststellung von Mangelsymptomen hat auf die Kündigung bezogen keine Auswirkungen.

Wenn ich wüsste, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Schadenersatz geltend machen will, dann würde ich jedenfalls den Einwand „neu für alt“ entgegenbringen.

Ein rechtliches Interesse entfällt auch, da ein Anspruch auf Schadenersatz dem Grunde nach nicht besteht. Häufig kommt es in einem Mietverhältnis zu Beschädigungen des Mietobjekts. Grundsätzlich steht dem Vermieter nach Auszug des Mieters ein Schadenersatzanspruch zu, sofern etwas an der Mietsache beschädigt ist und der Mieter dies schuldhaft zu vertreten hat. Daher könnte der Antragssteller allenfalls einen solchen geltend machen, allerdings liegen dafür die Voraussetzungen nicht vor. Hier fehlt der Schaden des Antragstellers. Der Antragssteller hat die streitgegenständliche Wohnung mit diesen Beschädigungen besichtigt, gesehen und gekauft.

Er hat die streitgegenständliche Wohnung erworben und ist in das Mietverhältnis eingetreten, wie es zu dem Zeitpunkt der Eigentumsübergabe am 04.05.2022 bestand.

Sämtlich vorgeworfenen Beschädigungen der Mietsache bestanden bereits bei

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Die Beschädigungen erfolgten nicht am Eigentum des Antragsstellers. Das Eigentum des Antragstellers ist unverändert, seit dieser Eigentümer ist, die Schäden sind bereits vorher entstanden. Wenn überhaupt, ist das Integritätsinteresse des Voreigentümers betroffen, dem Antragsteller fehlt insoweit die Aktivlegitimation. Die Schäden sind auch keine „Rechte“ im Sinne des § 566 BGB, die auf den Antragssteller übergehen könnten.

Das selbstständige Beweisverfahren könnte der Feststellung von Mängeln gegenüber dem Käufer dienen, hierzu wäre der Antragsgegner aber nicht passivlegitimiert. Der Antragsgegner bewohnt die streitgegenständliche Wohnung noch und beabsichtigt keinen Auszug, so dass der Anspruch derzeit nicht gegeben sein kann. Feststellungen zu einem möglichen zukünftigen Zustand nach Auszug können derzeit nicht festgestellt werden.

3.
Neben dem Rechtschutzinteresses des Antragstellers muss auch das Rechtschutzinteresse des Antraggegners berücksichtigt werden. Der Antragssteller versucht hier auf jedem Wege das Leben des Antragsgegners zu erschweren und belastet das Mietverhältnis mit wiederholenden Kündigungen.

Der Antragssteller hat 03.12.2021 eine Kündigung des Mietverhältnisses wegen Beschädigungen der Mietsache ausgesprochen. Hiergegen hat sich der Antragsgegner gewehrt.

Am 08.06.2022 kündigte der Antragssteller dem Antragsgegner erneut das Mietverhältnis und stütze sein Kündigungsersuchen auf den Eigenbedarf. Hiergegen wandte der Antragsgegner den Härteeinwand gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 BGBein, der bereits in einem früheren Verfahren für die Lebensdauer des Antragsgegners rechtskräftig festgestellt wurde.

Ich rege insoweit die Beiziehung der Akten (LG Potsdam Az. 13 S 68/13) an (siehe auch unten).

Schließlich kündigte der Antragsteller am 01.09.2022 das Mietverhältnis und stützt diese auf eine Vernachlässigung sowie eine Sorgfaltsgefährdung des Antraggegners gemäß § 543 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 573 Abs. 1 BGB. Der Antragsgegner hat dagegen abermals Widerspruch eingelegt.

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Jedenfalls wird der Antragsgegner, solange seine Gesundheit dies zulässt, in der Wohnung des Antragstellers wohnen bleiben. Ein Anspruch auf Schadenersatz gegen den Antraggegner ist nicht gegeben.

Der Antragsgegner hat ein Wohnrecht auf Lebenszeit durch Urteil des LG Potsdam vom 31.05.2018 mit dem Az. 13 S 68/13 zugesprochen bekommen. Dies ist vor allem auf die Erkrankung an primärer progredienter Multipler Sklerose des Antraggegners zurückzuführen, wozu sich in dem besagten Verfahren ein Sachverständiger umfassend gutachterlich äußerte. Demnach würde sich der Verlauf seiner Krankheit maßgeblich verschlechtern und eine akute, insbesondere psychische und physische Gefahr darstellen, wenn er einen Umzug bewerkstelligen müsste. Ebenso negativ wirkt sich auch das fortwährende Interesse des Antragstellers aus, den Antragsgegner mit belasteten juristischen Angelegenheiten zu überhäufen. Hierzu zitiere ich aus dem Urteil des Landgerichts Potsdam:

„Nachdem sein jetziger Funktionszustand in verschiedenen neurologischen Systemen bereits sehr schlecht ist und nach Aussage des Gutachters „an einem seidenen Faden hängt", muss eine Progression der Erkrankung, welche mit dem Umzugsstress verbunden sein kann, unbedingt vermieden werden. Das Räumungsinteresse des Klägers muss hinter diesen gesundheitlichen Interessen des Beklagten zu 1 zurückstehen.“

Der mit einem Umzug und Wohnungswechsel verbundene Stress kann nach Auffassung des Gutachters dazu führen, dass weitere Schübe der MS-Erkrankung auftreten.

„Beim Beklagten zu 1 sei hierbei zu beachten, dass schon ein winziger neuer MS-Herd an einer regional bedeutsamen Stelle im Gehirn, insbesondere unter anderem bei den komplizierten Sehstörungen mit Läsionen im Hirnstamm, katastrophale Folgen hätte."

Der Antragsgegner ist im Übrigen auf den Rollstuhl angewiesen, dessen Benutzung einen entsprechenden Gebrauch der Mietsache nach sich zieht.

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4.
Der Antragsteller möchte die Frage der Kosten für die Beseitigung der Mängel geklärt haben.

Der Antragsteller macht keinen Schadenersatz geltend. Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts einen möglichen Anspruch des Antragstellers zu konstituieren. Hierbei handelt es sich um eine unzulässige Ausforschung. Es kann nicht sein, dass das selbstständige Beweisverfahren der Kostenermittlung dient. Das Interesse eines solchen Verfahrens liegt nicht im Ermittlungsinteresse eine gerichtsfeste Feststellung hinsichtlich der Höhe der Kosten zu treffen. Anders als im Baurecht geht es hier nicht um die Symptomtheorie. Der Antragsteller muss nicht in die Lage versetzt werden, den Mangel auch selbst beseitigen.

Die Forschung zu Ursache und Kosten ist im konkreten Fall reine Ausforschung und hat keinen anderen Zweck als den Antragsgegner zu zermürben.

Der Antragsteller könnte sich genauso gut einen Kostenvoranschlag eines Handwerkers besorgen und anhand dessen die Kosten einer möglichen Mängelbeseitigung unter dem Einwand „neu für alt“ ermitteln lassen.

„Ausforschungen und Rechtsfragen sind auch im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich unzulässig.“
(ibrOK BeweisVerf/Seibel, 6. EL August 2012, ZPO 8 485 Rn. 38)

Franziska-Josephine Kuba
Rechtsanwältin

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