Kassel
Gedächtnisprotokoll von Christopher Rowe
Am 20.03.21 war ich in Kassel zur Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen.
Ich trage keine Maske, denn ich bin maskenbefreit und habe darüber ein ärztliches Attest. Auf dem Attest steht auch meine Diagnose („Angst- und Panikstörung“).
Mit anderen Demonstrant*innen war ich gegen 17 Uhr in einem Einkaufszentrum namens „Königs-Galerie“. Dort waren Imbisse sowie eine Supermarktkette geöffnet. Die Demonstrant*innen saßen ohne Maske an den Tischen. Offensichtlich wurde die Polizei gerufen. Als die Polizei hereinkam und das Center räumen wollte (soweit ich mich erinnere, aufgrund der Nichteinhaltung der Hygienevorschriften), verließen die meisten Leute schlagartig das Gebäude. Ich hingegen blieb sitzen, bis ein Beamter mich aufforderte zu gehen. Ich entgegnete ihm, dass ich hierbleiben wolle. Mit einem weiteren Kollegen trug er mich daraufhin aus dem Foyer des Einkaufszentrums (siehe Video: https://youtu.be/83QqSnjYyPY?t=134 ). Sie trugen mich durch einen Gang und setzten mich hinter eine Glastür ab. Ich leistete dabei keinerlei Widerstand, sondern blieb vollkommen passiv.
Ich wurde dort durchsucht (4-5 Beamte waren daran beteiligt), es wurde bei mir mein Attest, Flyer und Aufkleber von „Studenten stehen auf“ und ca. 4-5 g Cannabis gefunden. (Die Polizisten vermuteten sofort, es wären 5 Gramm.) Da Cannabis gefunden wurde, wurden mir meine zwei Jacken und mein Rucksack weggenommen. Ich sprach die ganze Zeit absolut nichts.
Aufgrund meines Attests wurde von den Polizisten vermutet, ich hätte eine Panikattacke, daraufhin wurde ein Krankenwagen gerufen; ich selbst wurde nach oben zum Hinterausgang des Einkaufszentrums getragen. (Ich nehme an, dass ich deswegen nicht über den Haupteingang rausgetragen wurde, weil die Polizei Tumult vermeiden wollte.)
In der Nähe des Einkaufszentrums war die polizeiliche Sammelstelle eingerichtet. Dort bekam ich, wegen der Kälte und weil ich ja keine Jacken mehr hatte, eine Rettungsdecke (so eine Decke mit Gold-Silber-Folie) umgehangen. Die Polizisten machten spöttische Bemerkungen („Wir wollen doch nicht, dass du frierst“).
Dann traf der Rettungswagen ein. Der Rettungssanitäter sprach mich an, ich antwortete nur einsilbig bzw. mit Gesten. Der Rettungssanitäter fragte mich auch, ob ich mitkommen will, was ich verneinte. (Später sagten die Polizisten untereinander, warum um alles in der Welt ich nicht einfach mit dem Rettungswagen mitgefahren sei.) Der Rettungswagen fuhr also ohne mich weg.
Die Polizei gab mir meine Sachen zurück und sagte ich könne jetzt gehen. Ich schaute mich um, nahm sehr langsam meine Sachen und verließ sehr langsam die Sammelstelle. Ich kam keine 20 Meter weit, da liefen mir in der Fußgängerzone zwei von den Polizisten (die gleichen, die mich gerade gehen ließen) hinterher. Die Polizisten sagten, sie würden mich jetzt doch mitnehmen (sic!). Ich legte mich sofort wieder auf den Boden hin und ließ mich wegtragen. Die Polizisten trugen mich zu einem Gefangenentransporter. Ich trug zwei Jogginghosen übereinander. Gewaltsam wurde beide Jogginghosen ausgezogen (denn sie hatten Kordeln, an denen ich mich hätte aufhängen können). Ich saß nur in Unterhose im Gefangentransporter. Nach 10-15 Minuten fuhr der Transporter mit mir zu der Gewahrsamsstelle direkt am Hauptbahnhof in Kassel (die Fahrt dauerte ebenfalls ca. 10 Minuten). Nach der Fahrt wurde mir eine meiner beiden Jogginghosen zurückgegeben.
Dort angekommen wurde ich in eine Zelle getragen; in der Zelle angelangt, wurden mir Handschellen angelegt (ich erinnere mich nicht mehr, ob hinter meinem Rücken oder vor dem Bauch). Die Polizei sagte mir, ich müsse eine Maske tragen. Ich habe deutlich zu erkennen gegeben, dass ich das nicht tun würde (wie gesagt, ich sprach während der gesamten Zeit kein Wort.) Man fing an, mir gewaltsam eine Maske aufzusetzen. Es waren wohl zwei Polizisten. Ich lag mit geschlossenen Augen am Boden der Zelle und wehrte mich passiv gegen das aufsetzen einer Maske (OP-Maske). Das Aufsetzen funktionierte deswegen so nicht. Sie versuchten es daraufhin mit einer Spuckhaube. Mit Gewalt wurde mir die Spuckhaube aufgesetzt, an der Spuckhaube entstand deswegen ein Riss. Mein Kopf wurde beim gewaltsamen Aufsetzen auf den Boden gepresst, dadurch entstand eine Schürfwunde (Foto vorhanden).
Ich erinnere mich, dass eine Frauenstimme sagte: „Er blutet.“ Es schien mir, als wäre die Sache daraufhin zum Ende gekommen. Die Spuckhaube war ja notdürftig auf meinem Kopf. Ich lag noch immer am Boden. Als die Polizisten sich entfernten, gelang es mir mit wenig Mühe die eingerissene Spuckhaube am Fußboden abzustreifen.
Danach wurde ich relativ in Ruhe gelassen. Ich schätze, ich war 3-4 Stunden in Polizeigewahrsam. Zum Schluss kam ein Arzt, um mich zu untersuchen. Da ich mich nicht abhören lassen wollte (da ich ja nicht gesprochen habe, habe ich das durch meine Körpersprache ausgedrückt), wurde die Untersuchung mit Gewalt durchgeführt (zwei Polizisten hielten mich am Arm fest). Bei der Blutzuckermessung am Finger zog ich diesen weg, als der Arzt sagte, er würde dort messen. Auf eine Blutzuckermessung, notfalls mit Gewalt, bestand er nicht. Der Arzt ging und sagte, meine Vitalzeichen wären vorhanden und es ginge mir soweit gut.
Kurze Zeit später kam eine offensichtlich höhergestellte Beamtin, die mir meine Sachen und die untersuchten Unterlagen (Attest, Gerichtsbescheinigung, dass mein Attest keine Fälschung sei etc.) wieder gab. Ich durfte nun gehen. Zwei Beamte begleiteten mich aus dem Gebäude.