Niederschrift der Verhandlung am 3.1.2011

Aus cvo6
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Amtsgericht Potsdam, Hegelallee 8

11.1.2011

Geschäftsnummer 37 C 20 10
Offentliche Sitzung 
des Amtsgerichtes Potsdam

Gegenwärtig Richter am Amtsgericht Lange
ohne Hinzuziehung eines Protokollführers.
Das Protokoll wurde vorläufig auf Tonträger aufgezeichnet.

'''In dem Rechtsstreit'''

Oliver Lenz, Carl-von-Ossietzky-Str. 6, 14471 Potsdam

- Kläger -

- Prozessbevollmächtigter:     
Leif Steinecke,
Rehhuhnwinkel 46, 16356 Ahrensfelde
Az:

gegen

Verkehrsbetrieb Potsdam GmhH, vertr.d.d. Geschäftsführer Martin Weis, Fritz-Zubeil-Str. 96, 14482 Potsdam

- Beklagte -

- Prozessbevollmächtigter:     Rechtsanwalt Alexander Dutsch, Heinrich-v.-Kleist-Str. 5, 14482 Potsdam
Az.: 153/10 -
erschienen bei Aufruf:
Der Kläger in Person und RA Steinecke.
Für die Beklagte RA D.
Im Rahmen der Güteverhandlung wird die Unfallsituation erörtert.
Es ist auch die Zeugin Wohnig anwesend.
Die Zeugin Wohnig verlässt den Saal.
Der Kläger erklärt:
Ich bin mit Hilfe des Busfahrers auf einer ausgefahrenen Rampe in den Bus im Mittelteil gelangt.
Der Klägervertreter erklärt:
Die Situation ist die auf dem Bild A2 - vergleiche Gerichtsakte Bl. 43.
Der Kläger erklärt weiter:
Ich bin dann im Bus so stehen geblieben, wie' mich der Busfahrer hingeschoben hat. Das heißt, im Mittelteil an dem Platz für Rollstuhlfahrer, aber nicht so wie vorgeschrieben mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sondern quer stehend. Ich saß dann so in meinem Rollstuhl mit festgezogener Bremse.
Der Kläger erklärte:
Ich hätte mich nicht in diesen für Rollstuhlfahrer vorgesehenen Platz hineindrehen können.
Hierzu führte der Klägerin folgendes vor:
Der Kläger ist Benutzer eines Handhebelrollstuhls, das bedeutet, dass die Vorwärtsbewegung der Räder durch Armhebelbewegungen hergestellt werden. Dieser Rollstuhl ist nicht in engem Radius zu wenden. Um eine Richtungsänderung zu vollziehen, bedarf es für den Kläger mehrfachen Vor- und Zurückrollens. Jede dieser Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen, die durch das Bewegen der Handhebel erzeugt werden, führt nur zu einer geringen Drehung. Für eine Drehung um 90 Grad sind ca. drei Vorwärts- und drei Rückwärtsbewegungen erforderlich. Bei geringem Rangierplatz sind dies allerdings noch wesentlich mehr Bewegungen.
Der Kläger erklärt:
Ich wurde vom Busfahrer hineingeschoben und blieb dann so stehen, quer zur Fahrtrichtung.
Der Beklagtenvertreter erklärt:
Mir wurde vom Busfahrer gesagt, der Kläger sei mit der Rückseite des Rollstuhls an die Prallplatte geschoben, und ihm sei angeboten worden, den Sicherheitsgurt angelegt zu erhalten, was der Kläger dann aber abgelehnt habe.
Der Kläger erklärt:
Ich habe mich gar nicht darum gekümmert, ob dort Gurte oder keine Gurte sind. So wie ich stand, hätte ich überhaupt gar keinen Gurt anlegen können.
Der Kläger erklärt:
Ich habe mich gesichert durch das Anziehen der Bremsen. Der Rollstuhl ist verhältnismäßig schwer. Er wiegt 40 kg und bewegt sich daher nicht leicht weg.
Der Kläger erklärt:
Ich wollte zwei Stationen bis zur Schlüterstrasse fahren. Dort leite ich einen Kurs für Kinder. Nachdem ich umgefallen war und diese schmerzhafte Phase durchlebt hatte, wusste ich, dass eine Rippe gebrochen war. Jedenfalls hielt ich das für sehr wahrscheinlich. Ich bin aber der Überzeugung gewesen, dass man ärztlicherseits bei einer gebrochenen Rippe ohnehin wenig tun kann und habe deshalb das Angebot des Busfahrers, den Rettungswagen zu holen nicht angenommen.
Der Kläger erklärt:
Nachdem ich fünf Minuten am Boden lag und dort geschrien habe, ist es durchaus möglich, dass ich auch unter Schock stand.
Behandlungsbedürftigkeit hat sich für mich erst nach Tagen herausgestellt.
Ich bin unmittelbar nach dem Ende des Kinderkurses mit dem Auto zum Arzt Dr. Dannenberg gebracht worden.
Der Klägervertreter verweist auf die Anlage A4 - Bl. 45 d. A.
Der Kläger erklärt:
Mit dem Krankentransport bin ich dann von der Praxis Dr. Dannenberger nach Hause getragen worden. Nach zwei oder drei Tagen hat sich dann ein Emphysem gebildet, das heißt, die Luft aus der Lunge ist ins Gewebe übergetreten und war dort fühlbar und auch sichtbar. Meine Hausärztin Frau Boschmann, zu der ich dann ging, hat mir die sofortige Operation empfohlen. Ich habe dann noch einen Tag abgewartet und bin dann in die Klinik gegangen.
Erkennbar ist hier beim Kläger der Umstand, dass er einseitig in der Muskulatur gelähmt ist, nämlich linksseitig. Dies ist auch durch den Typus des Handhebelrollstuhls unterstrichen, der an den beiden Seiten der Hebel ganz unterschiedliche Griffe hat. Der größere weiter bewegliche und lenkbare Griff sitzt auf der rechten Seite, auf der linken Seite hält er sich lediglich fest durch einen Klammergriff.
Der Kläger erklärt:
Hier links geht grobmotorisch noch etwas, feinmotorisch kann ich linksseitig wenig.
Der Kläger erklärt:
Mein Grundleiden ist eine Multiple Sklerose.
Der Klägervertreter erklärt:
Der Antrag zu 2) aus meiner Klageschrift vom 03.09.2010 soll wie folgt lauten: Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist für die zukünftige gesundheitliche Schäden oder Verschlechterung des Klägers, die aufgrund des Unfalls noch eintreten, Schadenersatz zu leisten.
Laut vorgespielt und genehmigt.
Der Klägervertreter stellt nunmehr den Antrag wie eben erklärt und den Antrag zu Nr. 1 aus der Klageschrift vom 03.09.2010, wie Bl. 37 d. GA.
Der Beklagtenvertreter beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Parteien schließen nunmehr den nachfolgenden
V e r g l e i c h :
1. Zur Abgeltung aller hier streitgegenständlichen Forderungen des Klägers, zahlt die Beklagte an den Kläger 2.000,00 €
2. Den Parteien bleibt vorbehalten, diesen Vergleich bis zum 17.01.2011 schriftlich gegenüber dem Gericht zu widerrufen.
Laut vorgespielt und genehmigt.
Beschlossen und verkündet:
Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe auch für den Abschluss eines Vergleichs ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von RA Steinecke bewilligt
Der Streitwert für den Rechtsstreit und für den Vergleich wird auf 5.500,00 € festgesetzt, nämlich für den Antrag zu 1) auf 4.000,00 € und für den Antrag zu 2) auf 1.500,00 €. In dieser Höhe wird das klägerische Interesse geschätzt unter Berücksichtigung, dass es sich hier nur um einen Feststellungsantrag handelt, von dem nicht erkennbar ist, ob er überhaupt durch künftige Schäden oder Verschlechterungen des Klägers unterlegt sein wird.
Beschlossen und verkündet:
Für den Fall des Widerrufs des Vergleichs ist Termin zur Verkündung einer Entscheidung am
Donnerstag, 27.01.2011, 14:00 Uhr, Saal 201.
gez. Lange (Richter am Amtsgericht)
gez. Betz (Justizbeschäftigte)
Ausgefertigt unleserlich Justizangestellter als Urkundenbeamter der Geschäftsstelle.
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