Vortrag "Gewaltfreie Kommunikation" am 03.03.16

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Inhaltsverzeichnis

Teil 1

"Gewaltfreie Kommunikation", das klingt esoterisch. Ist es aber nicht, ganz und gar nicht! Gewaltfreie Kommunikation meint Kommunikation, ohne den Gesprächspartner durch die Kommunikation unter Druck zu setzen, herabzusetzen oder zu verletzen. Wie jeder von uns weiß: Das ist nicht einfach!

Marshall B. Rosenberg hat in den 1960er Jahren das Modell der "Gewaltfreien Kommunikation" entwickelt.

Kurz gesagt, besteht gewaltfreie Kommunikation aus vier Stufen:

  1. Beobachtung beschreiben (so objektiv wie möglich)
  2. Emotionen äußern (Emotionen sind "einfach da", sie bedürfen keiner Erklärung)
  3. Bedürfnisse benennen
  4. Wunsch äußern

Konkret

Wenn Menschen etwas tun, was uns stört, dann wollen wir, daß sie ihr Verhalten ändern. Ihr Verhalten ändern - das KÖNNEN Menschen nur, wenn wir sie klar und direkt ansprechen. Weiterhin gilt: Ihr Verhalten ändern - das WOLLEN Menschen nur, wenn wir wertschätzend mit ihnen umgehen.
Erfolgreich im Umgang mit anderen Menschen sind wir also nur, wenn wir beides zusammenbringen: klare und direkte Ansprache, sowie auf der anderen Seite wertschätzend mit ihnen umgehen.

Wie das geht, versuche ich Euch wie folgt nahezubringen:

Auf die Frage, wie Menschen wollen, daß mit ihnen umgegangen wird, kann in etwa als Antwort erwartet werden: respektvoll, wertschätzend, freundlich, aufrichtig, an mir interessiert. Am häufigsten dürfte genannt werden: Aufrichtig und ehrlich. Wie kommt es nun, wenn sich doch so viele Menschen aufrichtigen und ehrlichen Umgang wünschen, daß es so selten praktiziert wird? Was sind die Hindernisse?

Es gibt drei Haupthindernisse:

  1. Wir wissen nicht, wie das geht. - Wir glauben, daß Aufrichtigkeit darin besteht, dem anderen zu sagen, was mit ihm/ihr nicht stimmt; sowie welche Urteile wir über ihn/sie haben.
  2. Wir glauben, daß wir für die Gefühle anderer Menschen verantwortlich sind. - Wir halten das, was wir tun oder sagen, für die Ursache der Gefühle anderer.
  3. Wir haben Angst vor der Reaktion anderer. - Wir befürchten, daß wir mit der Reaktion anderer auf unsere Aufrichtigkeit nicht klarkommen werden.

Wenn wir glauben, daß Aufrichtigkeit darin besteht, dem Gegenüber zu sagen, was alles mit ihm/ihr verkehrt ist; welche Urteile und Bewertungen wir über ihn/sie haben, dann machen wir schlechte Erfahrungen. Das wollen die Menschen im allgemeinen nicht hören! Aber daraus zu schließen, die Menschen wollten nicht, daß man zu ihnen aufrichtig und ehrlich ist, wäre fatal. Woran sie sich reiben, ist unsere Art, wie wir Aufrichtigkeit verstehen und welche Formen das annimmt.

Aus Sicht der gewaltfreien Kommunikation besteht eine sinnvolle Art der Aufrichtigkeit darin, unseren Gegenüber vier wesentliche Informationen zu geben. Diese vier Informationen sind das *wesentliche*, alles andere ist nur Ballast.

In einem ersten Schritt teile ich dem anderen mit: worüber möchte ich reden. Das sind meine Wahrnehmungen, die Fakten, die Realität, was wir beobachten und hören.
Im zweiten Schritt teile ich mit, welche Gefühle das Wahrgenommene in mir auslöst. Wie fühlen wir uns, in Bezug auf das eben Wahrgenomme. Es zeichnet uns Menschen aus, daß wir auch Gefühle haben und damit wir als Mensch wahrgenommen werden, ist es günstig, wenn wir dem anderen unsere emotionalen Reaktionen auch mitteilen.
Im dritten Schritt teile ich dem anderen mit: worauf lege ich wert; was ist mir wichtig; was brauche ich. Damit erfährt der andere etwas über meine Bedürfnisse, Werte; über meine Sicht.
Im vierten Schritt teile ich dem anderen mit, was möchte ich, was der andere tut. Ich spreche eine Bitte aus, auf welchem Weg - meine ich - wird meinen Werten besser entsprochen; was würde meine Bedürfnisse besser erfüllen.

Nun mögen viele sagen: klar, das ist sinnvoll. Fakten benennen und keine Urteile abgeben.

Und dann mögen sie in das Kinderzimmer kommen und sagen: "Bei Dir ist nicht aufgeräumt!" Aber was ist das? Das ist MEINE persönliche Ansicht über den Zustand des Zimmers. Natürlich liegen dieser Einschätzung bestimmte Wahrnehmungen zugrunde. Aber das Urteil "aufgeräumt" oder "unaufgeräumt" ist MEINE persönliche Interpretation. Woran kann man erkennen, daß es nur eine Interpretation ist? Nun, das kann man gut daran erkennen, daß es zumindestens denkbar ist, daß mir ein "Das stimmt nicht!!" zurückgeschleudert wird. Wenn eine solche Reaktion überhaupt möglich ist, dann wissen wir bereits, daß keine Fakten benannt wurden, sondern eine Interpretation/Bewertung vorgenommen wurde. Und die muß der andere nicht teilen. Man kann seine Zeit sicher besser verbringen, als mit einem Streit darüber, wer sich mit SEINER Interpretation durchsetzt, ob z.B. aufgeräumt ist oder nicht. Wenn ich eine Bewertung vornehme, die der andere zur Zeit nicht teilt, dann steht das einer Verständigung im Wege.

Die GK hält es für viel sinnvoller, daß man an der Stelle einfach die beobachtbaren Fakten mitteilt, bei denen der andere nicht die Möglichkeit hat zu sagen: "Das stimmt nicht!" Im konkreten Beispiel mit dem Kinderzimmer bedeutet das, daß man z.B. sagt: "Ich war gerade in Deinem Zimmer. Da liegen fünf T-Shirts auf dem Boden und zwei Jeans auf dem Bett. Ich möchte aber gerne eine Ordnung haben, bei der ich mich wohlfühlen kann. Wärst Du bereit, diese Sachen in den Schrank zu räumen?"

Teil 2

Dieses Bild [Bild zeigen] haben vermutlich schon viele gesehen. Auch wenn es ziemlich bekannt ist, kann es uns doch helfen, den Unterschied aufzuzeigen, zwischen den sinnlich-wahrnehmbaren Fakten und unseren Interpretationen bzw. Bewertungen. Stellen uns nun mal vor, zwei Menschen betrachten dieses Bild und unterhalten sich darüber, wie alt die Frau auf dem Bild sein mag. Das würde sich vielleicht so anhören:

  • Wie alt, schätzt du, ist diese Frau?
    • Nun, so 70-80.
  • Was??? Das kann doch nicht wahr sein! Diese Frau ist höchstens 25 Jahre alt!!

Diese Situation ist ein Gleichnis für eine Situation, wie wir manchmal im Alltag erleben. Zwei Menschen haben unterschiedliche Ansichten/Meinungen zu etwas. Aber wenn jemand eine Meinung hat, die so weit abweicht von unserer eigenen, dann ist wohl die häufigste Reaktion darauf, daß wir ein Urteil haben: Der spinnt doch, der ist total bekloppt, der hat ja überhaupt keine Menschenkenntnisse, wie kann man nur so absurde Ansichten vertreten!? Diese Urteile, die ich über den anderen habe, hindern mich, ihn besser zu verstehen. Damit es zu einer Verständigung kommen kann, braucht es in einem ersten Schritt, die Bereitschaft, eine innere Haltung einzunehmen, die lautet: "Ich möchte den anderen besser verstehen." Das bedeutet, daß wir unser Urteil erst einmal beiseitelegen und innerlich zu einer Haltung finden "ich möchte den anderen besser verstehen" - und nachfragen.

Unser Beispieldialog könnte jetzt so ablaufen:

  • Wie alt, schätzt du, ist diese Frau?
    • Nun, so 70-80.
  • Nanu, wie kommst du denn darauf?
    • Na, die sieht halt so alt aus!
  • Hilf mir mal, das besser zu verstehen: woran machst du das fest?
    • Na, der eingefallene Mund, die riesigen Tränensäcke und vor allem, die riesige Hakennase!
  • Was, dieses kleine niedliche Stubsnäschen kann man doch nicht "riesige Hakennase" nennen! Das ist doch absurd!

Obwohl in diesem Dialog die innere Haltung - ich möchte den anderen verstehen - gestimmt hat, hat es doch wieder bei Urteilen geendet. Jetzt kann man sich die Frage stellen, woran hat es denn gehakt? Obwohl die innere Haltung gestimmt hat, lande ich wieder bei Urteilen "Das ist doch absurd." Stellt Euch mal die Frage, gibt es auf diesem Bild eine große, riesige Hakennase? Kann es zwei Nasen geben? Gibt es hier überhaupt eine Frau? - Nun, es ist doch so: In Realität gibt es in diesem Bild keine Frau, keine Nase, geschweige denn zwei Nasen. Alles was es hier tatsächlich existiert, sind schwarze Linien und schwarze Flächen auf weißem Grund. Das ist die Wirklichkeit, das ist die Realität, Alles andere, gibt es eine Frau, gibt es eine Nase, gibt es eine große Hakennase, alles das sind bereits MEINE Interpretationen über die Fakten, die ich hier sehe. Und erst, wenn ich das im Bewußtsein habe, dann ist es möglich, daß wir zu einer Verständigung kommen. Weil jetzt, mit diesem Bewußtsein, kann ich bei dem anderen nachfragen, welche Fakten, welche Linien, welche Flächen, er als was interpretiert.

Zurück zum Beispieldialog:

  • Wie alt, schätzt du, ist diese Frau?
    • Nun, so 70-80.
  • Nanu, wie kommst du denn darauf?
    • Na, die sieht halt so alt aus!
  • Hilf mir mal, das besser zu verstehen: woran machst du das fest?
    • Na, der eingefallene Mund, die riesigen Tränensäcke und vor allem, die riesige Hakennase!
  • Du, kannst du mir mal auf dem Bild zeigen, welche Linie du als Hakennase interpretierst?
    • Da, diese Linie, das ist die Nase.
  • Das ist ja spannend. Ich habe diese Linie von hier nach hier als Nase interpretiert!

Und jetzt werden die gegenseitigen Mißverständnisse ausgeräumt.

Halten wir fest, was es braucht, damit zwei Menschen zu einer Verständigung kommen. Im ersten Schritt braucht es die Bereitschaft, wenn ich Urteile über den anderen habe, diese zur Seite zu legen, und eine Haltung in mir zu finden, aus der heraus ich versuchen kann, den anderen zu verstehen. Das ist übrigens eine Frage des guten Willens, dafür kann ich mich entscheiden. Im zweiten Schritt brauchen wir die Fähigkeit, Wahrnehmung (das was tatsächlich existiert, was sinnlich wahrnehmbar ist) von meinen Interpretationen der Fakten, von meinen Bewertungen zu trennen. Und das ist nicht eine Frage des guten Willens, sondern eine Frage der Fähigkeit; bin ich in der Lage Fakten und Interpretation auseinanderzuhalten. Und das ist etwas, was man üben und trainieren kann.

Teil 3

Von dem Zeitpunkt an, wo wir eine sinnliche Wahrnehmung machen, bis zu dem Zeitpunkt, wo wir eine Entscheidung treffen oder handeln, geht einiges in unserem Sinn vor. Manchmal unbewußt, und häufig so schnell, daß es unserer bewußten Aufmerksamkeit entgeht. Mit dem folgenden Modell können wir einen Blick darauf werfen, was tut sich da: Das Modell nennt sich "Die Leiter der Schlußfolgerungen".

Als Beispiel diene hier der Vorgang: B. macht eine seiner Führungen.

  1. Während der Führung wird B. vom Teilnehmer X gefragt: "Wo kann ich das alles nachlesen?" Das ist die Wahrnehmung.
  2. Ich treffe eine Auswahl der Daten. Was dringt in mein Bewußtsein? Mir fällt jetzt ein, daß X vorhin gegähnt hat.
  3. Jetzt interpretiere ich die ausgewählten Daten: X versteht nichts und langweilt sich. Daß X vor fünf Minuten eine sehr interessierte Frage gest
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