Geschichtslehrbuch fuer Silka

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(Eine kurze Geschichte des Geschichtsschulbuchs in Gestaltung, Funktion und Nutzung)
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: 1: Becker, Jörg (1978). Schulbuch und politisches System in der Bundesrepublik Deutschland. In: Schallenberger, Horst/Stein, Gerd (Hg.). Das Schulbuch zwischen staatlichem Zugriff und gesellschaftlichen Forderungen. Kastellaun/Hunsrück. S. 13–44, hier S. 15.
 
: 1: Becker, Jörg (1978). Schulbuch und politisches System in der Bundesrepublik Deutschland. In: Schallenberger, Horst/Stein, Gerd (Hg.). Das Schulbuch zwischen staatlichem Zugriff und gesellschaftlichen Forderungen. Kastellaun/Hunsrück. S. 13–44, hier S. 15.
   
Zwar veränderten sich mit den Inhalten und der Gestaltung auch die didaktischen Funktionen und Ansprüche. Das gedruckte Buch ist jedoch nach wie vor eines der bedeutsamsten Lern- und Vermitt
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Zwar veränderten sich mit den Inhalten und der Gestaltung auch die didaktischen Funktionen und Ansprüche. Das gedruckte Buch ist jedoch nach wie vor eines der bedeutsamsten Lern- und Vermitt-
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lungsmedien, wenn nicht gar das wichtigste.1
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Schönemann und Thünemann attestieren dem papiernen Geschichtsschulbuch jedenfalls noch 2010 – im Gegensatz zu einigen anderen Geschichtsdidaktiker*innen – weiterhin eine nachhaltige Position als „Leitmedium“ des Geschichtsunterrichts, und zwar trotz der bereits stattfindenden Entwicklung hin zum vermehrten Einsatz digitaler Medien.2
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Geschichtsunterricht hatte im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Funktion der Vermittlung von in der Öffentlichkeit vorherrschenden und politisch gewollten Geschichtsbildern, die vor allem die nationale Perspektive auf Vergangenheitsdeutungen positiv, das heißt einseitig und oft unkritisch, hervorhob. Auf diese Weise sollten bereits Schüler*innen mental und emotional an den Staat und die Verfolgung seiner Interessen gebunden werden.3
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Für diesen, aus heutiger Sicht ideologisch bedenklichen didaktischen Ansatz passte die katechetische Art der Vermittlung durch das Lehrbuch: Es enthielt fertige historische Narrationen, die in der Regel vom Lehrer vorgelesen wurden, und die von den Schüler*innen auswendig gelernt werden mussten – jedenfalls deren zeitliche, räumliche sowie personelle Daten und Fakten und ihre temporalen, kausalen usw. Zusammenhänge – um sie in Form der Reproduktion abprüfbar zu machen.4
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Eine kritische Auseinandersetzung mit den Erzählungen über die Vergangenheit fand nicht statt, ebensowenig wie der Erwerb von Re–Produktionskompetenz zum eigenständigen Erschließen vergangener Ereignisse und der Narrationsbildung darüber. Die Schulbücher waren entsprechend textlastig gestaltet.5
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Bilder waren entweder zeitgenössische Darstellungen, die ausschließlich zur Illustration, also der visuellen Unterstützung, der
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: 2: Mit „Bedeutung“ ist seine Prominenz im Hinblick auf die Existenz und den Einsatz des Schulbuchs als Unterrichtsmedium im Vergleich zu anderen Medien gemeint, und damit zum Teil auch auf seine didaktische Funktion, nämlich als Medium des Vermittelns (auf Seite der Lehrenden) und des Lernens (auf Seite der Lernenden). Die Bedeutung für den Lernenden wird hier aber zunächst in rein quantitativer Hinsicht gesehen, also in der Häufigkeit der Verwendung. Auf seine didaktische Sinnhaftigkeit, also seine Qualität in Bezug auf Vermittlung und Erwerb historischer Kompetenzen, wird an späterer Stelle ausführlicher eingegangen.
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: 3: Schönemann, Bernd/Thünemann, Holger (2010). Schulbucharbeit: Das Geschichtslehrbuch in der Unterrichtspraxis. Schwalbach/Ts., S. 9–20.
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: 5: Ref. Die schulische Geschichtsvermittlung des 19. Jahrhunderts, vor allem im deutschen Kaiserreich, spiegelt nicht die durchaus reflektierte Art und Weise des Umgangs mit Vergangenheit wieder, wie sie von einer großen Zahl von Historikern praktiziert wurde. Zu nennen ist hier nicht zuletzt Gustav Droysen. Auch der damaligen Geschichtswissenschaft war der Aussagewert von Narrationen bekannt. Sie war sich neben der historischen Methode bereits einiger der heute anerkannten historischen epistemologischen Prinzipien wie Selektivität, Perspektivität und Partialität bewusst. Nichtsdestotrotz fanden sich auch unter den damaligen Historikern einige, die einem historistischen deutschen Geschichtsbild anhingen, das ihren persönlichen nationalpolitischen Interessen entgegenkam.
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Version vom 29. März 2017, 19:37 Uhr

Inhaltsverzeichnis

Verwendung des Geschichtsschulbuchs und Bedeutung für das historische Lernen

Hinweis an meine geschätzten Leser*innen:
Zur Gestaltung und Nutzung von Geschichtsschulbüchern gibt es noch ein sehr ausführliches Kapitel. Wenn für Eure Bedürfnisse darauf hier zu wenig eingegangen wird, könnt ihr das trotzdem gern anmerken. Ich filter mir später die nützlichen Hinweise heraus.

Eine kurze Geschichte des Geschichtsschulbuchs in Gestaltung, Funktion und Nutzung

Das Geschichtsschulbuch der heutigen Zeit ist Teil einer historischen Entwicklung, die in ihrer Anwendungsform in öffentlichen Schulen seit Beginn des 19. Jahrhunderts weite Verbreitung fand. Aber bereits Vorläufer in Schulbüchern im sich entwickelnden Schulwesens des 18. Jahrhunderts hatte. Und auch die Geschichtsbücher dieser Zeit haben ihre Vorläufer, nämlich in den Büchern bzw. Schriften, die zur - oft genealogischen - historischen Erziehung an Adels- und Herrscherhöfen verwendet wurden. Die Geschichte des Geschichtsschulbuchs befasst sich sowohl mit seiner medialen als auch seiner didaktischen Veränderung über die Zeit. Beide sind untrennbar miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig.

Während der gesamten Zeit seiner Verwendung in den öffentlichen Schulen Deutschlands (bzw. deren Vorläufer), und zwar bis heute, war und ist das gedruckte Schulbuch der „wesentliche mediale Träger“ und hat als solches ein „Selbstverständnis“ als „ältestes Medium in der Schule.“1

1: Becker, Jörg (1978). Schulbuch und politisches System in der Bundesrepublik Deutschland. In: Schallenberger, Horst/Stein, Gerd (Hg.). Das Schulbuch zwischen staatlichem Zugriff und gesellschaftlichen Forderungen. Kastellaun/Hunsrück. S. 13–44, hier S. 15.

Zwar veränderten sich mit den Inhalten und der Gestaltung auch die didaktischen Funktionen und Ansprüche. Das gedruckte Buch ist jedoch nach wie vor eines der bedeutsamsten Lern- und Vermitt-

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lungsmedien, wenn nicht gar das wichtigste.1

Schönemann und Thünemann attestieren dem papiernen Geschichtsschulbuch jedenfalls noch 2010 – im Gegensatz zu einigen anderen Geschichtsdidaktiker*innen – weiterhin eine nachhaltige Position als „Leitmedium“ des Geschichtsunterrichts, und zwar trotz der bereits stattfindenden Entwicklung hin zum vermehrten Einsatz digitaler Medien.2

Geschichtsunterricht hatte im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Funktion der Vermittlung von in der Öffentlichkeit vorherrschenden und politisch gewollten Geschichtsbildern, die vor allem die nationale Perspektive auf Vergangenheitsdeutungen positiv, das heißt einseitig und oft unkritisch, hervorhob. Auf diese Weise sollten bereits Schüler*innen mental und emotional an den Staat und die Verfolgung seiner Interessen gebunden werden.3

Für diesen, aus heutiger Sicht ideologisch bedenklichen didaktischen Ansatz passte die katechetische Art der Vermittlung durch das Lehrbuch: Es enthielt fertige historische Narrationen, die in der Regel vom Lehrer vorgelesen wurden, und die von den Schüler*innen auswendig gelernt werden mussten – jedenfalls deren zeitliche, räumliche sowie personelle Daten und Fakten und ihre temporalen, kausalen usw. Zusammenhänge – um sie in Form der Reproduktion abprüfbar zu machen.4

Eine kritische Auseinandersetzung mit den Erzählungen über die Vergangenheit fand nicht statt, ebensowenig wie der Erwerb von Re–Produktionskompetenz zum eigenständigen Erschließen vergangener Ereignisse und der Narrationsbildung darüber. Die Schulbücher waren entsprechend textlastig gestaltet.5

Bilder waren entweder zeitgenössische Darstellungen, die ausschließlich zur Illustration, also der visuellen Unterstützung, der

2: Mit „Bedeutung“ ist seine Prominenz im Hinblick auf die Existenz und den Einsatz des Schulbuchs als Unterrichtsmedium im Vergleich zu anderen Medien gemeint, und damit zum Teil auch auf seine didaktische Funktion, nämlich als Medium des Vermittelns (auf Seite der Lehrenden) und des Lernens (auf Seite der Lernenden). Die Bedeutung für den Lernenden wird hier aber zunächst in rein quantitativer Hinsicht gesehen, also in der Häufigkeit der Verwendung. Auf seine didaktische Sinnhaftigkeit, also seine Qualität in Bezug auf Vermittlung und Erwerb historischer Kompetenzen, wird an späterer Stelle ausführlicher eingegangen.
3: Schönemann, Bernd/Thünemann, Holger (2010). Schulbucharbeit: Das Geschichtslehrbuch in der Unterrichtspraxis. Schwalbach/Ts., S. 9–20.
4: Ref.
5: Ref. Die schulische Geschichtsvermittlung des 19. Jahrhunderts, vor allem im deutschen Kaiserreich, spiegelt nicht die durchaus reflektierte Art und Weise des Umgangs mit Vergangenheit wieder, wie sie von einer großen Zahl von Historikern praktiziert wurde. Zu nennen ist hier nicht zuletzt Gustav Droysen. Auch der damaligen Geschichtswissenschaft war der Aussagewert von Narrationen bekannt. Sie war sich neben der historischen Methode bereits einiger der heute anerkannten historischen epistemologischen Prinzipien wie Selektivität, Perspektivität und Partialität bewusst. Nichtsdestotrotz fanden sich auch unter den damaligen Historikern einige, die einem historistischen deutschen Geschichtsbild anhingen, das ihren persönlichen nationalpolitischen Interessen entgegenkam.
6: Ref.

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