Schreiben des Insolvenzverwalters vom 06.02.19

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Kanzlei W.
Rechtsanwälte

Datum: 06.02.2019

Insolvenzverfahren über das Vermögen von Oliver Lenz
Beginn der Wohlverhaltensperiode - Veränderungen und Pflichten

Sehr geehrter Herr Kollege,

wie Ihnen bekannt, wurde auf Ihren Antrag mit Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 12.08.2016 über das Vermögen Ihres Mandanten das Insolvenzverfahren eröffnet. Wie Ihnen ebenfalls bekannt, wird die beantragte Restschuldbefreiung - soweit kein Versagungsgrund vorliegt 6 Jahre nach der Verfahrenseröffnung erteilt.

Das insgesamt 6 Jahre dauernde Insolvenzverfahren besteht aus zwei Abschnitten - dem regulären Insolvenzverfahren und der sich hieran anschließenden sogenannten „Wohlverhaltensperiode“.

In dem ersten Verfahrensabschnitt war es Aufgabe des Insolvenzverwalter, das bereits vorhandene oder neu erworbene pfändbare Vermögen zu verwalten und zu verwerten, die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen zu prüfen und — soweit während des Verfahrens eine Insolvenzmasse entstanden ist - die Verfahrenskosten daraus auszugleichen und ggfls. eine Quote auf die angemeldeten und festgestellten Forderungen auszuschütten.

Nach Einreichung meines Schlussberichts wurde mit Beschluss vom 04.12.2018 das Insolvenzverfahren aufgehoben. Der erste Verfahrensabschnitt ist damit beendet.

Ihr Mandant befindet sich nunmehr in der sog. „Wohlverhaltensperiode“. Ich wurde gemäß § 291 InsO zum Treuhänder in der „Wohlverhaltensperiode“ bestimmt.

Das Verbot der Zwangsvollstreckung für die Insolvenzgläubiger besteht gemäß § 294 InsO auch während der „Wohlverhaltensperiode“ fort.

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Pflichten in der „Wohlverhaltensperiode“

Ihr Mandant hat bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sein pfändbares Arbeitseinkommen gemäß § 287 Abs. 2 InsO an den Treuhänder abgetreten. Ich bin gemäß § 292 Abs. 1 InsO verpflichtet, den Arbeitgeber über diese Lohnabtretung zu informieren.

Wahrend der Wohlverhaltensperiode ist Ihr Mandant gemäß § 295 InsO verpflichtet,

  • mir Einkommensnachweise (Verdienstbescheinigungen, Bescheide über Sozialhilfe/Arbeitslosengeld/Wohngeld, Krankengeld, Rentenbescheide usw.) weiterhin für jeden Monat mindestens vierteljährlich zu übersenden
  • kein Arbeitseinkommen (auch keine geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse) oder sonstige Einkünfte zu verheimlichen,
  • soweit pfändbare Beträge aus dem Arbeitseinkommen des Schuldners vom Arbeitgeber nicht zur Insolvenzmasse abgeführt werden, sind diese von Ihnen bzw. Ihrem Mandanten selbständig zur Insolvenzmasse zu erstatten (die Pfändungstabelle wurde Ihnen bereits übersandt bzw. finden Sie auch im Internet)
  • soweit Ihr Mandant selbständig tätig ist, das Vergleichseinkommen eines Arbeitnehmers in dem Tätigkeitsfeld und mit der entsprechenden Qualifikation zu benennen und den sich hieraus errechnenden pfändbaren Betrag an den Treuhänder zu zahlen,
  • Änderungen der Unterhaltsverpflichtungen unverzüglich mitzuteilen (z.B. wenn Unterhaltsberechtigte über eigene bzw. veränderte Einkünfte verfügen)
  • vierteljährig zu erklären, ob und in welcher Höhe Unterhaltszahlungen an nicht im Haushalt lebende Unterhaltsberechtigte tatsächlich gezahlt werden und Nachweise (z. B. Kontoauszug) vorzulegen,
  • eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben bzw. sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen,
  • mir halbjährliche eine Aufstellung über die versandten Bewerbungsschreiben und Kopien der Antwortschreiben der Adressaten zu übersenden,
  • mich über Vermögen, dass Ihr Mandant von Todes wegen oder durch Erbschaft erwirbt zu informieren und es zur Hälfte seines Wertes an mich herauszugeben,
  • mir jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Arbeitsstelle unverzüglich mitzuteilen,
  • keine Insolvenzgläubiger zu befriedigen, sondern Zahlungen nur an den Treuhänder zu leisten,
  • mir mitzuteilen, falls/wenn Ihr Mandant seit Verfahrenseröffnung wegen einer Straftat gemäß § 283 bis 283c StGB (Konkursstraftaten) verurteilt wurde.

Sollten.diese Pflichten nicht eingehalten werden oder sonstige Versagungsgründe gemäß § 290 InsO vorliegen, kann dies zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.

Veränderungen durch den Beginn der „Wohlverhaltensperiode“

Das Amt des Insolvenzverwalters des regulären Insolvenzverfahrens ist mit dem Beginn der „Wohlverhaltensperiode“ beendet. Ihr Mandant kann damit über sein gesamtes noch vorhandenes und über neu erworbenes Vermögen - mit Ausnahme des pfändbaren Arbeitseinkommens und der Hälfte einer eventuellen Erbschaft - frei verfügen.

Soweit Sicherungsrechte von Gläubigern (z.&nobr;B. Grundschulden, Hypotheken, Sicherungsübereignungen o. ä.) bestehen, bleiben diese allerdings bestehen und können von den betreffenden Gläubigern auch weiterhin verwertet werden.

Ihr Mandant bedarf nicht mehr der Zustimmung des Treuhänders für Vertragsabschlüsse (z.&nobr;B. Versicherungen, Versorger, Kaufverträge, Bestellungen usw.), Vertragsfortführungen, Kontoeröffnungen, Neuanschaffungen (z.B. Auto) oder ähnliches. Der Treuhänder braucht über solche

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Handlungen auch nicht informiert werden. Die Übersendung von Duplikaten der Kontoauszüge an den Treuhänder wird eingestellt. Steuerbescheide werden wieder Ihrem zugestellt. Er ist wieder allein verantwortlich für Steuererklärungen oder ähnliches.

Wenn Ihr Mandant selbständig tätig ist, hat er keine betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Kassenabrechnungen oder ähnliches an den Treuhänder zu übersenden, sondern nur noch das hypothetische Vergleichseinkommen eines Arbeitnehmers zu benennen, aus dem dann der pfändbare Betrag berechnet wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ihr Mandant - unter Einhaltung der obigen Verpflichtungen - seine wirtschaftlichen und privaten Verhältnisse wieder in den eigenen Händen hält.

Der Treuhänder ist nur noch verantwortlich für den Einzug des pfändbaren Arbeitseinkommens und den Einzug der Hälfte des Wertes einer evtl. Erbschaft.

Deckung der Verfahrenskosten in der Wohlverhaltensperiode

Wenn Ihrem Mandanten die Stundung der Verfahrenskosten für die „Wohlverhaltensperiode“ bewilligt worden ist, trägt die Kosten zunächst die Staatskasse.

Entsteht aus dem pfändbaren Arbeitseinkommen oder aus einem Erbschaftsanteil eine Insolvenzmasse, so werden hieraus zunächst die möglicherweise noch offenen (gestundeten) Verfahrenskosten für das bereits beendete reguläre Insolvenzverfahren und die bisher angefallenen Kosten der „Wohlverhaltensperiode“ ausgeglichen.

Ergibt sich ein die bisher angefallenen Verfahrenskosten übersteigender Betrag, kann auch an die Insolvenzgläubiger eine Quote auf die festgestellten Forderungen ausgeschüttet werden.

Wenn die Verfahrenskosten nicht gestundet wurden und keine Insolvenzmasse entsteht, hat Ihr Mandant gemäß § 298 Abs. 1 InsO die Ihnen mitgeteilte Mindestvergütung selbst an den Treuhänder auszugleichen.

Ich bitte darum, diese Informationen an Ihren Mandanten weiterzuleiten.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen gez. W. i.A. D.
Rechtsanwalt als Treuhänder

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