Urteil des Sozialgerichtes Potsdam von 3/2013

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(Entscheidungsgründe:)
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Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGB) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben.
 
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGB) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben.
   
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung der ihm durch die am 12.11.2010 ambulant durchgeführte Venographie entstandenen Kosten.
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Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung der ihm durch die am 12.11.2010 ambulant durchgeführte Venographie entstandenen Kosten. Vorliegend kommt als Anspruchsgrundlage allein § 13 Abs. 3 Fünftes Buch/Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht. Danach sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung von Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine un­aufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten ent­standen sind, soweit die Leistung notwendig war. Ein Fall der Unaufschiebbarkeit ist nach Auffassung des Gerichtes hier nicht gegeben.
:'''''Es geht doch nicht um die Venographie! Ich wollte die Kosten der Angiographie ersetzt haben! Die Erstattung der Kosten der Venographie habe ich nicht beantragt!
 
   
Vorliegend kommt als Anspruchsgrundlage allein § 13 Abs. 3 Fünftes Buch/Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht. Danach sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung von
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Auch die zweite Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V - eine zu Unrecht abgelehnte Leistung - ist nicht erfüllt. Voraussetzung ist in diesem Fall, dass die Krankenkasse die Leistungsge­währung vor Inanspruchnahme der selbst beschafften Leistung abgelehnt hat. Vorliegend hat der Kläger die Duplexuntersuchung am 12.11.2010 durchführen lassen und die Kosten­übernahme am 20.10.2010 beantragt. Die Beklagte hatte somit die Möglichkeit, vor Inan­spruchnahme der Leistung zu prüfen, ob die beanspruchte Behandlung im Rahmen des vertragsärztlichen Versorgungssystems bereit gestellt werden kann und falls dies nicht möglich, ob sie zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, insbesondere den Anforderungen der Geeignetheit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leis­tungserbringung (§ 12 Abs. 1 SGB V) genügt. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist jedoch nur zu bejahen, wenn zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (der rechtswidrigen Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursa­chenzusammenhang besteht (bspw. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 8 m. w. N.). Der erforderli­che Ursachenzusammengang zwischen der Ablehnung der Krankenkasse und der Kostenbe­lastung des Versicherten liegt nicht vor, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme einer vom Versicherten selbst beschafften Leistung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre. Die vorherige Antragstellung ist durch den Kläger rechtzeitig am 20.10.2010 erfolgt, jedoch hat der Kläger sie vor der Entscheidung der Beklagten durchführen lassen. Die Kammer bejaht gleichwohl einen grundsätzlichen Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung, da der Beklagte bei der Antragstellung am 20.10.2010 bekannt war, dass die Untersuchung am 10.11.2010 erfolgen soll und sie genü­gend Zeit hatte, auf den Antrag des Klägers reagieren. '''''Das "zu" fehlt im Original'''''
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Es ist bei der Prüfung des Ursachenzusammenhanges auch zu beachten, ob der Versicherte sich bereits vor der Antragstellung, somit unabhängig von der Entscheidung der Kranken­kasse, auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leis­tungserbringer oder auf eine bestimmte Behandlungsart festgelegt hat (vgl. LSG, Berlin- Brandenburg, Urteil vom 05.08.2009, L 9 KR 80/08; zitiert nach juris). Dies ist nach Auf­fassung der Kammer nach den vorliegenden Unterlagen zu bejahen. Wenn auch nachvoll­ziehbar, hatte sich der Kläger bereits vor der Antragstellung auf Kostenübernahme bei der Beklagten darauf festgelegt, diese Untersuchung in Frankfurt/Main durchführen zu lassen. Ihm war zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass eine privatärztliche Abrechnung nach der GOÄ erfolgen wird, der voraussichtliche Termin der Untersuchung war für den 10.11.2010 ver­einbart. Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers dürfte daher bereits wegen des fehlen­den Ursachenzusammenhanges ausscheiden.
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Die am 30.11.2010 erfolgte Ablehnung der Übernahme der Kosten ist aber auch nicht zu Unrecht erfolgt ist. '''''Zweimal "ist" im Original.''''' Ein Kostenerstattungsanspruch setzt voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben, da ein Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch reichen kann (vgl. stg. Rspg. BSG, bspw. Urteil vom 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R; zitiert nach juris).
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Ein solcher Anspruch bestand für den Kläger nicht. Nach § 27 Abs. 1 SGB V haben Versi­cherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheiten oder Krankheits­beschwerden zu lindem. Dieser Behandlungsanspruch unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen der Zweckmäßig- und Wirtschaftlichkeit. Eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) besteht daher nicht, wenn eine bestimmte Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder der behan­delnden Ärzte positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Wie bereits der MDK in seinem Gutachten vom 22.11.2010 festgestellt hat, stellen interven­tionelle Maßnahmen im venösen System des Kopf-/Halsbereiches (Hirnsinus, Hirnvenen, Halsvenen) - hier im Rahmen der Diagnostik und zur Behandlung einer multiplen Sklerose - eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar.
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Gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung aber nur dann zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Vorliegend hat der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Empfehlung - weder positiv noch negativ - abgegeben, es mangelt bereits an einem entspre­chenden Antrag nach § 135 SGB V. Auch ein Systemversagen steht dem Kläger hier nicht zur Seite, dies insbesondere dahin gehend, dass bislang noch nicht einmal ein Antrag beim Gemeinsamen Bundesausschuss gestellt worden ist.

Version vom 21. Juli 2013, 11:41 Uhr

Sozialgericht Potsdam

Az.: S 15 KR 124/11

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Oliver Lenz,
Carl-von-Ossietzky-Straße 6, 14471 Potsdam
- Kläger -

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Leif Steinecke,
..., 16356 Ahrensfelde,

gegen

Barmer GEK
vertreten durch den Vorstand,
Lichtscheider Straße 89, 42285 Wuppertal,
- Beklagter -

hat die 15. Kammer des Sozialgerichtes Potsdam ohne mündliche Verhandlung am []2013 Datum fehlt im Original durch die Richterin am Sozialgericht K. sowie den ehrenamtlichen Richter A. und die ehrenamtliche Richterin M. für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine ambulante privatärztliche Venographie und Dilatation der Vena jugularis interna links.

Der 1966 geborene Kläger ist bei der Beklagten versichertes Mitglied. Im Jahr 2001 wurde bei ihm eine Multiple Sklerose diagnostiziert.

Am 20.10.2010 beantragte er die Kostenübernahme für eine am 10.11.2010 durchzuführende Duplexuntersuchung. Die Kosten würden sich auf ca. 2.500,00 bis 6.000,00 Euro belaufen. Dazu legte er ein Schreiben des kardiovaskulären Zentrums in Frankfurt/Main vom 12.09.2010 vor, dass am 10.11.2010 ein Termin für die Duplexuntersuchung vorgemerkt worden sei. Der Kläger wies darauf hin, dass er an der primär chronisch progredienten Verlaufsform der Multiplen Sklerose leide. Gegenwärtig sei er berentet, habe die Pflegestufe II und einen Schwerbehindertenausweis mit dem GdB 80, dem Merkzeichen aG und B. Ein Verschlechterungsantrag auf den GdB von 100 sei bereits gestellt worden. Sein körperlicher Zustand verschlechtere sich rapide und kontinuierlich. Eine Standardtherapie mit Kortison sei wirkungslos gewesen. Er habe nun den Verdacht, bei ihm könnte eine chronische ce­rebrale venöse Insuffizienz (CCSVI) vorliegen. Daher sei am 20.07.2010 in Frankfurt ein MS CCSVI-Protokoll nach Harke durchgeführt worden. Den Befund legte er seinem Antrag bei. Es seien typische Veränderungen im Sinne einer CCSVI festgestellt worden, die in die­ser Duplexuntersuchung abgeklärt werden sollen. Eventuell komme dann eine perkutane transluminale Angioplastie (PTA) und/oder Stentimplantation in Betracht. Dieser Eingriff könnte dann am 12.11.2010 durchgeführt werden. Erfahrungsberichte bereits operierter Patienten zeigen, dass MS-Kranke nach der Dehnung der verengten Venen enorme Veränderungen zum Guten haben feststellen können. Des Weiteren wies er auf das Urteil des Bun­dessozialgerichtes vom 04.04.2006 (Aktenzeichen B 1 KR 7/05 R) hin. Die Beklagte sei danach bei lebensbedrohenden oder tödlich Verlaufenden Krankheiten zur Leistung ver­pflichtet. Das Landessozialgericht Schleswig-Holstein habe in einem Urteil ausgeführt, dass die Multiple Sklerose den lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkran­kung im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung vom 06.12.2005 (1 BVR 347/98) gleichzustellen sei.

Die Beklagte wandte sich an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MdK), der unter dem 22.11.2010 feststellte, dass eine Kostenübernahme nicht befürwortet werden könne. Es handele sich hier um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die in der Fachwelt nur vereinzelt eine theoretische Grundlage diskutiert werde.

Mit Bescheid vom 30.11.2010 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte unter Vorlage der Rechnung vom 23.12.2010 die ihm entstandenen Kosten in Höhe von 1.991,68 Euro zu erstatten. Zur Be­gründung verwies er im Wesentlichen auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 06.12.2005.

Am 10.01.2011 lehnte die Beklagte erneut eine Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2011 als Unbegründet zurück. Grundsätzlich gelte im Rahmen der gesetzlichen Kran­kenversicherung das Sachleistungsprinzip. Nach § 13 Abs. 2 SGB V sei eine Kostenerstat­tung möglich, wenn der Versicherte zwischen Sachleistung und Kostenerstattung gewählt habe und zuvor eine Genehmigung erteilt worden sei. Dies scheide im Falle des Klägers aus, da er Kostenerstattung nicht gewählt habe. Einzige Grundlage könne daher § 13 Abs. 3 SGB V sein. Eine unaufschiebbare Leistung, somit ein Notfall, sei im Falle des Klägers zu verneinen. Die Beklagte habe die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Es handele sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, zu der der Gemeinsame Bundes­ausschuss noch keine Empfehlung abgegeben habe. Bei der von dem Kläger in Anspruch genommenen Leistung handele es sich nicht um eine Vertragsleistung. Eine Kostenerstat­tung sei daher nicht möglich. Darüber hinaus habe der MdK in seinem Gutachten vom 22.11.2010 ausgeführt, dass zu der von dem Kläger begehrten Untersuchung und Behand­lung keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen.

Mit seiner am 18.04.2011 vor dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Unter Vertiefung seines Vorbringens im Widerspruchsverfahren verweist er nochmals darauf, dass es sich bei der Multiplen Sklerose um eine lebensbe­drohliche Erkrankung handelt, so dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.12.2005 einschlägig sei.

Der Klägerbevollmächtigte beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 30.11.2010 und 10.01.2011 beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2011 zu verurteilen, dem Kläger die für die am 10.11.2010 durchgeführte Duplexuntersuchung entstandenen Kosten in Höhe von 1.991,68 Euro zu erstatten.
Ich wundere mich: es ging mir doch nie um die Kosten der Duplexuntersuchung (die habe ich alleine getragen), sondern einzig um die Kosten der Angiographie!

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt ihres Widerspruchsbescheides.

Das Gericht hat Befundberichte von den behandelnden Ärzten Dr. Zomak, Dr. Boschmann und Dr. Altmann sowie den Entlassungsbericht der medizinischen neurologischen Rehabilitation vom 14.08.2009 bis 04.09.2009 beigezogen. Dr. Zomak hat mir 2001 die Erstdiagnose gestellt. Ihn habe ich ein einziges Mal und dann nie wieder gesehen. 2009, zur Reha, lief ich noch zu Fuß. Was auch immer diese Leute sinnvolles aussagen können.

Mit Beweisanordnung vom 01.06.2012 hat das Gericht ein neurologisches Sachverständigengutachten von Dr. Christe eingeholt. Das Gutachten ist am 05.12.2012 nach körperlicher Untersuchung des Klägers am 11.10.2012 erstellt worden. Zwei Monate nach der Untersuchung ist das Gutachten erst erstellt worden?! Was will der Herr dann noch gewußt haben?? Wegen des Inhalts des Gutachtens wird auf Blatt 65 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten bezug genommen. Diese haben den Bericht vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGB) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben.

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung der ihm durch die am 12.11.2010 ambulant durchgeführte Venographie entstandenen Kosten. Vorliegend kommt als Anspruchsgrundlage allein § 13 Abs. 3 Fünftes Buch/Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht. Danach sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung von Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine un­aufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten ent­standen sind, soweit die Leistung notwendig war. Ein Fall der Unaufschiebbarkeit ist nach Auffassung des Gerichtes hier nicht gegeben.

Auch die zweite Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V - eine zu Unrecht abgelehnte Leistung - ist nicht erfüllt. Voraussetzung ist in diesem Fall, dass die Krankenkasse die Leistungsge­währung vor Inanspruchnahme der selbst beschafften Leistung abgelehnt hat. Vorliegend hat der Kläger die Duplexuntersuchung am 12.11.2010 durchführen lassen und die Kosten­übernahme am 20.10.2010 beantragt. Die Beklagte hatte somit die Möglichkeit, vor Inan­spruchnahme der Leistung zu prüfen, ob die beanspruchte Behandlung im Rahmen des vertragsärztlichen Versorgungssystems bereit gestellt werden kann und falls dies nicht möglich, ob sie zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, insbesondere den Anforderungen der Geeignetheit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leis­tungserbringung (§ 12 Abs. 1 SGB V) genügt. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist jedoch nur zu bejahen, wenn zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (der rechtswidrigen Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursa­chenzusammenhang besteht (bspw. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 8 m. w. N.). Der erforderli­che Ursachenzusammengang zwischen der Ablehnung der Krankenkasse und der Kostenbe­lastung des Versicherten liegt nicht vor, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme einer vom Versicherten selbst beschafften Leistung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre. Die vorherige Antragstellung ist durch den Kläger rechtzeitig am 20.10.2010 erfolgt, jedoch hat der Kläger sie vor der Entscheidung der Beklagten durchführen lassen. Die Kammer bejaht gleichwohl einen grundsätzlichen Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung, da der Beklagte bei der Antragstellung am 20.10.2010 bekannt war, dass die Untersuchung am 10.11.2010 erfolgen soll und sie genü­gend Zeit hatte, auf den Antrag des Klägers reagieren. Das "zu" fehlt im Original

Es ist bei der Prüfung des Ursachenzusammenhanges auch zu beachten, ob der Versicherte sich bereits vor der Antragstellung, somit unabhängig von der Entscheidung der Kranken­kasse, auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leis­tungserbringer oder auf eine bestimmte Behandlungsart festgelegt hat (vgl. LSG, Berlin- Brandenburg, Urteil vom 05.08.2009, L 9 KR 80/08; zitiert nach juris). Dies ist nach Auf­fassung der Kammer nach den vorliegenden Unterlagen zu bejahen. Wenn auch nachvoll­ziehbar, hatte sich der Kläger bereits vor der Antragstellung auf Kostenübernahme bei der Beklagten darauf festgelegt, diese Untersuchung in Frankfurt/Main durchführen zu lassen. Ihm war zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass eine privatärztliche Abrechnung nach der GOÄ erfolgen wird, der voraussichtliche Termin der Untersuchung war für den 10.11.2010 ver­einbart. Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers dürfte daher bereits wegen des fehlen­den Ursachenzusammenhanges ausscheiden.

Die am 30.11.2010 erfolgte Ablehnung der Übernahme der Kosten ist aber auch nicht zu Unrecht erfolgt ist. Zweimal "ist" im Original. Ein Kostenerstattungsanspruch setzt voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben, da ein Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch reichen kann (vgl. stg. Rspg. BSG, bspw. Urteil vom 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R; zitiert nach juris).

Ein solcher Anspruch bestand für den Kläger nicht. Nach § 27 Abs. 1 SGB V haben Versi­cherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheiten oder Krankheits­beschwerden zu lindem. Dieser Behandlungsanspruch unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen der Zweckmäßig- und Wirtschaftlichkeit. Eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) besteht daher nicht, wenn eine bestimmte Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder der behan­delnden Ärzte positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Wie bereits der MDK in seinem Gutachten vom 22.11.2010 festgestellt hat, stellen interven­tionelle Maßnahmen im venösen System des Kopf-/Halsbereiches (Hirnsinus, Hirnvenen, Halsvenen) - hier im Rahmen der Diagnostik und zur Behandlung einer multiplen Sklerose - eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar.

Gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung aber nur dann zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Vorliegend hat der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Empfehlung - weder positiv noch negativ - abgegeben, es mangelt bereits an einem entspre­chenden Antrag nach § 135 SGB V. Auch ein Systemversagen steht dem Kläger hier nicht zur Seite, dies insbesondere dahin gehend, dass bislang noch nicht einmal ein Antrag beim Gemeinsamen Bundesausschuss gestellt worden ist.

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