Schriftsatz der Gegenseite 26.8.2014

Aus cvo6
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A S

Landgericht Potsdam
- 13. Zivilkammer -
Hegelallee 10-12
14469 Potsdam

26.08.2014

13 S 68/13

In der Sache

C.
/RA A. S./

gegen

  1. Oliver Lenz
  2. H. L.

/RAin Damrow/

erlaube ich mir noch die folgenden Rechtsauffassungen

Inhaltsverzeichnis

1.

Im Schriftsatz vom 18.06.2014 behaupten die Beklagten, der Kläger habe die Aufhebung der ganzen erstinstanzlichen Entscheidung beantragt. Das ist falsch. Der Kläger hat lediglich die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils beantragt.

Insbesondere ist bereits im dritten Absatz der Berufungsbegründung vom 03.09.2013 erklärt worden: "Das Amtsgericht erkennt zwar richtigerweise das berechtigte Interesse des Klägers an der Vertragsbeendigung wegen Eigenbedarfs; zu Unrecht meint das Amtsgericht jedoch, dass diesem Interesse "im Rahmen einer Gesamtabwägung" das Fortsetzungsinteresse des Beklagten zu 1)

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entgegenstehe." Damit hat der Kläger insbesondere die Auffassung des Amtsgerichts nicht angegriffen, sondern sogar bestätigt, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Vertragsbeendigung wegen Eigenbedarfs hat. Insoweit hat der Kläger ersichtlich keine Aufhebung des Urteils und noch nicht einmal seine Abänderung begehrt.

2.

Ich halte den Vortrag der Beklagten zu den angeblichen Folgen eines Auszuges des Beklagten zu 1) weiterhin für unerheblich.

Es mag zwar sein, dass - in Übereinstimmung mit dem Urteil des BGH vom 10.01.1995 (VI ZR 31/94) eine unzulässige Ausforschung dann nicht vorliegt, wenn eine Prozesspartei mangels nur bei einem besonderem Sachverständigen vorhandenen Kenntnis von Einzeltatsachen nicht umhin kann, in den Rechtsstreit zunächst nur vermutete Tatsachen als Behauptung einzuführen. Ein solcher Fall liegt hier allerdings nicht vor. Die Beklagten führen keine vermuteten Tatsachen ein, sondern behaupten lediglich, dass ein Umzug des beklagten zu 1) bestimmte gesundheitliche Folgen haben könne.

Soweit im Schriftsatz vom 18.06.2014, Seite 2 Mitte, die Auffassung vertreten wird, "dass die dauerhafte Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beklagten" ausreiche, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Selbst wenn die Beklagten zulässigerweise eine Vermutung einführen dürfen, wie dies hier offenbar der Fall ist, muss diese Vermutung sich natürlich auf eine konkrete Tatsache beziehen. Eine "dauerhafte Verschlechterung des Gesundheitszustandes" ist jedoch keine solche Tatsache. Es müsste wenigstens dargetan werden, in welcher Weise und in welchem Maße sich der Gesundheitszustand verschlechtern werde. Auch ohne Angabe konkreter medizinischer Begriffe müsste es den Beklagten möglich sein, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beklagten zu 1) jedenfalls insoweit konkret darzustellen, wie es einem medizinischen Laien möglich ist. Dazu gehören insbesondere die Symptome, die eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes sichtbar machen sollen.

Daran fehlt es hier völlig.

Soweit der Beklagte zu 1) auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 18. Juni 2014 erklärt, er könne nicht absehen, in welchen konkreten Symptomen sich die angebliche gesundheitliche Schädigung äußern würde, bestätigt dies die obigen Ausführungen.

Wenn der Beklagte behauptet, vielleicht würde die MS insgesamt stärker voranschreiten, ist dies gerade keine vermutete Tatsache im Sinne der obigen Entscheidung des BGH. In jenem Fall hatte der Kläger konkret erlittene Gesundheitsstörungen beschrieben und dies auf eine vom Beklagten zu vertretene chemische Sensibilisierung zurückgeführt. Im vorliegenden Fall liegen

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die Dinge aber anders: Die Beklagten behaupten nicht, dass der Beklagte zu 1) im Falle eines Umzuges konkrete, von den Beklagten näher beschriebene Gesundheitsstörungen erleiden würde. Vielmehr halten sie diese allenfalls für möglich nicht einmal für besonders wahrscheinlich. Das ergibt sich aus der Verwendung des Wortes "vielleicht".

Es genügt daher für einen substaniierten und einer Beweisaufnahme zugänglichen Parteivortrag nicht, dass die Beklagten behaupten, vielleicht würde die MS insgesamt stärker voranschreiten oder vielleicht würden sich einzelne Symptome verstärken oder es könne sein, dass sich der bereits Grenzwertige Lernaufbau dahingehend verändere, dass der Beklagte gar keine Neuigkeiten aufnehmen könne oder vielleicht würde er erblinden Häh? Wer behauptet denn eine Erblindung?? oder vielleicht bekäme er Angstzustände.

Die Beklagten sind sich lediglich sicher - was der Kläger natürlich weiterhin bestreitet - , dass der Verlust der Wohnung mit einer erheblichen Minderung der Lebensqualität und mit einer Verschlechterung der Gesundheit des Beklagten einhergehen werde.

Hier handelt es sich auch nur um eine Vermutung. Allerdings handelt es sich nicht um eine Vermutung von Tatsachen, sondern unsubstantiiert gegebener Meinung, die einer Beweisaufnahme zugänglich wäre.

Soweit die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) sei nach den mündlichen Verhandlungen des Prozesses stets ein körperliches und seelisches Wrack, ergibt sich schon aus dieses Vortrag, dass die Ursache für eine sich hieraus ergebene gesundheitliche Verschlechterung des Beglagten zu 1) nicht der Umzug wäre, der noch gar nicht stattgefunden hat, sondern allenfalls die Belastung einer mündlichen Verhandlung. Zugleich ergibt sich hieraus aber auch, dass diese Belastungen anschließend wieder abgeklungen sein müssen. Anderenfalls were zu erwarten gewesen, dass die Beklagten dauerhafte Folgen solcher Belastungen dargelegt hätten. Aber wie gesagt: Solche Belastungen haben mit einem Umzug des Beklagten in eine andere Wohnung nichts zu tun.

Auch angebliche Verlustängste in Bezug auf die Wohnung hätten mit einem - erfolgten - Umzug in eine andere Wohnung nichts zu tun, sondern beziehen sich allenfalls auf die Ungewissheit, was die Zukunft bringt.

Bestritten wird weiterhin die Behauptung, dass ein Umzug des Beklagten zu 1) dazu führen würde, dass er den letzten Halt im Leben verlieren würde; denn außer dem festen Zuhause sei dem Beklagten nichts in seinem Leben geblieben.

Das Gegenteil ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass der Beklagte einen sehr großen Freundeskreis und zahlreiche Familie hat, wie er selbst in seinem bis

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heute sorgfältig und umfangreich gepflegten Internetauftritt unter www.cvo6.de darstellt.

In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass der Beklagte soeben die erste von zwei Finalpartien des Brettspiels "Go" als Herausforderer gegen den amtierenden Meister S. L. bestritten hat. Wie sich aus der vom Beklagten zu 1) selbst erstellten und regelmäßig gepflegten Internetseite www.go-potsdam.de/wiki/index.php?title=hauptseite ergibt, hat diese erste von zwei Finalpartien am 22.08.2014 im "Nil" StudentInnenkeller stattgefunden. Die zweite Partie findet am gleichen Ort statt am 27.08.2014.

Der Beklagte zu 1) ist als Schatzmeister Vorstandsmitglied im Go-Verein Potsdam und nimmt regelmäßig jeden Mittwoch an Go-Abenden im "Nil" teil.

Aufgrund der hervorragenden Aktivitäten des Schatzmeisters des Go-Vereins Potsdam beträgt das Barvermögen des Vereins 5,77 EUR. Alle 10 Mitglieder des Vereins haben schon seit Wochen kein anderes Thema mehr, als die gewinnbringende Anlage des Vereinsvermögens.

Daran würde sich bei einem Umzug des Beklagten zu 1) in eine andere Wohnung nichts ändern.

Ach. Zur Zeit beträgt die Entfernung von meiner Wohnung zum Nil-Klub 1,2 km (4 Busstationen)!

Ebenfalls sehr aktiv ist der Beklagte zu 1) bei Twitter. Sein dortiger Auftritt befindet sich unter https://twitter.com/olivlenz .

431 Beiträge von mir - die meisten davon Retweets - in einem Zeitraum von fast genau vier Jahren: eine "aktive" Nutzung sieht anders aus!

Die Möglichkeit zu "twittern" wird bei einem Umzug des Beklagten zu 1) in eine andere Wohnung in keiner Weise eingeschränkt.

Auch die politische Betätigung des Beklagten würde durch einen Umzug in eine andere Wohnung nicht eingeschränkt werden. Wie der Kläger soeben festgestellt hat, hat sich der Beklagte für die Wahl der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam am 25.05.2014 als Kandidat der Partei DIE LINKE auf Listenplatz 12 aufstellen lassen.

12 von 13 Listenplätzen in diesem Wahlkreis. Gewählt wurden nur der erste auf der Liste. Wem das noch unklar ist: ich stand als "Lückenfüller" auf der Liste: Dieser Wahlkreis (Wahlkreis II, ich wohne in Wahlkreis IV) hatte seine Listenplätze nicht vollbekommen. Ich war nicht mal bei der Veranstaltung zur Aufstellung der Kandidaten dabei.

Hierzu überreiche ich als Ausdruck aus dem Internet den Stimmzettel als

- Anlage BK 8 -.

Die politischen und namentlich parteipolitischen Aktivitäten des Beklagten würden durch den Umzug in eine andere Wohnung in keiner Weise eingeschränkt werden.

Soweit die Beklagten auf Seite 4 Mitte des Schriftsatzes vom 18.06.2014 meinen, es bedürfe gegebenenfalls eines gerichtlichen Hinweises dazu, ob der Verweis auf die Internetseite des Beklagten zu 1) zulässig sei, teile ich diese Auffassung nicht. Eine Partei hat keinen Anspruch darauf, dass das Gericht schon vor der Verkündung des Urteils seine Rechtsauffassung zu Teilaspekten mitteilt. Jedenfalls bedarf es keinen Hinweises zu Tatsachen oder Rechtsfragen, über die die Parteien bereits ausführlich in ihren Schriftsätzen diskutiert haben und bei denen es sich nicht um Gesichtspunkte handelt, die eine der Parteien erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat. Es kann nicht

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angehen, dass eine Partei sehendes Auges das Risiko eingeht, zu einem Gesichtspunkt gegebenenfalls die falsche Rechtsauffassung zu vertreten, um sich dieses Risiko dann durch das Gericht im Wege eines richterlichen Hinweises wieder abnehmen zu lassen. Es kann vor allem aber auch nicht angehen, dass hierdurch ein Rechtsstreit immer wieder verzögert wird.

A.
Rechtsanwalt

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