Widerspruch vom 20.09.22

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Kanzlei Damrow
Babelsberger Straße 26
14473 Potsdam

Rechtsanwalt M.

20. September 2022

Lenz ./. W.

Sehr geehrte[] M.,

namens und in Vollmacht meines Mandanten erhebe ich abermals gegen die Kündigung vom 01.09.2022

Widerspruch.

Ich weise vorsorglich daraufhin, dass weder die Kündigung, noch der Räumungstermin bestätigt werden. Die Kündigung ist unwirksam.

Die Voraussetzung des § 543 Abs. 1,2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 573 Abs. 1 BGB liegen hier nicht vor.

Da Sie trotz der ausführlichen Antworten meines Mandanten nicht von der Kündigung ablassen haben Sie im Weiteren auch meine Kosten für die außergerichtliche Vertretung zu tragen.

Inhaltsverzeichnis

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2300 Geschäftsgebühr […]
7002 Post- und Telekommunikationspausschale […]
Nettobetrag […]
7008 Umsatzsteuer […]
Bruttobetrag […]

Des Weiteren verweise ich abermals auf die Ausführungen meiner Kollegin Damrow vom 25.01.2022, die ich Ihnen freundlicherweise anfüge und mir zu eigen mache. Zudem weise ich nochmals auf das lebenslange Mietrecht meines Mandanten im Rahmen des § 374a Abs. 2 Satz 2 BGB in der streitgegenständlichen Wohnung hin, welches am 31.05.2018 vom Landgericht Potsdam Az. 13 S 68/13 entschieden wurde.

Rein vorsorglich erläutere ich besagte Ausführungen vom 25.01.2022.

Ihr Mandant hat die streitgegenständliche Wohnung erworben und ist in das Mietverhältnis eingestiegen, wie es zu dem Zeitpunkt der Eigentumsübergabe erfolgte.
Sämtlich vorgeworfenen Beschädigungen der Mietsache bestanden bereits bei Erwerb der Mietsache durch Ihren Mandanten. Außerdem ist davon auszugehen, dass sowohl die Fenster, die Türen und der Boden ihr Lebensalter erreicht haben. Eine Kündigung wegen Pflichtverletzungen ist ausgeschlossen.

Sie werfen meinem Mandanten diverse Beschädigungen der Mietsache vor. Sie werfen meinem Mandanten auch vor, dass er die Schäden nicht beseitigt hat.

Häufig kommt es in einem Mietverhältnis zu Beschädigungen des Mietobjekts. Grundsätzlich steht dem Vermieter nach Auszug des Mieters ein Schadenersatzanspruch zu, sofern etwas an der Mietsache beschädigt ist und der Mieter dies schuldhaft zu vertreten hat. Daher könnte Ihr Mandant allenfalls einen solchen geltend machen, allerdings liegen dafür die Voraussetzungen nicht vor. Hier fehlt es an der Pflichtverletzung gegenüber Ihrem Mandanten. Denn Ihr Mandant hat die streitgegenständliche Wohnung mit diesen Beschädigungen besichtigt, gesehen und gekauft. Die Beschädigungen erfolgten nicht am Eigentum Ihres Mandanten. Das Eigentum Ihres Mandanten ist unverändert, die Schäden sind bereits vorher entstanden. Wenn überhaupt, ist das Integritätsinteresse des Voreigentümers betroffen, Ihrem Mandanten fehlt insoweit die Aktivlegitimation. Die Schäden sind auch keine „Rechte" im Sinne des § 566 BGB, die auf Ihren Mandanten übergehen könnten.

Bei den sogenannten Beschädigungen handelt es sich Überwiegend um ein vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache durch meinen rollstuhfahrenden Mandanten.

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Im Einzelnen:

Die Entfernung der Fliesen unter der Badewanne sind tatsächlich für den Mietgebrauch der Wohnung notwendig und von daher von Ihnen zu dulden. Mein Mandant ist ein reinlicher Mensch, der der regelmäßigen Hygiene nachkommt. Dafür nutzt er unter anderem die Badewanne. Wie Sie und Ihr Mandant bereits wissen, ist mein Mandant Rollstuhlfahrer. Das Abnehmen der Fliesen ist notwendig, um dadurch einen Zugang in die Badewanne zu ermöglichen. Dies Fliesen sind nicht beschädigt und können jederzeit wieder angebracht werden. Eine Schadenbeseitigung ist hier jedoch nicht vorzunehmen, da schon keine Beschädigungen vorliegen und die bauliche Veränderung bei Eigentumserwerb bereits erfolgt war. Der vormalige Vermieter wusste davon und hatte die Veränderung geduldet.
Zudem handelt es sich hierbei nur um geringfügige Umbauten, auf die mein Mandant gemäß § 554 Absatz 1 Satz 1 BGB sowieso einen Anspruch hätte.

Rein vorsorglich verlange ich von Ihrem Mandanten, dass er die Beseitigung der Fliesen und den Umbau der Badewanne erlaubt, damit mein Mandant überhaupt baden und duschen kann.

Es ist richtig, dass mein Mandant Eine Kompostkiste hat, Allerdings steht diese nicht direkt auf dem Boden, diese ist in circa 12 cm Höhe auf Balkenstücken aufgebaut, sodass eine Ansammlung von Feuchtigkeit unter der Kiste verhindert wird. Auch diese wurde bei Eigentumserwerb durch Ihren Mandanten besichtigt und hingenommen. Für einen möglichen Schadenersatzanspruch fehlt es hier an der Pflichtverletzung gegenüber Ihrem Mandanten. Bereits seit einigen Jahren sind sämtliche Bewohner der Stadt Potsdam gezwungen, Biomüll getrennt von den anderen Müllsorten aufzubewahren und entsprechend zu entsorgen. Zu diesem Zweck werden die Bioabfälle in einer gesonderten Tonne oder Kiste aufbewahrt. Dass die besagte Kompostkiste in der Wohnung meines Mandanten steht, ist darauf zurück zu führen, dass er im Rollstuhl sitzt und die täglichen Entsorgungen des Biomülls in der dafür vorgesehenen Mülltonne mit erheblichem Aufwand verbunden sind. Jedenfalls wird auch die besagte Kompostkiste regelmäßig geleert, sodass es aufgrund dessen schon gar nicht zu Ungezieferbefail kommen kann und auch keine Steigerung des Risikos zur Beschädigung der Mietsache vorliegt.
Im Übrigen sind die Dielen schon so alt, dass kein Schaden mehr entstehen kann.

Ihr Mandant ist der Ansicht, dass die Abnutzung des Treppenhauses durch die Treppenraupe meines Mandanten über das übliche Maß hinaus geht. Was ist hier denn das übliche Maß? Eine Treppenraupe erfüllt nun mal gerade den Zweck, die Treppen auch als Rollstuhlfahrer nutzen zu können. Der Ansicht Ihres Mandanten nach liegt die Ursache der Schäden an einem unsachgemäßen Umgang und mangelnder Sorgfalt meines Mandanten. Dies ist falsch. Soweit diese Geräte bei sorgfältiger Verwendung Schäden hervorrufen, so handelt es sich um

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allgemeine Gebrauchsspuren. Auch hier fehlt die Verletzung des Eigentums Ihres Mandanten. Denn bei der Treppe handelt es sich um das Eigentum der WEG. Diese könnte dagegen vorgehen, hat es jedoch bisher nicht getan.

Sie tragen vor, dass dritte Personen ohne Genehmigung in der Wohnung meines Mandanten leben. Auch das ist falsch. Meinem Mandanten steht es frei Besuch in seiner zu empfangen, ohne jedes Mal den Eigentümer um Erlaubnis zu bitten. Mein Mandant ist auf Grund seiner Erkrankung auf eine ganztägige Betreuung und vor allem Unterstützung angewiesen. Ich gehe davon aus, dass Sie bei dem Aufenthalt dritter Personen ohne Genehmigung nicht die Kinder meines Mandanten oder seine Lebensgefährtin meinen. Hierfür muss der Mieter keine Genehmigung seines Vermieters einholen.
Ein Herr Gö. ist nicht amtlich bei meinem Mandanten gemeldet.
Sofern meinem Mandanten Verunstaltungen und Überklebungen seines Briefkastens vorgeworfen werden, so ist dies auf länger zurückliegenden Vandalismus zurückzuführen. Sämtliche Bewohner des Mietobjekts wissen davon, auch der Voreigentümer, der im Übrigen die Beschriftungen duldete. Von Verunstaltungen kann hier jedoch nicht die Rede sein, da lediglich die Namen meines Mandanten und seiner Lebensgefährtin auf dem Briefkasten stehen. Sofern sich der Eigentümer der Wohnung dadurch gestört fühlt, können diese Beschriftungen selbstverständlich abgewischt werden.

Das Auffangen des Regenwassers mittels einer Regentonne dient hier vor allem der Nachhaltigkeit. Mein Mandant nutzt das aufgefangene Regenwasser zur Bewässerung der Blumen, um seinen Beitrag zu einer nachhaltigen Umwelt zu leisten. Im Übrigen wurde die Blumenkästen meines Mandanten ohne Anerkenntnis einer Schuld auf den Terrassenboden gestellt, sodass diese nicht mehr auf der etwa 40 cm breiten Balkonmauer stehen. Der von Ihnen beschriebene grüne pflanzliche Bewuchs an der Hauswand ist nicht auf die Regentonne meines Mandanten zurückzuführen. Die Terrasse meines Mandanten ist freistehend und der Witterung ausgesetzt, dabei ist es nur normal, wenn es gegen die nach Norden zeigende Hauswand regnet. Ebenso normal ist es, wenn Regen, Wind, Sonne und Schnee ihre Spuren hinterlassen und es dadurch zu Verfärbungen auf verschiedensten Materialien kommt. Eine Reinigung der Ablaufrinne ist möglich. Wieso sollte dies nicht der Fall sein?

Ihr Mandant beklagt, dass die Fenster in der Wohnung meines Mandanten verschlissen sind und die Farbe an den Rahmen abplatzt. Ich bitte Sie daher Ihrer Pflicht nachzukommen und diese zu überarbeiten und instand zu setzen. Die Rede ist hier von Holzfenstern, die im Jahr 2002 erneuert worden sind. Die übliche Lebensdauer bei Holzfenstern liegt bei 20 Jahren und ist damit erreicht. Ich bestreite das die Fenster faulen und dass dies auf irgendein Fehlverhalten meines Mandanten zurückzuführen Ist. Mein Mandant heizt und lüftet ordnungsgemäß.

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Die Bemalung der Türen durch die Kinder meines Mandanten ist hier unter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu ziehen. Die Dellen und Furchen in Böden und Zimmertüren und Türrahmen unterliegen ebenfalls dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Mein Mandant ist Rollstuhlfahrer, der Rollstuhl hinterlässt Spuren.

„Bei der Pflicht des Mieters zur Einhaltung der Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs handelt es sich um keine Leistungspflicht, sondern um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht iSd § 241 II BGB (sog. Schutzpflicht). Schutzpflichten sind im Allgemeinen nicht zustands- oder erfolgsbezogen, sondern verhaltensbezogen. Dies hat zur Folge, dass die Pflichtverletzung des Mieters nicht einfach aus der Verschlechterung der Mietsache abgeleitet werden kann." (NZM 2022, 393, beck-online)

Vielmehr hat der Eigentümer/Vermieter eine Pflicht gemäß § 535 Abs. 1 BGB dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu gewähren und diese in einem vertragsgemäß geeigneten Zustand zu überlassen und darin zu erhalten. Vertragsgemäßer Zustand liegt hier in dem Wohnen und der Gestaltung des Lebensmittelpunktes in dieser Wohnung. Dazu gehört es selbstverständlich auch, die Toilette und das Badezimmer zu nutzen. Nur weil mein Mandant ein Rollstuhlfahrer ist, darf er darin nicht benachteiligt werden. Als er die Wohnung bezog, saß er noch nicht in diesem Rollstuhl und hat sich dies auch nicht so ausgesucht. Die Badezimmertür ist sehr schmal, das stimmt. Aus der Sicht Ihres Mandanten ist diese gar vollkommen ungeeignet für die Benutzung mit einem Rollstuhl. Daher erfüllt dieser Zustand nicht den vertragsgemäß geeignet Zustand der Mietsache. Ich verbiete mir derartige behindertenfeindliche Kommentare, die offen gestanden absolut unangemessen sind und erinnere vielmehr an die Pflichten Ihres Mandanten. Hiermit fordere ich Sie auf, den vertragsgemäßen Zustand der Wohnung herzustellen und die Tür zum Badezimmer zu vergrößern.

Im Übrigen befürwortet mein Mandant eine Aufarbeitung des veralteten Fußbodens (Dielen) und würde sich daran auch beteiligen. Die Instandsetzung des Bodens ist nach 20 Jahren geboten und fällt nicht unter die Pflichten des Mieters.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Franziska-Josephine Kuba
Rechtsanwältin

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