Protokoll der Gerichtsverhandlung am 19.04.18

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Das kann man so nicht sagen. Das Bestehen von neurologischen Handicaps sagt insoweit nichts aus. Ich verweise dort auf den Physiker Hawking.
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Es handelt sich bei dem Verlauf von fünf Jahren Prozessführung auch um chronischen Stress. Ein Umzug würde dies noch einmal zuspitzen.
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Auf Frage des Klägervertreters, wieso sich die Situation dann zuspitzen würde:
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Es käme zu einer akuten Situation, es könnten dann neurologische Funktionsstörungen und neue Herde auftreten. Sie werden von mir keine Prognose hören, dass es schon gut gehen werde. Es ist möglich, dass er ohne Umzug die Situation eher bewältigen wird, aber auch das kann letztendlich keiner sicher sagen.
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Auf Frage des Klägervertreters, was mit akuter Situation gemeint sei:
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Ich meine damit, dass dann die Entscheidung gefallen ist und es dann losgehen. Trotz möglicher Hilfe von außen meine ich, dass die Umzugssituation den Beklagten selbst betreffen würde, jedenfalls aber bezüglich der von mir schon beschriebenen psychischen Auswirkungen.
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Zu [[Schriftsatz_der_Gegenseite_vom_20.11.17#11_Frage_an_den_Sachverst.C3.A4ndigen:|Frage elf auf Seite 11]]:
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Darüber haben wir heute schon gesprochen.
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Zu [[Schriftsatz_der_Gegenseite_vom_20.11.17#13._Frage_an_den_Sachverst.C3.A4ndigen:|Frage 13 Seite 11]]:
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Ich glaube nicht, dass sich ein Arzt oder Pfleger finden wird, der sich darauf einlässt oder dass ein Arzt Prozac oder Valium verschreiben würde.
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Mögliche Beruhigungsmittel oder Antidepressiva können bei der Konstitution des Beklagten auch möglicherweise sofort schädigen. Aus ethischen Gründen ist aber eine solche Behandlung
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vorliegend ausgeschlossen.
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Zur Frage nach den ethischen Grenzen verstehe ich schon die Frage nicht ganz. Es gibt insoweit Leitlinien und eine Ethikkommission. Grundsätzlich darf man nicht behandeln mit der
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Möglichkeit dadurch zu schaden.
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Version vom 5. Mai 2018, 19:30 Uhr

Protokoll
aufgenommen in der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Potsdam,
13. Zivilkammer, am Donnerstag, 19.04.2018 in Potsdam

Gegenwärtig:

Vorsitzender Richter am Landgericht Sch.
als Vorsitzender
Richterin am Landgericht D.
Richterin am Landgericht G.

Von der Zuziehung eines Protokollführers gem. § 159 Abs. 1 ZPO wurde abgesehen.

In dem Rechtsstreit

C., D Str., B.

- Beklagter und Berufungskläger -

Er ist Kläger, nicht Beklagter.
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte A., H.

gegen

1. Oliver Lenz, L.-str., 14469 Potsdam

- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Da wohne ich nicht. Selbst wenn, wäre die PLZ falsch.

2. Heike Lenz, L.-str., Potsdam

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwältin Katja Damrow, Leipziger Straße 58, 14473 Potsdam

erscheinen bei Aufruf der Sache:

Der Kläger und Berufungskläger in Person und für ihn Rechtsanwalt A.

Inhaltsverzeichnis

Seite 2

Der Beklagte und Berufungsbeklagte und für die Beklagten, Rechtsanwältin Damrow.

Ferner ist erschienen, der zum heutigen Termin geladene Sachverständige Prof. Dr. A.

Beschlossen verkündet:

Der Sachverständige soll sein Ergänzungsgutachten und Erstgutachten mündlich erläutern.


Der Sachverständige wird zunächst dem Gesetz entsprechend belehrt und sodann wie folgt vernommen:

1. Zur Person:

Prof. Dr. med. A…, … Jahre, von Beruf Professor der Neurologie und Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, wohnhaft in B., mit dem Partei nicht verwandt oder verschwägert.

2. Zur Sache:

Der Sachverständige erklärt, dass ihm der Fragenkatalog des Klägers aus dem Schriftsatz vom 20.11.2017 nicht vorliege. Ihm werden Kopien dieses Schriftsatzes überreicht.

Es werden die Fragen aus dem Klägerschriftsatz vom 20.11.2017 durchgegangen.

Zur Frage auf Seite 4 oben erklärt der Sachverständige:
Das, was dort behauptet wird, mag zutreffen. Es geht vorliegend allerdings um den Umzug und den Wechsel der Lebenssituation, das Übrige war nicht Frage des Gerichts.

Dass sich dies auf den psychischen Gesundheitszustand bei einem möglichen Umzug stabilisierend auswirkt. glaube ich nicht. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Zu Frage eins auf Seite 4 unten:

Die genauen Daten kann ich nicht angeben. Es war jedenfalls im Jahr 2017, da habe ich mehrere Telefonate mit dem Oberarzt geführt, dies vor dem Hintergrund, dass Probleme mit der

Seite 3

Schweigepflichtsentbindung bestanden und das Gericht auch noch den Oberarzt direkt anschreiben musste. Jedenfalls fand dies alles unmittelbar vor der Erstellung des Ergänzungsgutachtens statt. Ich würde sagen, dies war im Juli/August 2017.

Inhaltlich ging es darum, dass mir die Verlaufsuntersuchungen und Befundberichte aus der dortigen Untersuchung zugeschickt werden.

Wir haben auch ausgetauscht, wie der neurologische Status des Beklagten war, wie er bei Herrn Dr. A. war und wie er bei mir war. Dies allerdings nur in wenigen Sätzen. Das, was ich mündlich von ihm erfuhr, wich nicht ab von dem, was ich schriftlich vorliegen hatte. Zu den Unterlagen von Dr. A. habe ich auf Seite 6 Ergänzungsgutachtens ausführlich ausgeführt.

Die im Gutachten beigefügten Unterlagen aus der Sankt Josef Ambulanz sind die, die ich von Herrn Dr. A. bekommen habe.

Zur Frage 2 auf Seite 5 oben:

Mir lagen Kopien dieser Schreiben vor.

Diese kam von Herrn Dr. A.

Zu Frage 3 auf Seite 5:
Zu Beginn stand die Diagnostik bei Herrn Prof. Kursawe im Sankt Josef Krankenhaus. Zur Behandlung zählten konventionelle Medikamente, Interferon stehen dabei an der Spitze.

Zur Frage der Wirksamkeit:
Das lässt sich schlecht beantworten, die Interferone verhindern mit einer Wahrscheinlichkeit von 30-40 % weitere Schübe. Es handelt sich dabei aber um kein heilendes Medikament. Deshalb sind mit dem Patienten auch die Frage der Nebenwirkung zu besprechen. Damals konnte man das Medikament nur spritzen.

Auf Frage der Beklagtenvertreter:
Die Frage, ob der Beklagte an einer schubförmigen MS leide, ist unterschiedlich zu beantworten. Sehr wahrscheinlich hat es mit einer schubförmigen MS begonnen, es hat sich dann in eine sekundär chronische MS entwickelt.

Seite 4

Zur Frage 4:

Es betrifft die damalige Behandlung durch Herrn Prof. Kursawe. Ich selber habe ihn auf eine mögliche Spritzenphobie nicht untersucht, da er von mir keine Spritzen erhalten sollte.

Zur Frage des Klägervertreters, warum dann der Sachverständige im Gutachten darauf verwiesen hat, dass eine Vielzahl von Patienten wegen einer Spritzenphobie der Behandlung nicht zugestimmt hätten:

Weil dies damals so war und es dann schön war, dass das Medikament dann später oral vergeben werden konnte.

Die oral zu vergebenen Medikamente sind nicht so wirksam.

Auf Nachfrage durch den Klägervertreter, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass beim Beklagten es mit einer schubförmigen MS begonnen habe:

Darauf kam ich nach Durchsicht der Verläufe und Kommentare seitens der Sankt Josef Ambulanz.

Auf ergänzende Frage des Klägervertreters, ob diese Kommentare den Gutachten beigefügt seien:

Ich verweise insoweit auf Seite 5 meines Hauptgutachtens, dort habe ich dazu ausgeführt.

Wenn ich gesagt habe, dass diese Einschätzung „sehr wahrscheinlich sei", dieser Begriff überstrapaziert werde, so verweise ich darauf, dass es damals diagnostische Tests nicht gab

Diese gibt auch heute noch nicht. MS ist eine Ausschlußdiagnose. Wenn es zu einem klinischen Bild keine Erklärung gefunden wird, dann wird MS diagnostiziert.

und die Neurologen sich den Kopf zerbrochen haben, was dort vorliegt. Ich schließe mich allerdings aufgrund der Verläufe der Einschätzung an.

Zu Frage 5 auf Seite 6 oben:

Das dort genannte Medikament ist nach wie vor nicht zugelassen. Es zählt zu der modernen MS Therapie. Die Antikörpertherapien sind zum Teil hochwirksam. Das Medikament befindet sich noch in der Anfangsphase der Erprobung. Teilweise haben die Therapien tödliche Nebenwirkungen. Ich schließe aus, dass der Beklagte eine Therapie mit solchen Antikörper-Medikamenten haben sollte, wegen dieser Nebenwirkung. Es kann zu schweren und sogar tödlichen Nebenwirkungen kommen.

Seite 5

Zu Frage 6 auf Seite 9 des Schriftsatzes:

Die Behauptungen dort stimmen nicht. Die erhobene Studien machte keinen Unterschied bezüglich der Verlaufsform. Das neue war an der Studie, dass durch diese nachgewiesen wurde im MRT, dass weniger Herde auftreten, wenn Stress vermieden wird. Dieser Effekt ebbte dann nach sechs Monaten ab beziehungsweise wurde weniger deutlich. Was dies bedeutete, müsste noch näher untersucht werden.

Auf Vorhalt der Aussage auf Seite 7, vorletzter Absatz:

Es handelt sich bei diesem Zitat meiner Erinnerung nach um ein Zitat aus dem Abstract. Es handelt sich dabei um einen ehrlichen skeptischen Kommentar der Verfasser. Aber die in der Studie geschilderte Tendenz ist ja da. Auch fällt die Untersuchung in die Ära, wo noch kein MRT vorlag. Die Untersuchungen mit MRT sind im Fluss.

Auf Frage Klägervertreters, ob in jüngerer Zeit dann Änderungen bei dieser Einschätzung zu erwarten sind:

Das glaube ich nicht. Der Zusammenhang zwischen Stress und achubförmigen Verlauf ist etabliert. Die Untersuchung von Moor hat insoweit den Neurologen die Augen geöffnet.

Innerhalb einer chronischen MS kann es auch zu schubförmigen Verschlechterung kommen. Diese bilden sich möglicherweise nicht ab. Beim Beklagten sind allerdings auch so viele Herde schon zu sehen, wie ich es in meinem Gutachten beschrieben habe. Da könnte es schwierig sein, einen zusätzlichen Herd zu identifizieren. Der Satz, dass ein Zusammenhang zwischen Stress und schubförmigen Verlauf etabliert sei, ist ein Zitat von Delbrück und anderen. Dass ein Zusammenhang zwischen Stress und MS besteht, und zwar auch für eine schubförmige Verschlechterung, ist aktueller Stand der Wissenschaft. Insofern ist die Studie von Herrn Moor für mich in diesem Punkt gar nicht so entscheidend.

Zu Frage 7 auf Seite 10:

Ich bin so vorgegangen, wie ein neurologischer Kliniker vorgeht. Man macht eine Zusammenschau von allen Unterlagen, den Befundberichten, den Arztberichten und einer Befragung der Pfleger und zieht hieraus auf medizinischer Grundlage und der aktuellen Wissenschaft die Schlüsse. Ich habe daraus dann den im Gutachten geschilderten Schluss gezogen. Ich verweise noch einmal darauf, dass beim Beklagten eine heikle Sachlage vorliegt.

Seite 6

Die bei ihm vorliegenden MS Herde weisen heikle Lokalisationen auf, unter anderem am Rückenmark. Bei ihm gibt es auch bereits eine komplizierte Sehstörung, die auf ein Herdchen zwischen den Augen zurückgeht. Im Falle der Bildung weiterer Herde kann es zu einer dramatischen Verschlechterung kommen. Dies meinte ich mit meiner Formulierung „seidener Faden“

Zu Frage 8-10:

An Symptomen können auftreten Symptome neurologische Art oder in Form von neuen Herden oder eine Verschlechterung von schon bestehenden Herden bzw. Symptomen. Es können noch psychische Probleme auftreten, beispielsweise könnte die depressive Verstimmung sich verschlechtern. Eine Voraussage, welcher dieser Symptome dann auftritt, kann ich nicht treffen.

Zu Frage 8 und der Frage nach dem Stress kann ich nur sagen, dass es um die Gesamtsituation des anstehenden Wohnungswechsels geht.

Worin genau der Stress liegen würde, da müssten Sie Herrn Lenz fragen. Das Thema Stress ist Thema der Stressforschung, es gibt positiven und negativen Stress. Hier geht es um negativen Stress. Würde Herr Lenz dem Umzug zustimmen, dürfte es auch keinen Stress für ihn geben.

Auf Frage der Beklagtenvertretern,

i fehlt im Original

ob der Sachverständige sagen können, ob Herr Lenz mit dem vorliegenden Verfahren und dem drohenden Wohnungswechsel Stress habe:

Ja.

Auf Fragen des Klägervertreters, ob der Sachverständigende sich insoweit sicher sei oder der Beklagte ihm das so gesagt habe:

Beides. Ich bin mir sicher aufgrund der Synopse der vorliegenden Daten, und er hat es mir auch so gesagt.

Auf Frage des Klägervertreters, wie der Stress der letzten fünf Jahre des Prozesses sich dann auf den Beklagten ausgewirkt habe:

Das kann ich so nicht sagen. Ich habe ihn selbst 2016 oder 2017 untersucht. Ich kann jedenfalls sagen, dass der Prozess für seine Befundsituation jedenfalls nicht wohltuend war und es ihm dadurch nicht besser gegangen ist.

Seite 7

Auf Frage des Klägervertreters, was daraus zu schließen sei, dass der Beklagte bis heute trotz der vergangenen fünf Jahren „noch gut" aussehe:

Das kann man so nicht sagen. Das Bestehen von neurologischen Handicaps sagt insoweit nichts aus. Ich verweise dort auf den Physiker Hawking.

Es handelt sich bei dem Verlauf von fünf Jahren Prozessführung auch um chronischen Stress. Ein Umzug würde dies noch einmal zuspitzen.

Auf Frage des Klägervertreters, wieso sich die Situation dann zuspitzen würde:

Es käme zu einer akuten Situation, es könnten dann neurologische Funktionsstörungen und neue Herde auftreten. Sie werden von mir keine Prognose hören, dass es schon gut gehen werde. Es ist möglich, dass er ohne Umzug die Situation eher bewältigen wird, aber auch das kann letztendlich keiner sicher sagen.

Auf Frage des Klägervertreters, was mit akuter Situation gemeint sei:

Ich meine damit, dass dann die Entscheidung gefallen ist und es dann losgehen. Trotz möglicher Hilfe von außen meine ich, dass die Umzugssituation den Beklagten selbst betreffen würde, jedenfalls aber bezüglich der von mir schon beschriebenen psychischen Auswirkungen.

Zu Frage elf auf Seite 11:

Darüber haben wir heute schon gesprochen.

Zu Frage 13 Seite 11:

Ich glaube nicht, dass sich ein Arzt oder Pfleger finden wird, der sich darauf einlässt oder dass ein Arzt Prozac oder Valium verschreiben würde.

Mögliche Beruhigungsmittel oder Antidepressiva können bei der Konstitution des Beklagten auch möglicherweise sofort schädigen. Aus ethischen Gründen ist aber eine solche Behandlung vorliegend ausgeschlossen.

Zur Frage nach den ethischen Grenzen verstehe ich schon die Frage nicht ganz. Es gibt insoweit Leitlinien und eine Ethikkommission. Grundsätzlich darf man nicht behandeln mit der Möglichkeit dadurch zu schaden.

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