Gutachten auf Aufforderung des Gerichts

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Geschäftsstelle der 15. Kammer
Sozialgericht Potsdam, Rubensstraße 8, 14467 Potsdam

Herrn Rechtsanwalt Leif Steinecke
Rebhuhnwinkel 46
16356 Ahrensfelde

12. Jan. 2013

Ihr Zeichen: Lenz 293

Oliver Lenz ./. Barmer GEK Hauptverwaltung I

Sehr geehrter Herr Steinecke,

in dem Rechtsstreit wird übersandt:
- Gutachten vom 5. Dezember 2012

Um Stellungnahme innerhalb von 6 Wochen wird gebeten.

Mit den Ihnen übermittelten Unterlagen sind nach dem bisherigen Verfahrensstand die Ermittlungen von Amts wegen abgeschlossen. Sollten von Ihrer Seite Änderungen oder Ergänzungen notwendig sein, wird um umgehende Mitteilung an das Gericht gebeten.

Es wird gebeten zu prüfen, ob die Klage im Hinblick auf das Gutachten / die Befundberichte zurückgenommen wird oder mit welcher Begründung der Rechtstreit fortgeführt werden soll.

Mit freundlichen Grüßen

Justizbeschäfitigte

Anlage


ERNST von BERGMANN KLINIKUM, www.klinikumevb.de, Neurozentrum, Klinik und Poliklinik für Neurologie mit Stroke Unit

Sozialgericht Potsdam Geschäftsstelle der 15. Kammer Rubensstr. 8

Potsdam, den 5. Dezember 2012

Rechtsstreit Oliver Lenz ./. Barmer GEK, 42285 Wuppertal,
Aktenzeichen: S 15 KR 124/11

Unser Zeichen: GAB-Nr.: 12/12

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
gemäß Ihrer Beweisanordnung vom 1. Juni 2012 erstellen wir ein fachneurologisches Gutachten. Grundlagen sind die überlassenen Prozess- bzw. Beiakten sowie eine ausführliche Anamneseerhebung und Untersuchung des Klägers am 11.10.2012 in den Räumen der Klinik für Neurologie des Klinikums Ernst von Bergmann in Potsdam.

Angaben des Klägers:

Herr L. berichtete, im Jahr 1997 erstmals eine Gangunsicherheit mit Nachziehen eines Beines und Verlangsamung des Gehtempos

Gangunsicherheit: ja, d.h. ich konnte nicht mehr nach dem Bus rennen. Alles andere, wie "Nachziehen eines Beines" oder "Verlangsamung des Gehtempos" ist erfunden.

bemerkt zu haben. Rennen sei damals nicht mehr möglich gewesen. Dies habe in den Folgejahren zugenommen. Im Jahre 2001 wurde im Potsdamer St. Josefs-Krankenhaus die Diagnose einer Multiplen Sklerose gestellt. (Quelle: Entlassbrief des St. Josefs-Krankenhauses vom 22.10.2001, zu finden auf der von Herrn L. selbst erstellten Homepage www.cvo6.de). Zu diesem Zeitpunkt bestand bereits eine Gehstrecken-Verkürzung auf ca. einen Kilometer. Eine Kernspintomographie des Kopfes vom 25.9.2001 zeigte mehrere kleinfleckige periventrikulär gelegene Marklagerläsionen. Der Liquor cerebrospinalis war in typischer Weise verändert. Aufgrund erst seit wenigen Tagen bestehenden Gefühlsstörungen am linken Arm wurde ein akuter MS-Schub diagnostiziert,

Ein "Schub" wurde nicht und nie diagnostiziert. Richtig ist, daß in der Epikrise steht: "Da der Patient bei Aufnahme unter neu aufgetrenen Parästhesien des linken Unterarmes litt, entschlossen wir uns zu einer 5-tägigen Therapie mit Methylprednisolon". Ein Schub war das definitiv nicht und wird auch nicht behauptet. Korrekt ist, daß ich mich in dieser Zeit sehr genau beobachtete und DADURCH das Kribbeln in der Hand (nicht im Unterarm!) bemerkte. Dieses ganz leichte Kribbeln mag schon monatelang vorhanden gewesen sein.

und es erfolgte eine intravenöse Cortison-Therapie (je 500 mg Methylprednisolon pro Tag an fünf aufeinander folgenden Tagen).

500 mg Methylprednisolon pro Tag" wurden nicht gegeben. Es war 5 Tagen je 1000 mg Methylprednisolon (Cortison).

Aufgrund fehlender Wirksamkeit wurde anschließend eine erneute Gabe in doppelter Dosis angeraten,

Mir wurden weitere 1000 mg Methylprednisolon vorgeschlagen. Das war keine doppelte Dosis, sondern die Wiederholung der gleichen Dosis.
Im übrigen unterliegt die Cortisongabe starken Modeerscheinungen: Cortisongabe als Mode.

von Herrn L. jedoch nicht gewünscht. Die Verlaufsform der Erkrankung wurde als „nicht eindeutig zuzuordnen“, jedoch als „wahrscheinlich zunächst schubförmig mit sekundär chronischer Progredienz“ eingestuft.

Am 22.4.2004 schrieb dasselbe Krankenhaus: Diagnose: Uthoff-Phänomen bei primär progredienter MS!! Im übrigen verweise ich auf: Meine Verlaufsform

Entsprechend wurde auf die Möglichkeit einer prophylaktischen Therapie mit Interferon (Präparat Betaferon®) hingewiesen. Auch dies sei von Herrn L. abgelehnt worden.

In den Jahren 2002 und 2004 ergaben wiederholte kernspintomo­graphische Untersuchungen (MRT) eine ausgedehnte Beteiligung auch des Rückenmarks, 2002 das Halsmark betreffend, 2004 auch das Brustmark (genaue Befunde: siehe ebenfalls oben genannte persönliche Homepage des Klägers).

Bis 2005 sei die Erkrankung zunächst langsam fortgeschritten die Gehstrecke habe sich weiter verkürzt.

2006 habe er einen gastrointestinalen Infekt (Shigelien-Infektion) erlitten. Im Anschluss daran sei das Gehen nur noch mit Rollator möglich gewesen (max. Gehstrecke ca. 800 Meter). Ferner sei vermehrt eine Versteifung der Beine im Sinne einer Spastik aufgetreten.

Seit ca. 2007 habe er einen Rollstuhl benutzt. In den Folgejahren sei selbst das Laufen mit Rollator zunehmend schwieriger geworden (max. Gehstrecke ca. 20 Meter).

Aus dem Jahr 2009 findet sich in der Gerichtsakte ein ärztlicher Entlassungsbericht aus der Rehaklinik Wolletzsee (Bl. 38-41). Bei stationärer Aufnahme ist das Gehen am Rollator nur für wenige Meter möglich. Als Rehabilitationsergebnis konnte eine Gehstrecke von 50 Meter am Rollator in langsamem Tempo erzielt werden. Es bestand eine ausgeprägte spastische Paraparese der Beine, deutlich linksbetont mit schwerer Fußheberparese, Spastik Grad II nach Ashworth. Ferner zeigte sich auch der linke Arm mittelgradig paretisch bei stark eingeschränkter selektiver Fingerbeweglichkeit links.

Im Jahre 2010 habe Herr L. zu Hause eine Treppenrampe einbauen lassen müssen,

Diese Aussage ist falsch. Eine Treppenrampe ins 3. OG ist auch schlechterdings unmöglich zu bauen. Ich nehme an, daß mit Treppenrampe meine Treppenraupe gemeint ist, siehe: https://www.youtube.com/watch?v=NzzlKNZc2v4

da er auch in der Wohnung mit Rollator nicht mehr als zwei bis drei Schritte habe laufen können. Ferner sei die linke Hand im Alltag nicht mehr benutzbar gewesen. Im gleichen Jahr sei bei einer medizinischen Behandlung in Augsburg eine Borrelien­infektion festgestellt worden, woraufhin er für sechs Monate ein Antibiotikum (Minocyclin) eingenommen habe.

Seit 2011 sei die Erkrankung derart fortgeschritten, dass das Aufstehen aus dem Liegen nur noch mit einem speziellen Lifter möglich sei.

Aktuelle Beschwerden:
Lediglich Sitzen und Umsetzen in den Rollstuhl sei noch selbstständig möglich.

Das ist falsch. Ich kann mich nicht alleine in den Rollstuhl umsetzen! Das wird in diesem Gutachten weiter unten auch angegeben: "Aufstehen aus dem Rollstuhl nur mit einer Hilfsperson möglich"

Stehen gelinge jedoch nur mit Unterstützung einer Hilfsperson. Das Gehen sei nicht mehr möglich. Zur Fortbewegung werde dauerhaft ein Rollstuhl benötigt. An weiteren Beschwerden werden insbesondere eine ausgeprägte Spastik der Beine und des linken Armes beschrieben. Die Spastik sei als Beugespastik äußerst störend und schmerzhaft. Schon die Beugung des Beines im Liegen löse eine spastische Versteifung, teilweise mit schmerzhaften Kloni aus. Beim Stand sei insbesondere eine einschießende Beugespastik schwierig, da sie das Stehen häufig unmöglich mache. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei schon seit Jahren nicht gegeben. Mit der rechten Hand seien jedoch alltagsrelevante Tätigkeiten noch möglich.

Wenn damit gemeint ist, daß ich
* mit einem Finger noch Tasten auf der Computertastatur drücken kann,
* die Haarbürste für einen einzelnen Bürstvorgang (das Haare kämmen besteht natürlich aus mehreren Bürstvorgängen)
* den Elektrorasierer für wenige Sekunden ans Gesicht halten kann,
dann ist das korrekt. Aber auch nur dann, und also falsch

Bezüglich der Blasenkontrolle bestehe ein ausgeprägter imperativer Harndrang mit einer erhöhten Blasenentleerungsfrequenz von ca. 10 Mal pro Tag. Eine relevante Restharnmenge sei jedoch zuletzt nicht festgestellt worden. Die Stimmung wird als leicht gedrückt beschrieben.

Behandlunqsverlauf:
Die bisherige Behandlung erfolgte zuletzt hauptsächlich über die Multiple-Sklerose-Ambulanz am St. Josefs-Krankenhaus, Potsdam. Dort war im Jahr 2001 die Erstdiagnose gestellt worden. Nach der erstmaligen Cortison-Behandlung erfolgten laut Patient im Weiteren keine derartigen Behandlungen mehr, da er sie auf Grund der Nebenwirkungen „Schlafstörung“ und „Gesichtsschwellung“ stets abgelehnt habe.

Nein, wegen der Unwirksamkeit in meinem Fall. In der Epikrise von 2001 steht dazu: "Eine eindeutige Besserung der Symptomatik ließ sich während des Aufenthaltes nicht feststellen."

Ebenfalls von ihm abgelehnt wurden immunmodulatorische Basistherapeutika wie Interferon und Glatirameracetat. Nach Fortschreiten der Erkrankung wurde eine Behandlung mit dem Zytostatikum Mitoxantron i.v. vorgeschlagen,

Mitoxantron wurde mir nur bei der AHB 2001, also kurz nach der Diagnose, empfohlen. Damals gab es kein "Fortschreiten der Erkrankung".

was er mit Hinweis auf das Nebenwirkungsrisikos ebenfalls ablehnte.

Bei der symptomatischen Therapie der Spastik waren orale Antispastika offenbar wenig wirksam (Tolperison; Nabiximol) oder zu nebenwirkungsreich (Baclofen). Eine lokale Botulinum-Toxin-Injektion in die besonders betroffene Muskulatur wurde von Herr L. abgelehnt. Stattdessen erfolgten verschiedene Behandlungsversuche aus dem Bereich der homöopathischen Medizin, ferner Akupunktur, kraniosakrale Therapie, Physiotherapie und Bewegungstherapie.

Der letzte stationäre Aufenthalt zur Behandlung der Multiplen Sklerose erfolgte 2009 in der Neurologischen Rehaklinik Wolletzsee.

Aktuelle Medikation:
Tolperison 150 mg oral 3 x pro Tag; Nabiximol (Sativex®) 2x1 Stoß pro Tag. Der Effekt beider Substanzen auf die vorgenannten Beschwerden wird vom Patienten als „gering“ beschrieben.

Angaben und Aktenlaqe in Bezug auf die erfolgte zerebrale Venographie und Angioplastie:
Herr L. gibt an, bereits im Jahre 2009 von der Hypothese einer chronischen zerebrospinalen venösen Insuffizienz bei Multipler Sklerose gehört zu haben. Er habe sich daraufhin zu einer entsprechenden Diagnostik entschlossen. In diese Entscheidungs­findung sei kein Facharzt für Neurologie oder ein auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose erfahrener Arzt einbezogen gewesen. Am 21.72010 erfolgte bei Prof. Dr. Stehling, Frankfurt/Offenbach, eine Dopplersonographie und KM-gestützte MR-Venographie (Blatt 1-3 der Beiakte). Hierin wurden „typische Veränderungen im Sinne einer chronischen zerebrospinalen venösen Insuffizienz (CCSVI) linksseitig“ beschrieben, es hätten sich auch „Stenosierungen des unteren Levels der linken Vena jugularis interna“ gezeigt. Es erfolgte daraufhin im „Kardiovaskulären Zentrum Frankfurt“ eine weitere Diagnostik mittels Duplexsonographie der Jugularvenen (10.11.2010, Bl. 35 der Gerichtsakte) sowie ferner am 12.11.2010 eine digitale Subtraktionsangiographie mit selektiver Darstellung der Jugularvenen bds., verbunden mit einer Dialatation der Vena-jugularis-Stenose links (siehe Rechnung von Prof. D. Sievert, Bl. 23-26 der Beiakte).

Ein ärztlicher Befundbericht zum Ausgang der Maßnahme fehlt in den Akten. Herr L. berichtet von einem nebenwirkungsfreien Eingriff. Am Abend und in der Nacht nach dem Eingriff habe er eine Besserung der ansonsten von ihm beobachteten Kälteunverträglichkeit und häufig auftretenden Hitzewallungen bemerkt. Dieser Effekt habe seither angehalten. Darüber hinaus sei jedoch weder kurzzeitig noch im längeren Verlauf eine Besserung des körperlichen und psychischen Befindens oder der Krankheitserscheinungen der Multiplen Sklerose eingetreten.

Eigenanamnese:
An weiteren Gesundheitsstörungen infolge der Multiple Sklerose gibt Herr L. einen Sturz mit dislozierter Mittelhandfraktur (Metacarpale III links) im Jahre 2006 an. Ferner kam es 2009 - ebenfalls nach Sturz - zu einem traumatischen Pneumothorax rechts mit Rippenserienfraktur sowie einem subkutanen und einem Mediastinal-Emphysem, welches über sechs Tage im St. Josefs-Krankenhaus Potsdam stationär behandelt werden musste. Darüber hinaus keine weiteren relevanten Vorerkrankungen.

Soziale Anamnese:
Herr L. ist Maschinenbau-Ingenieur (Diplomingenieur) und arbeitete bis 2003 an der Universität Potsdam (Institut für Informatik). Seit 2005 bezieht er eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Es besteht ein Schwerbehindertenstatus mit GdB von 80%

Ich habe seit 1.7.2012 einen GdB von 100 % zuerkannt bekommen: http://www.cvo6.de/Wiki/index.php?title=SBA

mit den Merkzeichen aG und B.

sowie H und RF, siehe: http://www.cvo6.de/Wiki/index.php?title=SBA

Die Pflegestufe II ist zuerkannt.

Seit 1.7.2011 habe ich die Pflegestufe III. Siehe: Meine_Pflegestufe_III

Herr L. hat vier Kinder aus erster und zweiter Ehe im Alter von 10 bis 23 Jahren.

Neurologischer Untersuchungsbefund:
Wacher, voll orientierter Patient. Adäqute, detaillierte Beschwerdeschilderung. Kein Anhalt für Aphasie oder Dysarthrie. Orientierend im Gespräch kein Anhalt für alltagsrelevante neurokognitive Einschränkungen.

Hirnnervenstatus:
Visus brillenkorrigiert normal. Pupillen seitengleich mittelweit, Lichtreaktion direkt und indirekt prompt, keine Ptosis. Gesichtsfeld fingerperimetrisch intakt. Keine Doppelbilder. Kein Spontannystagmus, diskreter feinschlägiger Blickrichtungsnystagmus bds. Deutlich sakkadierte horizontale Blickfolgebewegung. Vertikale Augenbewegungen unauffällig. Suppression des vestibulookulären Reflexes bds. diskret eingeschränkt. Sensibilität im Gesicht regelrecht. Keine faziale Parese. Normakusis bds. Sensibilität im Rachenbereich unauffällig, Gaumensegel mittig, Würgereflex seitengleich, Zungenmotilität unauffällig. Funktion des N. accessorius bds. regelrecht. Lhermitte-Zeichen negativ.

Motorik:
Spastische, deutlich bein- und insgesamt linksbetonte Tetraparese. Kraftgrade linke obere Extremität proximal 3/5, distal 2-3/5 (Hand- und Fingerextension 1/5, Faustschluss und Fingerbeugung 3/5). Kraftgrade rechte obere Extremität proximal 4/5, distal 3-4/5 (Fingerextension 2-3/5).

Kraftgrade im Bereich der unteren Extremität: lediglich im Bereich der Hüftgelenksadduktoren Kraftgrad 2/5, ansonsten Kraftgrad 0/5 (vollständige Plegie).

Bicepssehnen-, Brachioradialis- und Tricepssehnen-Reflexe diskret linksbetont mittellebhaft auslösbar. Im Bereich der unteren Extremität seitengleich pathologisch gesteigerte Patellar-, Adduktor- und Achillessehnen-Reflexe mit verbreiterten Reflexzonen, unerschöpflichem Achillessehnereflex-Klonus sowie linksseitig positivem Babinski-Zeichen.

Tonus: Schwere spastische Tonuserhöhung im Bereich beider Beine (Ashworth-Skala 3) sowie im Bereich des linken Armes (Ashworth-Skala 2-3). Trophik regelrecht.

Sensibilität:
Oberflächensensibilität (Berührungsempfinden, Schmerz- und Temperaturempfinden) allseits unauffällig angegeben. Tiefensensibilität (Vibrationsempfinden) an der oberen Extremität radial links 4/8, rechts 8/8; an der unteren Extremität am Großzeh rechts 8/8, links 0/8, am Malleolus lateralis bds. 4/8, an der Patella bds. 6/8).

Koordination:
Paresebedingt ist lediglich am rechten Arm eine Koordinationsprüfung möglich. Hier kein Anhalt für Ataxie oder Dysmetrie. Kein Tremor.

Stand/Gang:
Aufstehen aus dem Rollstuhl nur mit einer Hilfsperson möglich, Stehen auf Grund heftiger Bein-Beugespastik lediglich für 3-5 Sekunden möglich. Umsetzen vom Rollstuhl auf eine Liege mit einer Hilfsperson möglich. Gehen nicht möglich.

Expanded Disabilitv Severitv Score
(Punktewert zur Objektivierung der neurologischen Defizite bei Multipler Sklerose): 8.0

Psychopatholoqischer Befund:
Kein Anhalt für formale oder inhaltliche Denkstörungen. Stimmung krankheitsadäquat. Schwingungsfähigkeit gut erhalten. Anamnestisch subjektiv wiederholt depressive Verstimmung, jedoch keine schwere Schlafstörung, keine Appetitstörung. Antrieb regelrecht.

Diagnosen: Multiple Sklerose, anfangs wahrscheinlich schubförmige, dann sekundär chronisch progrediente Verlaufsform

Diese Aussage ist falsch. Ich bin "primär chronisch progredient". Siehe Meine Verlaufsform.

Zusammenfassende Beurteilung:
Herr L. ist an einer schweren Verlaufsform einer Multiplen Sklerose erkrankt. Innerhalb von 15 Jahren ist es zur vollständigen Pflegebedürftigkeit mit hochgradiger Lähmung beider Beine und des linken Arms gekommen. Es handelt sich um eine schwere fortschreitende, die Lebenserwartung reduzierende Erkrankung. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass sie innerhalb weniger Jahre zum Tode führen wird.

Aufgrund der vorliegenden Informationen kann von einem anfangs schubförmigen Verlauf ausgegangen werden.

Diese Aussage ist falsch. Siehe: Meine Verlaufsform

Entsprechend war die 2001 erfolgte Cortison-Therapie sinnvoll. Trotz anfänglich fehlender Wirksamkeit wären weitere Therapieversuche möglich gewesen. Auch wäre - entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie - eine imunmodulatorische Therapie mit einem Interferon-Präparat oder Glatirameracetat indziert gewesen. Dieses Vorgehen wurde Herrn L. empfohlen, von ihm jedoch abgelehnt.

Bei im Weiteren progredienter Verlaufsform mit einer schweren Rückenmarksbeteiligung wurde eine Behandlung mit der Substanz Mitoxantron angeraten, vom Kläger jedoch ebenfalls abgelehnt. Alle Therapiemaßnahmen sind geeignet, bei einem Teil der Patienten den Erkrankungs-Verlauf, vor allem in den Anfangsjahren, zu verlangsamen. Eine Heilung ist dagegen nicht zu erwarten. Für die sekundär progrediente Verlaufsform steht keine wissenschaftlich eindeutig nachgewiesene Therapieform zur Verfügung.

Ich behaupte, daß ich primär chronisch progredient bin. Aber selbst wenn eine sekundär progrediente Verlaufsform angenommen wird, "steht keine wissenschaftlich eindeutig nachgewiesene Therapieform zur Verfügung". Eben!!

Die therapeutische Erweiterung von Halsvenen ist eine wissenschaftlich nicht belegte Maßnahme, die auf einer patho-physiologischen Hypothese zur Krankheitsentstehung basiert, aufgestellt von dem italienischen Arzt Paolo Zamboni. Diese Hypothese fand in der mit Multipler Sklerose befassten wissenschaftlichen Gemeinschaft weltweit keine Anerkennung.

xxx

Inhaltsverzeichnis

Beantwortung der Beweisfragen:

Ad 1. Welche Gesundheitsstörungen bestehen bei dem Kläger?

Nahezu vollständige Lähmung der Beine (Paraplegie) mit dauerhafter und einschießender Muskeltonuserhöhung (Paraspastik).

Hochgradige Lähmung der linken, geringgradige Lähmung der rechten oberen Extremität mit insbesondere linksseitig bestehender Armspastik.

Links- und beinbetonte Störung der Tiefensensibilität

Blasen-Dranginkontinenz i. S. einer supraspinalen/spinalen Blasenstörung

Anamnestisch leichtgradige depressive Verstimmung

Ad 2. Welche Diagnosen haben Sie gestellt?

Multiple Sklerose, Erstdiagnose 1997, anfangs wahrscheinlich schubförmige, dann sekundär chronisch progrediente Verlaufsform

Ich bin primär chronisch progredient, siehe: Meine Verlaufsform

Ad 3. Welche Auswirkungen haben die unter 1. und 2. genannten Gesundheitsstörungen bzw. Diagnosen?

Es besteht eine schwere körperliche Behinderung als Folge der chronisch fortschreitenden Multiplen Sklerose. Herr L. ist vollständig querschnittsgelähmt,

Ich bin nicht querschnittsgelähmt. Die Empfindungen sind wenig gestört und ich kann meine Zehen bewegen. Ich weiß nicht, was diese Aussage in meinem Gutachten zu suchen hat. Ich vermute mal, daß es eine irrtümliche Übernahme vom vorhergehenden Gutachten ist.

ferner besteht eine hochgradige Lähmung des linken Armes mit weitgehender Gebrauchsunfähigkeit. Komplizierend besteht eine schwere Spastik im Bereich beider Beine und des linken Armes. Herr L. ist hochgradig pflegebedürftig und kann seinen Alltag lediglich mit Unterstützung einer Hilfsperson bewältigen. Das Umsetzen aus dem Liegen in den Rollstuhl ist mit Hilfe eines Lifters alleine möglich.

Alleine ist gar nichts möglich, schon gar nicht die Bedienung des Aufrichtlifters.

Fortbewegungen im Rollstuhl sind nur innerhalb der Wohnung alleine möglich.

Selbstständige Fortbewegung im Rollstuhl ist praktisch unmöglich (manchmal, nachts und/oder bei niedrigen Umgebungstemperaturen)

Die Erkrankung schreitet weiter voran.

Ad 4. Weiche Untersuchungsmethoden stehen grundsätzlich zur Behandlung der genannten Erkrankungen zur Verfügung?

Untersuchungsmethoden sind lediglich zur Diagnosestellung der Multiplen Sklerose geeignet, nicht jedoch zu deren Therapie. Wesentliche Untersuchungsmethoden sind die Kernspintomographie, sowohl vor als auch nach Verabreichung eine entsprechenden Kontrastmittels. Die Untersuchung muss das gesamte zentrale Nervensystem (Gehirn, Rückenmark) erfassen. Weitere Untersuchungsmethoden zur Beginn der Erkrankung sind die Untersuchung des Liquor cerebrospinalis sowie ggf. zusätzliche elektrophysiologische Maßnahmen (Messung der Nervenleitgeschwindigkeiten im Bereich des Sehnerves und der Rückenmarksbahnen). Weitere Untersuchungsmethoden bei entsprechenden Beschwerden beinhalten neuropsychologische, neurourologische, neuroorthopädische oder neuroopthalmologische Verfahren.

Ad 5. Sind die unter 4. genannten Untersuchungsmethoden grundsätzlich ausreichend?

Die Untersuchungsmethoden sind ausreichend zur Feststellung der Erkrankung und zur Bestimmung der Verlaufsform. Bislang ist jedoch mit keiner Untersuchungsmethode die eigentliche Ursache der Erkrankung feststellbar.

Eben!!

Ad 6. Auf Grund welcher Erkrankung musste die o. g. Venographie durchgeführt werden?

Eine Venographie der Halsvenen (Venae jugulares) ist zunächst eine sehr selten durchgeführte Untersuchung. Sie erfolgt üblicherweise lediglich zur Feststellung und Abklärung einer Hals- oder Hirnvenenthrombose in Kombination mit einer entsprechenden Venographie des Gehirns. Eine derartige Hirnvenenthrombose (Sinusvenenthrombose/Brückenvenen­thrombose) liegt im hier diskutierten Fall nicht vor und tritt bei einer Multiplen Sklerose auch nicht gehäuft auf.

Im Jahre 2006 stellte der italienische Arzt Paolo Zamboni bezüglich der Ursache der Multiplen Sklerose jedoch die Hypothese einer „chronischen zerebro-spinalen venösen Insuffizienz“ auf (Quelle: Zamboni P [2006], J R Soc Med. 99: 589-593). Hier wird die Ursache der Multiplen Sklerose in einer gestörten venösen Abfluss-Situation des Gehirn und des Rückenmarks vermutet. Bei Ultraschall-Untersuchungen der Halsvenen (Venae jugulares und vertebrales) seien bei MS-Patienten vermehrt Einengungen (Stenosen) feststellbar gewesen. Das Ausmaß der Stenosen habe in engem Zusammenhang zur Erkrankungsschwere gestanden.

Aus diagnostischer Sicht wird hierbei zunächst eine Ultraschall-Untersuchung der genannten Halsvenen (Venae jugulares, zusätzlich Venae vertebrales für das Halsrückenmark) gefordert. Bei Hinweisen auf Verengungen oder Abfluss-Störungen wird eine Bestätigung durch eine Angiographie/ Venographie (venöse Gefäßdarstellung) empfohlen, verbunden mit einer Erweiterung der entsprechenden Venen. Diese geschieht in herkömmlicher kathetergestützter Untersuchungstechnik über eine Armvene (sogenannte perkutane transluminale Angioplastie) und wird mit einem Ballon-Katheter, welcher im Bereich der Stenose kurzzeitig aufgeblasen werden kann, durchgeführt.

Handelt es sich hierbei um eine Behandlung oder ist es eine Untersuchung zur Diagnostik?

Bei der Venographie handelt es sich zunächst lediglich um eine Untersuchung, welche entweder mittels Kernspintomo­graphie (nicht-invasiv) oder mittels digitaler Subtraktions-Angiographie (katheter-gestützt invasiv) erfolgen kann.

Zur Behandlung einer möglichen Gefäßveränderung kann im Anschluss an die Digitale Subtraktions-Angiographie direkt ei­ne Ballon-Angioplastie erfolgen.

Waren nur mit der durchgeführten Venographie wichtige gesundheitliche, die Behandlung wesentlich beeinflus­sende Feststellungen möglich, die in keiner anderen Un­tersuchungsform festgestellt werden können?

Die Hypothese von Zamboni konnte bislang wissenschaftlich nicht bestätigt werden (deutschsprachiger Überblick in: Ner­venarzt 2010, 81; 740-746; Krogias C et al.; Artikel anbei). Gegenüber den Arbeiten der Gruppe um Zamboni bestehen ernste methodische Bedenken, zumal keine unbehandelte Kontrollgruppe mitgeführt wurde und so Effekt der Therapie nicht zuverlässig bewertet werden kann. Aus diesem Grund erfolgten ablehnende und warnende Stellungnahmen ver­schiedener nationaler Fachgesellschaften, u.a. auch von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (s.Blatt 12 der Beiak­te).

Auch zwischenzeitlich finden sich bei ausführlicher Literatur­recherche keine neuen Erkenntnisse.

War die o.g. Venographie Ihres Erachtens medizinisch notwendig?

Nein.

10. Stimmen Sie der Stellungsnahme des MDK vom 22.112010 zu?

Ja.

Mit feundlichen Grüßen

Einverstanden aufgrund eigener Prüfung und Urteilsbildung

Prof./Dr. Walter Christe
Chefarzt der Klinik

Dr. Lars Wiese
Oberarzt der Klinik

Mich hat nur ein Arzt untersucht, m.E. Dr. Wiese. Wieso der andere Arzt "Einverstanden aufgrund eigener Prüfung und Urteilsbildung" unterschreiben kann, ist mir ein Rätsel.

Zusammenfassung (Stand 11.1.2013)

In einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23. Juni 1993 (Az. IV ZR 135/92) heißt es: Für einen solchen - noch nicht dem AGB-Gesetz unterliegenden - Fall (es handelte sich um Multiple Sklerose ) hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, auch die von der überwiegenden Zahl der Ärzte und Krankenanstalten geübte Behandlung könne nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht als wissenschaftlich allgemein anerkannt bezeichnet werden, weil die Ursache dieser Krankheit noch immer nicht erforscht sei und jede Art der Behandlung deshalb zwangsläufig experimentellen Charakter habe, ohne daß der Nachweis medizinischer Richtigkeit geführt werden könne (Urteil vom 2. Dezember 1981 - IVa ZR 206/80 - VersR 1982, 285 unter III 4).

Die Medizin kann mir nicht helfen. Selbst dieses Gutachten sagt aus: "Eine Heilung ist dagegen nicht zu erwarten. Für die sekundär progrediente Verlaufsform steht keine wissenschaftlich eindeutig nachgewiesene Therapieform zur Verfügung." Dies gilt umsomehr bei dem bei mir offensichtlich vorliegenden Krankheitsverlauf "primär chronisch progredient".

Wenn mir aber die Medizin nicht helfen kann, dann darf ich ja wohl auch zu "Außenseitermethoden" greifen, zumindestens wenn die Aussicht auf Linderung nicht "fernliegend" ist. Und das ist hier absolut nicht der Fall.

Das Gutachten sagt weiterhin aus:

Entsprechend war die 2001 erfolgte Cortison-Therapie sinnvoll. Trotz anfänglich fehlender Wirksamkeit wären weitere Therapieversuche möglich gewesen.

Ich stelle mal fest, daß ich mich nicht als Versuchskaninchen sehe oder sehen lassen muß.

Auch wäre - entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie - eine imunmodulatorische Therapie mit einem Interferon-Präparat oder Glatirameracetat indziert gewesen. Dieses Vorgehen wurde Herrn L. empfohlen, von ihm jedoch abgelehnt. Es lagen keine Schübe vor. Ohne Schübe ist eine Schubprophylaxe wie von diesen Mitteln erwartet, sinnlos. Ich muß diese Medikamente mit ihren Nebenwirkungen keinesfalls über mich ergehen lassen.
Bei im Weiteren progredienter Verlaufsform mit einer schweren Rückenmarksbeteiligung wurde eine Behandlung mit der Substanz Mitoxantron angeraten, vom Kläger jedoch ebenfalls abgelehnt. Alle Therapiemaßnahmen sind geeignet, bei einem Teil der Patienten den Erkrankungs-Verlauf, vor allem in den Anfangsjahren, zu verlangsamen.

Selbst wenn der Verlauf "verlangsamt" worden wäre (wobei es völlig unklar ist, welchen Zeitraum "verlangsamen" bedeutet) und von keinem Medikament behauptet wird, es könne den Langzeitverlauf beeinflussen: Ich stünde doch eh, ob früher oder später, genau an DIESER Stelle. Und würde genau diese Kostenübernahme verlangen! Also was soll diese Behauptung!

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