Urteil des Arbeitsgerichts vom 19.07.16

Aus cvo6
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Verkündet am 19.07.2016

Arbeitsgericht Potsdam
Geschäftszeichen 8 Ca 1233/16

W., Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

Inhaltsverzeichnis

Im Namen des Volkes

Urteil

In Sachen

SW - Klägerin -
Prozessbevollmächtigte/r:
EurAA - Anwälte für Arbeitnehmer,
Breite Str. 9a, 14467 Potsdam

gegen

Oliver Lenz, Carl von Ossietzky Str. 6, 14471 Potsdam - Beklagter -

hat das Arbeitsgericht Potsdam, 8. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 19.07.2016 durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. L. als Vorsitzender für Recht erkannt: verkündet:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.235,74 Euro brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2016 zu zahlen.
  2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin das Mindestentgelt für das Gebiet des Landes Brandenburg nach § 2 der 2. PflegeArbBV in der jeweils geltenden Höhe zu beanspruchen hat.
  3. Es wird festgestellt, dass die Klägerin einen 20%igen Zuschlag für Nachtarbeit nach § 6 Abs. 5 i.V.M. § 2 Abs. 3 ArbZG zu beanspruchen hat.
  4. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
  5. Der Streitwert wird auf 4.235,74 Euro festgesetzt.

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Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Vergütungsdifferenzen, das Mindestentgelt nach § 2 der PflegeArbBV für das Gebiet des Landes Brandenburg und Nachtzuschläge.

Die am … geborene Klägerin ist seit dem 01.12.2012 als persönliche Assistenz beim Beklagten beschäftigt. Die Notwendigkeit der persönlichen Assistenz resultiert daraus, dass der Beklagte aufgrund chronischer Erkrankung auch eine Verrichtung nicht mehr selbstständig ausführen kann und einer lückenlosen 24stündigen Assistenz bedarf. Diese tägliche Assistenz wird von insgesamt sieben Personen sichergestellt, wobei die Klägerin als einzige aus diesem Personenkreis über eine Ausbildung als examinierte Krankenschwester verfügt. Der Umfang der Arbeitszeit ist aktuell so gestaltet, dass sie wöchentlich von Mittwoch 16:30 Uhr bis Freitag 16:00 Uhr durchgehend den Beklagten betreut. Wegen des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 6 und 7 der GA Bezug genommen.

Die Personalkosten der Klägerin und der weiteren Beschäftigten muss der Beklagte aus den Mitteln eines persönlichen Budgets bestreiten, das er durch den Fachbereich Soziales der Landeshauptstadt Potsdam monatlich erhält.

Mit der Klage macht die Klägerin Vergütungsdifferenzen für die Monate Juli 2014 bis einschließlich Dezember 2015 geltend. Die hier geltend gemachten Vergütungsdifferenzen sind dadurch entstanden, dass in dem hier bezeichneten Zeitraum Nachtzuschläge nur in Höhe von 1 % des Stundenlohnes gezahlt worden waren und der Mindestlohn nach der 2. PflegeArbBV nach dem 1. Januar 2016 gezahlt wird. Der hieraus resultierende Differenzbetrag, der Gegenstand des Antrages zu 1) ist und dessen Zusammensetzung bezogen auf die Arbrechnungsmonate die auf den hier geltend gemachten Zeitraum entfallen, sind zwischen den Parteien unstreitig. Sie ergeben sich aus der vom Beklagten veranlassten Nachberechnung vom 20.06.2016 (Bl. 8 und 9 der GA). Danach entsprechen die monatlichen

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Differenzbeträge im Zeitraum Juli 2014 bis einschließlich Dezember 2015 einem Gesamtbetrag in Höhe von 2.235,74 Euro. Seit Beginn des Jahres 2016 wird das Arbeitsverhältnis auf Grundlage eines Bruttostundenlohnes von 9,00 Euro abgerechnet. Dies entspricht dem Mindestentgelt für Betreuungskräfte nach der oben zitierten 2. PflegeArbBV. Die Höhe der Nachtzuschläge nach § 6 Abs. 5 ArbZG beträgt seit dem 1. Januar 2016 20%. Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin angekündigt, dass er diese Beträge künftig nicht mehr zahlen können wird, weil das persönliche Budget Personalkosten künftig nicht mehr Ich nehme an, daß das "mehr" hier im Sinne von Menge gemeint ist. zulasse. Die Klägerin hält einen Nachtzuschlag von 20% für angemessen, hinsichtlich der mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen, da der Beklagte in der Regel nicht vor 2:00 Uhr mit der Bettruhe beginnt. In der Phase der Bettruhe muss die Klägerin, die sich in dieser Zeit im Nebenzimmer aufhält, im Schnitt alle 10 - 20 Minuten unterstützend tätig werden. Ununterbrochene Ruhezeiten von 60 Minuten sind die absolute Ausnahme. Der Beklagte rechnet die Nachtzuschläge seit Juni 2016 nur noch mit 1% ab.

Die Klägerin beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.235,74 Euro brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen.
  2. festzustellen, dass die Klägerin das Mindestentgelt für das Gebiet des Landes Brandenburg nach § 2 der 2. PflegeArbBV in der jeweils geltenden Höhe zu beanspruchen hat.
  3. festzustellen, dass die Klägerin einen angemessenen Zuschlag für Nachtarbeit nach § 6 V in Verbindung mit § 2 III ArbZG zu beanspruchen hat.

Der Beklagte beantragt K l a g e a b w e i s u n g

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Er hat im Gütetermin erklärt, es sei richtig, dass der Klägerin die Forderung bzw. die Feststellung zustehen. Der Klägerin seien insbesondere angemessene Nachtzuschläge zu zahlen und der Mindestlohn nach der 2. PflegeArbBV. Er sehe sich nur durch die Budgetierung der Landeshauptstadt Potsdam daran gehindert, der Klägerin das ihr zustehende Entgelt zu zahlen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist begründet.

  1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von Vergütungsdifferenzen von Juli 2014 bis Dezember 2015 entsprechend der Gehaltsabrechnung vom 20.06.2016 in Höhe von 2.235,74 Euro aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag.
  2. Die Klägerin hat nach der 2. PflegeArbBV Anspruch auf die in § 2 genannten Mindestentgelte, die für das Gebiet des Landes Brandenburg vorgeschrieben sind. Dieses beträgt seit dem 1. Januar 2016 9,00 Euro pro Stunde und wird sich ab dem 1. Januar 2017 auf 9,50 Euro je Stunde erhöhen. Das Arbeitsverhältnis fällt auch in den persönlichen Geltungsbereich nach 3 1 Abs. 5 der Verordnung. Darunter fallen auch Betreuungskräfte von Menschen mit erheblichem Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung, was beim Beklagten der Fall ist.
  3. Die Klägerin hat auch Anspruch auf Feststellung eines angemessenen Nachtzuschlages. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, das der Beklagte die Nachtzuschläge seit Juni 2016 nur mit 1% abrechnet. Der Klägerin steht aber nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein angemessener Nachtzuschlag von 20% auf den Stundenlohn in der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr zu. Der Nachtzuschlag

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weicht vom üblichen Nachtzuschlag von 25% ab, weil die Klägerin nach eigenen Angaben bis 02:00 Uhr morgens nicht stärker belastet wird, wie zu den normalen Tageszeiten, da der Kläger erst um 02:00 mit der Bettruhe beginnt. In den darauffolgenden Stunden erhöht sich die Belastung aber dadurch, dass die Klägerin im Schnitt alle 10 - 20 Minuten für den Beklagten unterstützend tätig werden muss. Der Klage war daher - wie tenoriert - stattzugeben.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert war nach § 61 ArbGG, § 3 ZPO festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann von dem Beklagten Berufung eingelegt werden.
Die Berufungsschrift muss von einem zugelassenen Rechtsanwalt oder einem Vertreter einer Gewerkschaft bzw. einer Arbeitgebervereinigung oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände eingereicht werden.

Die Berufungsschrift muss innerhalb

einer Notfrist von einem Monat

bei dem

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg,
Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin

eingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, das Berufung eingelegt werde.

Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb

einer Frist von zwei Monaten

in gleicher Form schriftlich zu begründen.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Der Schriftform wird auch durch Einreichung eines elektronischen Dokuments im Sinne des § 46 c ArbGG über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) genügt.

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Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz für die verantwortende Person. Rechtliche Grundlage ist die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14.12.2016, zuletzt geändert durch Verodnung vom 08.09.2010. Die Bekanntgabe der Bearbeitungsvoraussetzungen erfolgt gemäß § 3 der aktuellen Verordnung auf der Internetseite http://www.erv.brandenburg.de.

Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit dem Einlegen in den Briefkasten oder einer ähnlichen Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt.
Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung.
Das Zustellungsdatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt.

Für die Klägerin ist keine Berufung gegeben.

Dr. L.

Beglaubigt
gez. und Siegel
W., Justizbeschäftigte des UdG

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