Bescheid über die Gewährung vom 01.02.17

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Landeshauptstadt Potsdam
Der Oberbürgermeister
FB Soziales und Gesundheit
Hegelallee 6-8
R.

Herrn
Oliver Lenz
Carl-v.-Ossietzky-Str. 6
14471 Potsdam

Mein Zeichen: 384202.000079899
01.02.2017

BESCHEID über die Gewährung einer behindertengerechten Adation eines Schreibsystems

Ein Wort “Adation” gibt es nicht. Typo?

Für: Oliver Lenz, geb. 16.10.1948

Wer auch immer am 16.10.1948 geboren wurde; ich nicht…

Sehr geehrter Herr Lenz,

ich bewillige Ihnen als unzuständig angegangener Rehabilitationsträger nach § 14 SGB IX die Kosten für die Anschaffung, die Auslieferung, Montage, Anpassung und Einweisung des o.g. Hilfsmittels nach § 33 Abs. 1 SGB V.

Wie mit Ihnen vereinbart erfolgt die Kostenübernahmeerklärung (siehe Anlage) direkt an:

REHAVISTA Berlin
Forckenbeckstr. 9-13
14199 Berlin

Weiterhin erfolgt durch die Landeshauptstadt Potsdam eine Kostenerstattung gegenüber der eigentlich zuständigen Krankenkasse nach § 14 Abs. 4 SGB IX.

Begründung:

Inhaltsverzeichnis

I.

Sie leiden an Multiple Sklerose. In Folge des Krankheitsfortschrittes besteht eine verschlechterte bis aufgehobene Bewegungsfähigkeit der Extremitäten. Sie sind schwerstpflegebedürftig und beziehen Leistungen der Pflegestufe 3+. Weiterhin wird ein Persönliches Budget zur Deckung eines 24-stündigen Assistenzbedarfes durch die Landeshauptstadt Potsdam gewährt.

Seite 2

Mit Schreiben vom 16.07.2016 hat die Techniker Krankenkasse - als eigentlich zuständiger Kostenträger - Ihren Antrag auf o.g. Hilfsmittel vom 05.07.2016 nach § 14 SGB IX an die Landeshauptstadt Potsdam weitergeleitet.

Nach Ausführung der zuständigen Krankenkasse ist das Grundbedürfnis Kommunikation bei Ihnen verbal sichergestellt und eine weitergehende Versorgung nicht möglich, da das Schreiben von Briefen oder Mails das elementare Grundbedürfnis nach Kommunikation übersteigt.

Dem Weiterleitungsschreiben war ein Rezept des Facharztes für Neurologie im St. Josefs-Krankenhaus Potsdam, Herrn A., vom 27.05.2016 für eine "Headmouse" beigefügt und ein Anschreiben von Herrn A. vom 27.05.2016, wonach die Bedienung einer "normalen" Computermaus ausgeschlossen ist. Und nach Prüfung die "Headmouse" sich als Hilfsmittel eignet. Der Weiterleitung war darüber hinaus ein Kostenvoranschlag für o.g. Hilfsmittel der REHAVISTA GmbH in Höhe von insgesamt 1.749,01 EUR vom 05.07.2016 beigefügt, nebst einem REHAVISTA-Beratungsprotokoll. Der Kostenvoranschlag beruht auf dem Wiedereinsatz eines bestehenden Gerätes.

Ich denke, es muß “den Wiedereinsatz” heißen.

In Erwiderung auf mein Schreiben vom 09.08.2016 teilten Sie am 12.08.2016 schriftlich mit, dass das Hilfsmittel zur selbständigen Bedienung des Computers benötigen.

Grammatikfehler im Original.

Bisher habe die Assistenz längere Texte getippt. Aufgrund des Krankheitsverlaufs ist nunmehr auch für kurze Texte und einfache Klicks die Unterstützung erforderlich. Dies lässt sich aber nicht mit Ihrem Wunsch nach Privatsphäre vereinbaren.

Mit Bescheid vom 17.08.2016 lehnte ich das o.g. Hilfsmittel ab und verwies unter anderem darauf, dass Ihnen eine Assistenz zur Verfügung steht und es daher an der Erforderlichkeit mangelt.

Mit Schreiben vom 01.09.2016 legten Sie hiergegen Widerspruch ein. Sie stellten klar, dass das Hilfsmittel für Ihre Selbstbestimmung unabdingbar ist. Weiterhin erklärten Sie, dass die Assistenz nicht 24 Stunden beschäftigt sei, sondern Schlaf- und Ruhepausen hat und in diesen Phasen nicht assistieren kann. Schließlich bestünde auch der Wunsch nach Intimität.

Auf Nachfrage bei der Rehavista GmbH vom 17.11.2016 wurde mitgeteilt, dass der Kostenvoranschlag vom 05.07.2016 nur für die zuständige Krankenkasse gelte, da es sich um einen Wiedereinsatz handelt. Auf diese Geräte können andere Kostenträger nicht zugreifen. Auf telefonische Nachfrage bei der zuständigen Krankenkasse wurde dies bestätigt.

Mit Schreiben vom 14.12.2016 lehnte die eigentlich zuständige Krankenkasse ein Amtshilfeersuchen vom 02.12.2016 ab. Die Krankenkasse ist weiterhin der Auffassung, es sei vorliegend kein Grundbedürfnis betroffen und ein Anspruch auf ein Hilfsmittel nicht gegeben. Das Schreiben von Mails und Briefen gehöre nicht zu den elementaren Grundbedürfnissen, weshalb dem Amtshilfeersuchen, das Hilfsmittel im Rahmen des Wiedereinsatzes bereit zu stellen, nicht entsprochen werden können.

II.

Mit Weiterleitung Ihres Antrages durch die Techniker Krankenkasse wurde nach § 14 SGB IX meine Zuständikeit begründet. Der Anspruch ist unter allen für die Leistung in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen.

Seite 3

Nach Prüfung ist das beantragte Hilfsmittel nach § 33 SGB V zu gewähren.

Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind und nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V müssen Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen bzw. Erforderlichen nicht überschreiten. Der Umfang des geschuldeten Behindertenausgleichs bemisst sich dabei entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird.

Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Hierfür gilt ein möglichst weitgehender Ausgleich des Funktionsdefizits.

Ist die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich und werden deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt, sind die Krankenkassen nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zum Grundbedürfnis gehört auch die Erschleißung eines geistigen Freiraums, also die Aufnahmen von Informationen und die Kommunikation mit anderen Menschen.

Entsprechend des Beratungsprotokolls vom 17.05.2016 wird das vorrangige Ziel die Ansteuerung des Computers genannt. Darüber hinaus dient insbesondere der Kommunikation und Informationsbeschaffung.

Alles so im Original.

Das begehrte Hilfsmittel ermöglicht Ihnen des Computers, indem die Bedienung der maus statt mit der Hand über den Kopf erfolgt. Damit die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht vollständig bzw. ausreichend ersetzt, sondern das Hilfsmittel wird nur benötigt, um Folgen der Behinderung in einem Teilbereich auszugleichen. Mithin besteht nur eine Verpflichtung zu einem Basisausgleich.

Das Grundbedürfnis Kommunikation ist vorliegend nicht bereits ohne das begehrte Hilfsmittel sichergestellt. Nach dem GKV-Hilfsmittelverzeichnis besteht ein Anspruch auf behinderungsbedingte Hardwareprodukte zur Eingabeunterstützung nur, sofern sich der berechtigte Personenkreis nicht oder nur unzureichend lautsprachlich verständlich äußern kann.

Soweit sich die zuständige Krankenkasse bei ihrer Weiterleitung ausschließlich auf diese Bestimmung beruft, verkennt sie einerseits, dass das Verzeichnis kewine zwingenden Anprüche begründet, sondern nur als Auslegungshilfe dient. Darüber hinaus ist aber auch das gesteigerte Kommunikations- und Informationsbedürfnis zu beachten. Nach Rechtssprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg - Urteil vom 24.08.2010 - L 11 KR 3089/09 - gehört der Kommunikations- und Informationsbedarf über das Internet und den Computer im Allgemeinen mittlerweile zur normalen Lebensführung und betrifft daher ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens.

Seite 4

Nach der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts — Urteil vom 24.01.1990 - 3/8 RK 16/87 — gehört zu den elementaren Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auch ein persönlicher Freiraum, eine Intimssphäre, in der sich ein Mensch unbeobachtet von anderen betätigen kann.

Darüber hinaus wird im weiteren Krankheitsverlauf der Aspekt Kommunikation und Informationsgewinnung mittels dem Hilfsmittel in den Vordergrund rücken.

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. ;-)

Der Anspruch eines Versicherten auf Ausstattung mit einem Hilfsmittel ist allerdings nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot dann ausgeschlossen, wenn der mit dem Hilfsmittel verfolgte Zweck auch auf andere Weise mit geringerem finanziellen Aufwand ebenso wirksam erreicht werden kann.

Die Wahrnehmung durch einen Assistenten ist kein milderes Mittel, da es gerade dem Schutzgut der Intimität zuwider läuft und den verfolgten Zwecke verfehlt. Nur durch das vorliegend begehrte Hilfsmittel wir die Abhängigkeit von dritten Personen verringert und der persönliche Freiraum erweitert. Ohne die Einschaltung von Hilfspersonen ist die Kommunikations- und Infomationsbeschaffung nicht ausreichend möglich.

Die Gewährung der Leistung erfolgt auf Basis der vorliegenden Kostenvoranschläge.

Nach Ausführung erfolgt eine Kostenerstattung der Landeshauptstadt Potsdam gegenüber der zuständigen Krankenkasse.

Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen …

Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag
gez. R.

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