Klagebegründung vom 15.10.15

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Rechtsanwalt
Dr. phil. Falko Drescher
Helene-Lange-Straße 8
14469 Potsdam

Sozialgericht Potsdam
Rubensstraße 8
14467 Potsdam

Potsdam, den 15.10.2015
Mein Zeichen: 051-15-D

In dem Rechtsstreit

Oliver Lenz ./. Landeshauptstadt Potsdam
S 20 SO 3/15

wird die Klage wie folgt begründet:

Der Kläger leidet an multipler Sklerose und ist auf den Rollstuhl angewiesen. Er hat die Pflegestufe "3 plus". Der Grad der Behinderung beträgt 100. Zudem wurden die Merkzeichen G, aG, B, H und RF zuerkannt.

Mit Bescheid vom 17.07.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung vonm Leistungen nach dem SGB XII in Form eines Persönlichen Budgets ab. Stattdessen wurden Sachleistungen bewilligt, da der Hilfebedarf dadurch wirksamer und wirtschaftlicher zu decken wäre. Die Beklagte meint, die Leistungserbringung stünde "im pflichtgemäßen Ermessen". Beweis: Bescheid vom 17.07.2014 (Bl. 443 ff. d.A.)

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 09.08.2014 Widerspruch. Beweis: Widerspruch vom 09.08.2014 (Bl. 457 ff. d.A.)

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Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2014 zurück. Insbesondere problematisierte sie "Mängel an der Klarheit, Übersichtlichkeit und Schlüssigkeit in der Nachweisführung" zu dem bisher bewilligten Budget.

Beweis: Widerspruchsbescheid vom 05.12.2014 (Bl. 201 ff. d.A.)

Parallel zum vorliegenden Rechtsstreit wurde ein Eilverfahren (Az.: S 20 SO 40/15 ER) geführt. Hierbei hielt die Beklagte daran fest, dass nur Pflegesachleistungen sowie "Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Umfang von 5 Stunden und 30 Minuten wöchentlich" zu gewähren seien. Sie behauptete eine "unzureichende Pflege", das "Nichtvorhanden sein von Pflegehilfsmitteln" und die Verletzung von "Arbeitgeberpflichten gegenüber der Gesetzlichen Krankenvericherung, der Unfallversicherung, der Bundesknappschaft und dem Finanzamt". Sie meint, bei der Ermessenssausübung sei "als zentrale ermessenslenkende Norm § 9 Abs. 2 SGB XII zu beachten", wonach es auf die Angemessenheit der Wünsche des Leistungsberechtigten ankäme. Desweiteren ging sie davon aus, dass "ein nächtliche Betreuung überflüssig" sei. Sie favorisierte drei Einsätze täglich zu je vier Stunden. Im Erörterungstermin am 16.04.2015 wurde eine Vergleichsmöglichkeit von ihr verneint. Ebenso wurde eine Gewährung der Leistungen in Budgetform auch für den Fall, dass die Nachweisführung neu organisiert wird, kategorisch ausgeschlossen.

Durch ein gerichtlich in Auftrag gegebenes Gutachten vom 27.05.2015 wurde festgestellt, dass geeignete Pfleghilfsmittel vorhanden sind, ein "sehr guter Pflegezustand" vorliegt, "drei Einsätze á vier Stunden (...) völlig unhaltbar" wären und "innerhalb kürzester Zeit zu massiven Pflegedefiziten und damit gesundheitlichen Schäden führen" würden. (zu den Risiken gesundheitlicher Schäden hatte die Beklagte im Erörterungstermin ernsthaft angemerkt, das die "Pflegedienste ja gut versichert sind".)

Obwohl die Beklagte bereits regelmäßig Rechtsstreitigkeiten verursachte (vgl. die Verfahren mit den Aktenzeichen S 20 SO 33/13 ER, S 20 SO 67/13 ER, S 20 SO 144/13, S 20 SO 117/14 ER, S 20 SO 126/14 ER, S 20 SO 5/15 ER, S 20 SO 19/15 ER, L 15 SO 121/15 B ER, S 20 SO 40/15 ER, L 15 SO 151/15 B ER und S 20 SO 75/15 ER), in denen sie mit ihrer Argumentation nicht durchdringen konnte, beharrt sie - trotz erheblichen Aufwandes und überbordender Kosten - weiterhin auf ihrer Ablehnung des Persönlichen Budgets. Dies dürfte im Widerspruch zum Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit stehen.

Die Beklagte weigert sich auch, die in der Budgetverordnung vorgesehene Budgetkonferenz durchzuführen (vgl. den Rechtsstreit S 20 SO 82/15).

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Die Entscheidung der Beklagten ist rechtswidrig.

Dem Kläger sind die Leistungen weiterhin in Form eines Persönlichen Budgets i.S.d. § 57 SGB XII i.V.m. § 17 Abs.: 2 bis 4 SGB IX zu gewähren.

Gemäß § 159 Abs. 5 SGB IX sind die Leistungen auf Antrag durch ein Persönliches Budget auszuführen. Es besteht also ein Rechtsanspruch. Die Beklagte geht insofern bereits grob irrig davon aus, dass sie stattdessen frei ausübbares Ermessen hätte und sogar befugt wäre, eine den Anspruch einschränkende "allgemeine Angemessenheit" zu prüfen - zumal sie sich hierbei auch noch eine Kompetenz zur (uferlos erscheinenden) Prüfung der Eignung des Budgets zuschreibt und sodann eine Kontrolle der - von ihr selbst kreierten - "Budgetfähigkeit" vornimmt.

Im übrigen ist nicht erkennbar, dass das Persönliche Budget unangemessen wäre, da es sogar geringere Kosten als (die ohnehin nicht ausreichenden) Sachleistungen verursacht.

Es dürfte aufgrund des Gutachtens vom 27.05.2015 zudem unstrittig sein, dass ein Assistenzbedarf von 24h/Tag (und nicht etwa lediglich 3 x 4h) besteht. Ebenso wurde nachgewiesen, dass keine Pflegemängel vorliegen.

Überdies wurde die Behauptung, es fehle an Pflegehilfsmitteln widerlegt.

Sofern eine Verletzung von Arbeitgeberpflichten vorliegen sollte, wäre dies allein darauf zurückzuführen, dass die Budgetleistungen von der Beklagten unpünktlich und in zu geringer Höhe geleistet wurden. Die Beklagte verwechselt also Ursache und Wirkung.

Hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Nachweise über die Mittelverwendung wird daran erinnert, dass die Unterlagen zumindest seit Mai 2015 sogar monatlich und auch in betont übersichtlicher Weise vorgelegt wurden.

Es wird angeregt, dass die Beklagte den Anspruch anerkennt (oder zumindest eine vorläufige Bewilligung vornimmt bzw. Vorschusszahlungen gem. § 42 SGB I leistet).

Sollte bis zum 20.10.2015 keine Klärung erfolgt sein, müsste ein erneutes Eilverfahren angestrengt werden.

Eine Abschrift habe ich beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Rechtsanwalt

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